Kein Mann für eine Nacht. Fae Clarke

Kein Mann für eine Nacht - Fae Clarke


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ob er angetan ist oder ob es doch nur meine Einbildung ist. Vielleicht ist es Zufall und es steckt nichts dahinter. Das kenne ich von mir selbst, bloß keine Emotionen zeigen, um nichts zu provozieren. Mir ist es eigentlich auch egal, aus welchem Grund er mich gerade ansieht, seine Blicke tun mir einfach gut.

      Auf einmal wendet er sich ab. Aus Gewissensgründen? Aus Desinteresse? Wie jung mag er wohl sein? Er wirkt wie Anfang dreißig, aber es ist dunkel und er ist zu weit weg, da kann man so etwas schwerlich einschätzen. Stopp! Was mache ich denn nur? Wieso frage ich mich, was er denkt und wie alt er ist? Bin ich nun vollkommen durchgeknallt?

      Verloren drehe ich mich wieder herum, um ihn nicht weiter anzustarren. Doch nur weil ich ihn nicht mehr betrachte, heißt das nicht, dass ich nicht mehr an ihn denken muss, er nicht mehr vor meinem geistigen Auge auftaucht. Wie kann es sein, dass ein Wildfremder, den ich noch nie zuvor gesehen habe, mich innerhalb von Minuten so sehr in ein Gedankenchaos versetzen kann?

      Okay, Abby. Ruhig bleiben! Ich plustere meine Wangen auf und presse die Luft stoßartig aus meinen Lungen. Vielleicht ist er ja auch mit seiner Freundin hier, die nur gerade anderweitig beschäftigt ist, womöglich sogar mit mir auf der Tanzfläche steht. Oder er ist ein Idiot, mit dem ich niemals etwas zu tun haben möchte. Eventuell ist er auch ein Macho, der reihenweise Frauen flachlegt und nur in einem neuen Revier wildert, um ein neues Opfer zu suchen, was ich total abtörnend finden würde. Mein Hirn rattert, arbeitet auf Hochtouren, Hauptsache, ich finde einen absurden Grund, warum ich ihn überhaupt nicht leiden kann. Was ist, wenn er ein toller Küsser ist?

      Ah! Ich muss hier raus an die frische Luft. Sofort! Noch bevor das Lied zu Ende ist, quetsche ich mich an wogenden Körpern vorbei. Manch einer würde mich wahrscheinlich am liebsten töten, mir aber völlig einerlei. Da ich Alice auf die Schnelle nicht entdecken kann, gehe ich weiter. Als ich an ihm vorbeieile, bemerke ich aus dem Augenwinkel, dass er mich verwundert anstarrt und somit doch eine Reaktion zeigt. Verdammt, was soll ich nur tun? Immerhin bin ich gebunden, ich kann nicht mit einem anderen Mann flirten! Das verbietet mir meine momentane Moral, selbst mit den Augen ist dies ein Tabu. Obwohl ich so etwas sehr gerne tat, vor Pete. Hastig gehe ich zur Garderobe, um meine Jacke aufzulesen und mir überzustreifen.

      »Hey! Ohne mich?«, vernehme ich plötzlich Petes Stimme hinter mir. Instinktiv verdrehe ich die Augen, warum muss er mir immer und überallhin folgen? Kann ich nicht einmal den Raum ohne ihn verlassen? Ich brauche gerade Ruhe und nicht sein nerviges Getue. Nicht jetzt!

      »Ich wollte euer Gespräch nicht unterbrechen«, rechtfertige ich mich leise. Gut, dass ich ihn tatsächlich vor wenigen Sekunden mit jemandem unterhalten gesehen habe.

      »Nerv ich dich etwa?«, erwidert er sofort gereizt.

      Was soll das nun wieder? Wieso kann ich jetzt nicht einfach hinausgehen, um eine zu rauchen? »Nein, ich wollte dich nur nicht stören«, wiederhole ich schwach.

      »Ich komme mit.« Doch damit ist es nicht getan, er muss sich erst anziehen, sehr langsam, und ich sollte den Club jetzt nicht ohne ihn verlassen, ein Krach wäre sonst vorprogrammiert. Eigentlich will ich nicht auf ihn warten, ich wollte doch nur an die frische Luft. Pete richtet sorgfältig seine Kapuze, zupft hier und da an sich herum, schaut immer wieder zu mir, um in meinem Gesicht eine Reaktion ablesen zu können. Bilde ich mir das ein oder sucht er nach einem Grund, um meckern zu können? Unvermittelt fällt mir wieder der süße Typ ein und eine leichte Röte steigt in mein Gesicht.

      »So warm da drüben?«, fragt er mich belanglos.

      Aufseufzend drücke ich die Tür auf und gehe voraus, ich kann nicht mehr warten, ich muss hier raus.

      »Hey! Warum antwortest du mir nicht?«, fragt er mich erzürnt, als er mir hinterhereilt.

      Am liebsten würde ich losrennen, ihn einfach stehen lassen. »Na klar ist es drinnen warm«, antworte ich, obwohl ich ihn vorzugsweise anschreien möchte. Aber ich hasse öffentliche Szenen, im Gegensatz zu ihm. Er liebt die Aufmerksamkeit, die er damit erregen kann.

