Das große Bumsfallera. A. J. Winkler

Das große Bumsfallera - A. J. Winkler


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aussah.

      “Na?” fragte der Professor mit geschwollener Brust.

      Der Angesprochene umstreifte sprachlos die Maschine, traute sich aber nicht, sie auch nur anzufassen. Vielleicht glaubte er zu träumen und wollte diesen schönen Traum nicht durch Berührung des Objektes zerstören. Mit respektvoll anerkennendem Lächeln schüttelte er schließlich den Kopf.

      “Meine Herren!” meinte er und konnte sich kaum satt sehen, denn ästhetisch gelungene technische Konstruktionen forderten ihm als Architekten einen Heiden Respekt ab, “Junge, Junge! Ich hab zwar keinen blassen Schimmer, wie das Ding funktionieren soll, aber meiner Bewunderung sind Sie sicher, Mann!”

      “Das freut mich. Sie sind übrigens der erste, der das sagt.”

      “Vielleicht bin ich einfach nur der erste, der das Ding zu Gesicht bekommt?”

      “Nein, nein, aber Sie haben das Resultat –mich– vor Augen und sind noch dazu eingeweiht. Das erleichtert die Sache ungemein. –Ich wünschte, Markowsky könnte uns jetzt sehen. Nie hätte er diesen Triumph des Fortschritts für möglich gehalten; immer musste er ironisch beiseite lächeln und konnte mich in diesem Punkt nie für voll nehmen.”

      “Wie lange haben Sie dafür gebraucht?”

      “Angefangen habe ich im Sommer 1926. Rechnet man Forschungen, Berechnungen und erste Pläne auch noch mit ein, sind elf Jahre ins Land gezogen.”

      “Da waren Sie alles in allem doch recht fix!”

      “Aber ich musste auch herbe Rückschläge hinnehmen. Oft genug schon hatte ich die Zeitreise versucht; stets vergeblich –bis gestern.”

       Und wieder legte sich ein zufriedenes Lächeln in sein breites Gesicht.

      “Soll ich sie Ihnen erklären?”

      “Wenn ich verstehe, wovon Sie reden –klar.”

      “Oh, ich spare mir die Wissenschaft und gehe direkt medias in res –sehen Sie das Gerät einfach als eine Art Automobil. Nur dass Sie sich damit nicht von einem Ort zum andern, sondern in der Zeit vor- und zurückbewegen. –Sehen Sie diese Metallstangen?”

      “Ja klar.”

      “Die sind mit starken magnetischen Leitern gefüllt. Außen herum befindet sich wertvoller Titanstahl. Sie schirmen Insassen und Maschine von der Außenwelt energetisch ab. So reist nur der oder das durch die Zeit, der sich innerhalb des Gestänges befindet.”

      “Ist das so?”

      “Jaja; doch der andere Effekt ist noch wichtiger. Bei jeder Zeitreise wird eine derartige Energie freigesetzt, dass ohne dies Gestänge weder für die Maschine noch für die Insassen eine Chance besteht, das Abenteuer zu überleben. Als ich das erste Mal die Maschine in Gang gesetzt hatte, existierte das Gestänge in dieser jetzigen Form noch nicht, und obwohl ich nur eine Viertelstunde übersprungen hatte, bekam die Maschine überall Risse, und ich einen höllischen Kater. Seltsam, nicht? Würde man statt nur einiger Minuten Jahre zurücklegen, so sprengte man die Maschine und löste den Insassen in seine chemischen Bestandteile auf. In meinem Fall wäre das wohl viel Wasser, ein großer Fettfleck und ein Häufchen Kohle.”

      Er lächelte ironisch.

      “Das ist also ziemlich wichtig. Trotzdem kann natürlich Energie austreten, und auch außerhalb des Gestänges werden gewisse Erscheinungen zutage gefördert, die nicht steuerbar sind: so auch in unserem Fall, was uns die Kuh auf dem Ku’damm bescherte –oh, welch sinnreiches Wortspiel!”

      “Ja,” ergänzte Christian, “und das Haus mit dem Baum.”

      Der Professor grinste in sich hinein.

      “Das hat’s Ihnen angetan, nicht wahr? –Ich hoffe nur inständig, es ist niemand zu Schaden gekommen. Man kann Perfektionist sein, wie man will, es gibt immer diese Ungenauigkeiten und Unregelmäßigkeiten. Der Magnetismus ist an einer Stelle schwächer als gefordert, und Sie finden die seltsamsten Erscheinungen in Ihrem Umland vor.”

      “Und was ist mit dem Totalabsturz der Computer und mit dem Zusammenbruch der Telekommunikation?” wollte der andere wissen.

