Höllentrip. Manuela Martini

Höllentrip - Manuela Martini


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an, „ist Ihnen ein Mann namens George bekannt?“

      Alan Hall sank endlich auf einen Stuhl.

      „Ich habe am Montag bei Romaine zu Hause angerufen, weil sie nicht erschien. Ihr Cousin war am Telefon. Er sagte, Romaine sei mit einem George verreist.“

      „Ich verstehe Sie nicht!“, brauste Shane auf, „warum sind Sie nicht spätestens dann zur Polizei gegangen? Romaine hat Sie nicht nur mit einem anderen Mann betrogen, sie hat Sie auch noch bestohlen. Warum wollten Sie sie da immer noch schützen?“

      „Wir hatten nach der Hochzeit eine sehr unschöne Auseinandersetzung. Ich habe mir Vorwürfe deswegen gemacht.“ Sein Gesicht verschloss sich.

      „Worüber haben Sie sich gestritten?“, fragte Tamara. Hall fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. „Sie wollte mich heiraten und ich habe nein gesagt.“ Seine Mundwinkel zuckten. Der Mann hat tatsächlich Schuldgefühle oder er ist ein verdammt guter Schauspieler, dachte Shane.

      „Und warum wollten Sie sie nicht heiraten?“, fragte Shane.

      Fast zu schnell kam die Antwort.

      „Ich möchte mich nicht mehr fest binden.“

      Romaines Jungmädchenzimmer fiel Shane wieder ein, ihre Rattanmöbel, die bunten Kissen, die Liebesromane, Verlorenes Glück. Romaine war sicher romantisch – wollte eine Hochzeit, im weißen Kleid, vielleicht...

      „Gut, Mister Hall“, sagte er, „im Moment haben wir keine weiteren Fragen.“

      Tamara begleitete Alan Hall hinaus und Shane überlegte. Hatte Romaine tatsächlich das Geld aus dem Safe genommen, um mit diesem George durchzubrennen – und hatte der sie umgebracht? Aber wenn sie mit George verreisen wollte, warum wollte sie dann kurz zuvor Hall heiraten? Oder verreiste sie mit George um Hall eifersüchtig zu machen? War Romaine nicht romantisch sondern kalt berechnend? Verlorenes Glück. Wie kam er überhaupt dazu, diesen Buchtitel mit ihrer Persönlichkeit in Verbindung zu bringen? Spielte sie Hall etwas vor, um finanziell einen Vorteil zu erzielen? Hatte Alan Hall sie am Safe überrascht? Er sprang auf.

      „Mister Hall?“, rief er hinter ihm her, „ich will Ihren Safe sehen!“

      Kapitel 13

      Das Büro des Earl’s lag auf der Rückseite des Gebäudes und war von einem Parkplatz aus zugänglich, an den ein Bottle Shop grenzte. Shane parkte den Dienstwagen neben Halls Patrol. Ein Kombi fuhr direkt vor den Eingang des Bottle Shops. Sonst war der Parkplatz unbesetzt. Vom schwarzen Teerbelag stieg heiße Luft auf.

      „Hat Romaine hier normalerweise ihren Wagen abgestellt?“, fragte Shane Alan Hall, der gerade die Hintertür des Earl’s aufschloss.

      „Ja. Die Parkplätze entlang der Straße vor dem Eingang sind meistens besetzt. In der CWA, der Country Women Association, findet öfter eine Veranstaltung statt.“

      Shane folgte Hall. Sie standen in einem kurzen Gang, an dessen Ende der Gastraum des Restaurants lag, rechts sich die Küche befand und links das Büro. Hall stieß die nur angelehnte Bürotür auf. Vor dem der Tür gegenüberliegenden Fenster standen ein einfacher Schreibtisch aus braun furniertem Holz und dahinter ein grau bezogener Drehstuhl mit schief hängender Rückenlehne. An den Wänden waren Regalbretter angebracht. Der ganze Raum wirkte eher wie die Verwaltung eines Warenlagers als das Büro eines Restaurants.

      „Hier.“ Hall deutete auf einen im unteren Regalteil stehenden grauen Metallkasten von etwa einem halben Meter Höhe. „Einen Schlüssel trage ich an meinem Schlüsselbund, den Ersatzschlüssel hatte Romaine.“

      „Sie haben ihr ja ziemlich vertraut“, bemerkte Shane, worauf Alan Hall ihn kurz ansah, aber nichts erwiderte. „Was war sie für ein Mensch? Trauen Sie ihr zu, Sie hintergangen zu haben, mit diesem George?“, fragte er und betrachtete den Safe.

