Das große Bumsfallera. A. J. Winkler

Das große Bumsfallera - A. J. Winkler


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wann sollten wir die Öffentlichkeit informieren? Ich habe durchaus noch vor, der Welt meine Maschine zum Geschenk zu machen.“

      „Na jedenfalls nicht jetzt. Kein Schwein würde Ihnen erstens glauben –überlegen Sie nur, wie ich anfangs auf Ihre Geschichte reagiert habe– und ich bin mir sicher, es gibt außer ein paar UFO-Freaks und Trekkies wenig Leute, die sich ernsthaft mit Ihrer Story auseinander setzten. Aber die CIA wird wenige Stunden später vor der Tür stehen, alleine auf den leisesten Verdacht hin, dass da irgendwas dran sein könnte.”

      „??!!“ machte der Professor konsterniert, denn diese zwei Sätze konnte er nun gar nicht verstehen.

      “UFO-Freaks sind Leute, die daran glauben, dass es außerirdisches Leben gibt, das ab und an mal in fliegenden Untertassen hier vorbeischaut, entweder um gerade nach dem Rechten zu sehen oder aber um mit armen Hausfrauen grässliche Experimente vorzunehmen.”

      “Ach du liebe Güte.”

      “Trekkies nennt man Leute, die sich gerne, sehr gerne sogar, eine bestimmte amerikanische Fernsehserie anschauen, die komplett in der Zukunft spielt und in der wir Menschen in Kontakt mit Hunderten außerirdischer Rassen geraten. Die gehen zum Teil soweit, die gesamte Handlung der Serie für bare Münze zu nehmen, das ist so eine Art Spiel. Und die CIA ist der US-amerikanische Geheimdienst.”

      “Ach ja. In Politik war ich nie sehr stark; derlei hat mich nie interessiert. Nun, meinen Sie, die Menschen sind zu dumm, die Wahrheit zu erfahren, oder zu schwach, um sie zu ertragen?” hakte Wittmann nach.

      “Nein, nein, das meine ich nicht. Die einen werden Sie für verrückt halten. Ihre Vorstellungskraft reicht nicht bis zur Möglichkeit einer Zeitmaschine, oder –und da muss ich sie in Schutz nehmen –sie denken: <mein Gott, so was haben wir doch schon so oft gehört, und jetzt schon wieder...>

      Die andern werden Sie und Ihre Maschine vielleicht zur Kenntnis nehmen; <na und?> werden sie sagen. Wieder andere erfahren von nichts, sie können oder wollen nicht lesen. Na ja, da werden die einzigen, die Sie positiv mit solcher Nachricht erreichen, ein paar Spinner sein, genau so Typen, wie ich sie vorhin beschrieben habe. Alles klar? Und da hat die CIA keine schlechten Karten, oder meinetwegen der BND, das läuft schlussendlich aufs selbe hinaus. Und bevor Sie fragen: der BND ist der hochgelobte, viel kopierte, doch nie erreichte bundesdeutsche Geheimdienst. –Ich dachte eigentlich, wir wären uns einig, erst mal nicht zu palavern und uns ein paar schöne Tage zu machen? Der Baum ist durch Gottes Hand ins Haus gezaubert worden... Und das mit der Kuh kann ja irgendein raffinierter Scherzkeks gewesen sein, oder nicht?”

      Der Professor blieb skeptisch. “Das gefällt mir nicht, das gefällt mir irgendwie nicht.”

      “Das muss es auch nicht, Ihr Ding steht in Sicherheit, und basta. Aber eine andere Sache dämmert mir so langsam: Ihr Lebenswerk in allen Ehren, aber ich glaube, Sie haben da was übersehen.“

      „Was denn?“

      „Alle Probleme, die die Menschheit als Gesamtheit hat, sind letzten Endes politischer Natur... –na, ich meine, keiner wird die Zeitmaschine einsetzen wollen, um eine zerrüttete Ehe zu kitten oder zu verhindern, dass Bayern München Deutscher Meister wird.

      Es würde sich erst lohnen, Ihr Gerät einzusetzen, um den Faschismus vorzubeugen, die Atombombe zu verhindern, der Umweltverschmutzung, dem Ozonloch zu begegnen und vieles mehr. Alle diese Dinge aber sind von unzähligen Variablen abhängig, um mal in der Sprache der Mathematik zu reden; man müsste also zum Beispiel a) verhindern, dass zwanzig Millionen Deutsche Hitler wollen –und wie soll das gehen? – und b) muss man Politiker, Wirtschaftsbosse, und all die anderen, die was zu sagen haben, von der Notwendigkeit einer bestimmten Sache überzeugen. Wir sind ja nicht die Diktatoren der Welt. Es mag ja sein, dass die Zeitmaschine ihren Beitrag zu einer besseren Welt leisten könnte, aber erzählen Sie mir nicht, dass kluge Leute in Ihrer Zeit nicht längst schon wissen, dass Hitler kommt, dass die Erde von den Menschen immer schlimmer vergewaltigt wird, und so weiter... also: letzten Endes würde sich voraussichtlich gar nichts ändern, denn die schlauen und vorausschauenden Leute gab und gibt es sowieso immer.”