      Mit zitternden Fingern zünde ich mir eine Zigarette an, ignoriere dabei sein hingehaltenes Feuerzeug. »Dann eben nicht, Emanze«, fährt er mich an. Wenn er das sagt …

      Zum Glück gesellt sich Tom einige Augenblicke später zu uns und lenkt Petes Aufmerksamkeit auf sich. Bibbernd hüpfe ich von einem Bein aufs andere. Normalerweise würde er mich jetzt ungefragt an sich drücken, doch da er nun Unterhaltung hat, interessiert er sich momentan nicht für mich. Das soll mir auch ganz recht sein. Nach zehn Minuten verkünde ich, dass ich wieder hineingehe, da es mir zu kalt wäre. Was ja stimmt, doch im Grunde genommen, möchte ich den Fremden wiedersehen. Desinteressiert nickt Pete, klatscht mir beiläufig einen Kuss auf die Lippen. Wie ich das hasse!

      Ich drehe mich zur mittlerweile geöffneten Tür um und sehe den Typ mit einem desillusionierten Gesichtsausdruck darin stehen. Verdammt! Er hat den Kuss gesehen, das war’s dann wohl.

      Beschämt senke ich den Blick und murmle: »Danke«, und husche schneller als gewollt in den Club. Im Vorbeigehen komme ich ihm sehr nahe und bemerke einen fantastischen Duft. In diesen Millisekunden schließe ich unwillkürlich die Lider, als ob ich diesen Geruch abspeichern könnte. Drinnen drehe ich mich noch einmal nach ihm um und bemerke, dass er grün-braune Augen hat, die mich unvermittelt anlächeln. Sein Haar ist dunkelbraun, fast schwarz und sein schöner Mund …

      Aufseufzend löse ich meinen Blick von ihm und gehe zur Garderobe, um meine Jacke abzulegen. Als ich auf dem Weg zur Bar wieder am Eingang vorbeigehe, ist er verschwunden. Aus unerfindlichen Gründen hoffe ich, dass er noch nicht gegangen ist. Wieso klammere ich mich auf einmal an einen mir völlig unbekannten Kerl? Bin ich wirklich schon so verzweifelt? Zumal wir uns wahrscheinlich niemals unterhalten werden. Hm, aber er soll mich doch einfach nur weiter anschauen.

      So ein Unsinn, schelte ich mich selbst und gehe wieder in die Halle, in der die Bässe hämmern. Nach meiner Flasche greifend blicke ich mich um. Alice tänzelt ausgelassen auf mich zu. »Boah, ist das heute voll!«, ruft sie mir zu, um die laute Musik zu übertönen.

      Da hat sie allerdings recht, es ist wirklich ungewöhnlich voll. Dann tanzen wir eben hier auf der Stelle, diesbezüglich kennen wir nichts, die Stammgäste sind das auch bereits von uns gewohnt. Ausgelassen bewegen wir uns neben dem Tisch, wobei ich mich immer wieder umblicke, ob ich ihn nicht irgendwo entdecke, doch er bleibt verschwunden. Mit keinem Wort erwähne ich Alice gegenüber diesen Typen, sie fragt aber auch nicht, was vorhin los war. Es war sicherlich eh alles nur Einbildung, er war einfach bloß nett und hat mich angelächelt.

      Nach und nach leert sich der Club etwas und wir haben wieder mehr Platz für uns. Es ist mittlerweile kurz vor zwei. Bald wird Pete mit einem langen Gesicht hinter mir stehen und immer wieder entnervt auf die Uhr blicken. Dieser wortlose, immense Druck lässt meine Laune jedes Mal ins Bodenlose sinken. Unverhofft zieht Alice mich auf die noch immer gut gefüllte Tanzfläche.

      Ob dieser Typ ebenfalls tanzt? Und wenn ja, wie würde das wohl wirken? Wie oft musste ich belustigt feststellen, dass ein Mann, der einigermaßen gut aussah, sich überhaupt nicht im Takt bewegen konnte oder so sehr herumhampelte, dass ich mir das Lachen regelrecht verbeißen musste. Doch das werde ich heute wohl nicht mehr herausfinden, leider. Etwas enttäuscht lasse ich mich lustlos zur Musik treiben. So etwas kommt wirklich sehr selten vor. Ob er noch einmal auftauchen wird, irgendwann? Hoffentlich!

      Bedrückt verlasse ich nach einiger Zeit wieder die Tanzfläche, um mich zu Pete zu stellen, der mittlerweile an unserem Platz steht. Und schon tippt er auf seine Uhr, er will fahren. Na gut, heute werde ich eh keinen Spaß mehr haben, da der Fremde mich zu sehr an sich gefesselt hat, sodass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen und mich selbst die Musik nicht einmal mitreißen kann. Das ständige Absuchen des Clubs macht es auch nicht besser. Er ist schlicht und ergreifend nicht mehr da. Aber noch immer trage ich diesen Wunsch im Herzen, das er eines Tages wieder auftauchen wird. Obwohl … Ach verdammt!

      Auf der Heimfahrt herrscht Stillschweigen, worüber ich mehr als froh bin, denn so kann ich in Gedanken dem süßen Typen nachhängen. Leise seufze ich auf, als mir wieder klar wird, dass er mich beim Küssen gesehen hat und anscheinend danach enttäuscht von dannen gezogen ist. Warum schießen mir jetzt Tränen


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