      Alan Hall seufzte.

      „Ich weiß es nicht. Sie konnte manchmal sehr verletzend sein.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich kann das alles noch gar nicht glauben.“

      „War sie berechnend?“

      Hall quälten diese Fragen ganz offensichtlich, schließlich brachte er heraus:

      „Romaine wollte ein eigenes Motel eröffnen.“

      „Ach?“

      „Mit ihrem damaligen Mann. Sie nahm bei der Bank einen Kredit auf. Doch ihr Mann verließ sie – mit dem Geld. Da sie die alleinige Kreditnehmerin war, musste sie den Kredit zurückzahlen.“

      „Wie viel?“

      „Ungefähr fünfzigtausend Dollar. Sie können auf der St. George Bank nachfragen.“

      Shane ließ den Blick nicht von ihm. War Hall von Romaine irgendwie abhängig? Sexuell?

      „Haben Sie eigentlich nie darüber nachgedacht, dass Romaine mit Ihnen nur etwas angefangen hat, weil sie an Ihr Geld wollte?“

      Hall lächelte verkrampft.

      War das Liebe? Oder wollte er einfach nicht der Wahrheit ins Gesicht sehen? Auf Halls Schreibtisch bemerkte Shane einen Plexiglasbehälter mit einem Stapel jener Notizzettel, die dem ähnelten, auf dem Romaine ihre Nachricht hinterlassen hatte. Aus einem Porzellanbecher ragten Stifte heraus. Spurensicherung und Schriftexperten würden untersuchen, ob die Nachricht mit einem dieser Kugelschreiber und auf diesen Notizzetteln geschrieben worden war.

      „Ach ja“, sagte Hall auf einmal zögernd. „als ich am Montag ins Büro kam, war das Schloss außen an der Tür zum Parkplatz beschädigt.“

      „Romaine hatte doch sicher einen Büroschlüssel? Wenn sie die Diebin war, dann musste sie doch nicht einbrechen.“

      „Das ist ja das Merkwürdige!“ Alan Hall runzelte die Stirn. „Das Schloss war auch nur beschädigt, aber nicht aufgebrochen!“

      Shane ging mit ihm zur Tür.

      „Sehen Sie?“ Hall drehte den Schlüssel hin und her. „Das Schloss schließt genauso wie vorher.“

      Shane bückte sich und betrachtete das Schloss. Tiefe Kratzspuren waren dort in der Holztür zu erkennen. So, als ob jemand mit einem scharfen metallenen Gegenstand das Schloss hatte herausbrechen wollen.

      „Vielleicht waren die Spuren ja schon vor jenem Samstag dort?“, gab Shane zu bedenken.

      „Das wäre mir mit Sicherheit aufgefallen! Ich schließe doch jeden Abend hier ab. Die Lampe über der Tür leuchtet genau auf das Schloss, das habe ich so einrichten lassen.“ Hall schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, ich bin ganz sicher, die Kratzer waren noch nicht da.“

      Shane bestellte die Spurensicherung ins Earl’s. Die Kollegen sollten den Safe untersuchen, das Türschloss und das Büro.

      Der Außenthermostat im Auto zeigte sechsunddreißig Grad Hitze – und im Auto ohne Klimaanlage waren es mindestens fünf Grad mehr.

      „Erkundige dich doch mal bei der St. George Bank über Romaines finanzielle Situation“, bat er Tamara als er zurück ins Büro kam und berichtete ihr kurz von seinem Gespräch mit Hall.

      „Und, ist er noch verdächtig?“

      „Wir haben gegen Alan Hall im Moment nichts in der Hand. Aber ich trau dem Typen nicht.“

      „Du magst ihn nicht, das ist es“, bemerkte Tamara knapp, gerade als Herb Kennedy kam mit einer Tüte von der Bäckerei hereinkam.

      „Dachte, Sie könnten was zu essen gebrauchen.“

      Er wirkte übermüdet. So sahen Männer aus, die die ganze Nacht mit ihrer Frau Streit hatten, dachte Shane.

      „Wie läuft’s?“ Herb setzte sich und Shane berichtete von der Wendung, die der Fall genommen hatte.

      „Hm. Ich kenne diesen Alan Hall nicht persönlich.


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