      „Sie unterschätzen vielleicht doch den Überlebenswillen unserer Spezies und unsere enorme Lernfähigkeit. Wird den Menschen klargemacht: <so und so wird etwas sein, wenn oder wenn nicht...; nicht wird vielleicht , sondern wird ganz sicher>, dann werden sie sich schon zusammenraufen, einsichtiger und vor allem umsichtiger sein und ihre Überlebensstrategie optimieren. Ich rede weniger davon, dass die Zeitmaschine das Allheilmittel der Welt ist; sie soll nur einen Beitrag für eine bessere Welt liefern.“ Der Professor atmete laut ein.

      „Ich glaube durchaus, dass man die Probleme, welche die Zukunft bringt, besser wird anpacken können, wenn man sie frühzeitig erkennt. So kann man rechtzeitig mindestens das Schlimmste verhindern. Und stellen Sie sich die großen Augen der Historiker vor, wenn sie das erste Mal die Gelegenheit haben, hiermit durch die Zeitläufte zu gondeln! Stellen Sie sich doch nur einmal vor: einer schreibt seine Doktorarbeit über die Französische Revolution und denkt sich: <ei, da fahr ich doch einfach mal kurz hin!> Das würde auch die Wissenschaft von der Historie völlig neu begründen! –Natürlich nehme ich Ihren Einwand ernst; aber hüten Sie sich vor Schwarzseherei; jeglicher Pessimismus ist stets unangebracht. Und sogar eine überaus schädliche Grundhaltung.“

      Er streichelte seinen Bart, wie meistens, wenn er sich in nachdenklicher Stimmung befand, und betrachtete seinen Gegenüber mit einer gewissen Zuneigung.

      “Wollen Sie Musik hören?” fragte dieser unvermittelt.

      “Das wäre eine nette Idee.”

      Christian stand auf und kramte in einem Haufen CDs herum.

      “Das sind wohl Miniaturschallplatten,” bemerkte der Professor.

      “Man nennt sie CDs, das steht für Compact Disc. Englisch. Wie alles. Auch eine Errungenschaft meiner Zeit. –Wie wär’s mit was Aktuellem?”

      “Was immer es sei, bitte.”

      Christian zeigte auf ein dickes schwarzes Gerät und erläuterte:

      “Das ist ein CD-Player.”

      Der Jungarchitekt gab dem Gerät Saft und schaute den Professor an, als wisse dieser nicht, was Elektrizität ist.

      “Soso,” antwortete er auf die versteckte Anspielung und drückte auf einen Knopf mit einem Dreieck darauf; eine kleine Schublade sprang ruckartig heraus.

      “Aah! Was ist das?”

      “Na, da legen Sie die CD rein und schließen danach das Fach. Ganz einfach.”

      Christian tat, was er erklärt hatte. Es erklang Tori Amos' Hit “Cornflake girl”.

      Sie lauschten etwa eine Minute, dann musste der Alte wieder das Wort ergreifen.

      “Das erinnert mich sehr entfernt an eine Art Musik, die wir in unserer Zeit hatten, und die mich im übrigen nie sonderlich interessiert hat. Wir nannten es Jazz, es wurde vor allem in Spelunken aller Art gespielt.”

      Christian war beleidigt: “Das ist ja auch kein Jazz, was wir hier hören. Jazz gibt‘s natürlich immer noch, vor allem in echten Clubs; aber da kenne ich mich nicht aus. Das hier nennt sich Pop; wobei Tori Amos bestimmt nicht der typische Mainstream-Pop ist.”

      “Was um Himmels willen faseln Sie da?”

      Der Alte tat so, als müsse man sich Sorgen um Christians Gesundheitszustand machen.

      “Mainstream nennt sich das, was in den Charts ist. Na, meistens jedenfalls.”

      “Könnten Sie bitte wieder in die deutsche Sprache wechseln? Mein Englisch ist nicht mehr das allerbeste.”

      “Herrschaftszeiten! –also: diese Musik nennt sich Pop, von <populär>. Alles klar? Man erstellt jede Woche eine Art Rangliste von den Liedern, die sich am besten verkaufen, was je nach Land und Region stark variiert. Diese Rangliste nennt man Charts. Darin tummelt sich allerhand Schrott, und hie und da findet sich auch einmal ein schönes Lied darin.


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