      “Ich kann dazu nicht so viel sagen, alldieweil ich mich mit den Errungenschaften Ihrer Zeit noch nicht genügend beschäftigt habe, um dieses Problem erörtern zu können. –Ich will mich der Frage so annähern: alle Geräte, die ihrerseits mit relativ hoher Energie betrieben werden, sprich: Elektrizität, bekommen einen Schock, wenn aus meiner Maschine unbeabsichtigt und unregelmäßig Energie austritt –so als hätte ein Blitz eingeschlagen, in etwa. Allerdings hat das, womit ich hier spiele, im Vergleich selbst noch zum heftigsten Blitz geradezu kosmische Dimensionen im wahrsten Sinne des Wortes.”

      “Dann ist es beinahe verwunderlich, wie schnell das Stromnetz sicher wieder erholt hat. Ich kann mich entsinnen, nach einer Minute etwa floss er wieder...”

      “Ja, warum auch nicht? Wir wissen ja nicht, wo, warum und –haha: wann wie viel Energie hinaus geflossen ist. Es ist ja gut möglich, dass das Leck –lassen Sie es mich mal so nennen– nur winzig klein ist, was die kosmischen Dimensionen, von denen ich just sprach, ganz fix relativieren würde.”

      “Und was bitte hat all das mit Telefonen zu tun?”

      “Hm... ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ich könnte mir nur vorstellen, dass ein Telefon ein Gerät ist, empfindlich genug, um von dieser <Energiewelle> völlig flach gelegt zu werden. Das ist gar nicht so einfach herauszubekommen, da wir ja die Energie nicht sehen können –es handelt sich eben nicht um einen Blitz oder Verwandtes, sondern um einen Eingriff in die Raum-Zeit-Korrelation.

      Es ist praktisch unmöglich, genau genug nachzuforschen, weil nicht nur unsere Sinnesorgane, sondern auch unsere Messinstrumente –die sich nur an uns und an unserer Wahrnehmung orientieren, ja geradezu verlängerte Sinnesorgane sind, sein müssen– weil auch diese Instrumente ebenso wie wir notgedrungen der Raum-Zeit-Korrelation unterliegen. Ich kann Ihnen tausendmal sagen, dass die Zeit nicht linear verläuft, sondern untrennbar mit dem Raum verwoben ist; ob Sie’s mir glauben oder nicht, Sie können das nicht wirklich nachempfinden. Wir Lebewesen und damit alles, was wir schaffen, sind der Auffassung unterworfen, dass die Zeit geradlinig von A nach B, und zwar immer vorwärts, verläuft. Alles andere können wir erörtern, denken, vielleicht sogar verstehen, aber unmöglich empfinden. Wir müssten schon reiner Geist à la Hegel sein, um es zu können.”

      “Wenn wir reiner Geist wären, könnten wir es auch nicht empfinden, weil wir nichts hätten, womit wir es empfinden könnten,” gab Christian zurück.

      Wittmann schaute ihn schief an.

      “Interessanter Einwand. In jedem Fall aber ist das Problem klar. Man kann die Natur austricksen und erforschen und eindämmen, aber niemals überwinden. Wir sind übrigens vom Thema abgekommen. Wir sprechen von der Zeitmaschine, dem bisher besten, das zum Austricksen –nicht Überwinden– der Natur geschaffen worden ist, wenn ich einmal so unbescheiden sein darf.

      –Kommen Sie,” unterbrach sich Wittmann, der inzwischen etwas angestrengt wirkte, “steigen Sie ein und betrachten Sie die Armaturen.”

      Sie stiegen in die Zeitmaschine; der Ledersitz bot genug Platz für zwei, oder in diesem Fall wohl eher zweieinhalb.

      „Sitzen Sie bequem? Gut. Unter diesem Sitz befindet sich ein Depot für Werkzeuge, das ich sicherheitshalber in die Zukunft mitnehmen wollte. Dann, hier, vorne links, der Schalter, den Sie hier sehen... damit steuern Sie die Richtung Ihrer Zeitfahrt.”

      Er zeigte auf den Flugzeug-Steuerknüppel.

      “Natürlich können Sie nur zwischen Zukunft und Vergangenheit wählen. Wollen Sie in die Zukunft, drücken Sie den Hebel von sich weg. Wenn Sie ihn zu sich hin ziehen – fahren Sie in die Vergangenheit.”

      “Und wie regeln Sie die Geschwindigkeit?”

      “Tja, das ist allerdings ein Problem. Meine Gangschaltung ist wohl defekt.”

      “Ist das dieser


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