Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden. Kurt E. Böhme
nehmen und darf nach § 3 Abs. 1 StVO nur so schnell fahren, dass er das Fahrrad ständig beherrschen und innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann.[469]
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Der Charakter eines Weges als Radweg oder anderer Weg (z.B. Feldweg) bestimmt sich nach dem äußeren Bild dieses Weges. Auch ein äußerlich von der Fahrbahn getrennter Weg kann ein Radweg sein und an der Vorfahrt der parallel zu ihm verlaufenden Fahrbahn teilhaben.[470]
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Weitere wichtige Hinweise
– | Kinder bis zum vollendeten 8. Lebensjahr müssen, ältere Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen (vgl. Rn. 286). |
– | Fahrradstraßen werden durch Zeichen 244 und 244a StVO gekennzeichnet. Diese Straßen dürfen nur von Radfahrern befahren werden. |
– | Radwege müssen nur dann benutzt werden, wenn diese als Wege für die jeweilige Fahrtrichtung mit dem Zeichen 237 (Radfahrer), 240 (gemeinsamer Fuß- und Radweg) oder 241 (getrennter Fuß- und Radweg) ausgewiesen sind. |
– | Zeichen 205 weist darauf hin, dass für den Radverkehr entlang der bevorrechtigten Straße nicht nur der in Fahrtrichtung rechte, sondern auch der linke Radweg freigegeben ist (Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO, lfd. Nr. 2). |
– | Radfahrer müssen nicht die Seitenstreifen befahren. Diese dürfen nur dann benutzt werden, wenn keine Radwege vorhanden sind und Fußgänger nicht behindert werden, § 2 Abs. 4 S. 4 StVO. |
– | Durch Markierung mit Zeichen 340 können zwischen Fahrbahnrand und Fahrstreifen Schutzstreifen eingerichtet werden. Andere Fahrzeuge dürfen die Markierung nur überfahren, wenn eine Gefährdung von Radfahrern ausgeschlossen ist (Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO, lfd. Nr. 22). Seit dem 1.9.2009 kann durch Zusatzzeichen nach § 31 Abs. 2 StVO Inlineskaten und Rollschuhfahren auf der Fahrbahn, den Seitenstreifen und Radwegen erlaubt werden. Außerhalb dieser Bereiche ist es verboten. Wer sich in den erlaubten Bereichen mit Inline-Skates oder Rollschuhen fortbewegt, hat sich mit äußerster Vorsicht und unter besonderer Rücksichtnahme auf den übrigen Verkehr am rechten Rand in Fahrtrichtung zu bewegen und Fahrzeugen das Überholen zu ermöglichen. |
– | Durch Zusatzschild zu Zeichen 245 der StVO kann eine Busspur für den Radverkehr freigegeben werden. |
1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › V. Verhalten im Straßenverkehr › 19. Inlineskater
19. Inlineskater
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Strittig war, ob Inlineskater als Fußgänger nach §§ 25 ff. StVO zu behandeln sind und vorhandene Gehwege benutzen müssen[471]oder die Definition des Fahrzeugs erfüllen und damit gemäß § 2 Abs. 1 StVO die rechte Fahrbahn zu benutzen haben.[472]
Der BGH hat entschieden, dass Inlineskater nicht als Fahrzeuge, sondern als „ähnliche Fortbewegungsmittel“ i.S.v. § 24 Abs. 1 StVO anzusehen sind.[473] Damit unterfallen sie grundsätzlich den für Fußgänger geltenden Vorschriften, also §§ 25, 26 StVO. Dies hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.4.2013 durch eine Änderung des § 24 StVO klargestellt.
1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › V. Verhalten im Straßenverkehr › 20. Verhalten gegenüber Kindern
a) Sorgfaltspflichten des Fahrers
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Auch gegenüber Kindern gilt der Vertrauensgrundsatz.[474] Jedoch ist der Fahrer bei Kleinkindern und Kindern im grundschulpflichtigen Alter zu besonderer Sorgfalt verpflichtet, wenn sich diese auf oder in der Nähe der Fahrbahn befinden.[475] Zeigt das Verhalten des Kindes oder die Situation, in der es sich befindet, eine Auffälligkeit, die zur Gefährdung führen könnte, so muss der Fahrer besondere Vorkehrungen zur Abwendung der Gefahr treffen; z.B. Hupen, Ausweichen, Bremsbereitschaft, Verringerung der Geschwindigkeit, wenn erforderlich, muss er anhalten. Unterlässt er dies, handelt er schuldhaft.[476] Besondere Sorgfalt ist geboten, wenn sich mehrere Kinder neben der Straße befinden.[477]
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Auch dann, wenn ein Kleinkind von einem größeren Kind begleitet wird, muss der Fahrer u.U. ein Fehlverhalten in Erwägung ziehen.[478]
Ein unabwendbares Ereignis – Schadenfälle bis 31.7.2002 – dürfte vorliegen, wenn ein sich in Begleitung eines Erwachsenen befindliches Kind plötzlich auf die Straße läuft[479]. Höhere Gewalt i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG – für Schadenfälle ab 1.8.2002 – ist dagegen in einem solchen Fall nicht anzunehmen. Wenn ein fünfjähriges Kind, das sich zunächst in Begleitung seiner Mutter auf dem Bürgersteig aufhält, sich von ihr entfernt und auf die Fahrbahn zubewegt, muss der Fahrer dieses Kind während des Herankommens und Passierens im Auge behalten.[480]
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Bereits nach altem Recht, also vor Inkrafttreten des 2. SchadÄndG, waren an den Entlastungsbeweis strenge Anforderungen zu stellen.[481] Diesen kann der Fahrer auch dann nicht führen, wenn ein sich auf dem Gehweg befindliches Kind grundlos plötzlich auf die Fahrbahn läuft.[482] Wenn ein ca. 12 Jahre alter Junge in die Mitte des Bürgersteigs läuft, muss der Fahrer, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, die auf kindliche Unbesonnenheit und Unaufmerksamkeit hinweisen, nicht damit rechnen, dass der Junge unvermittelt die Richtung ändert und auf die Fahrbahn läuft,[483] auch nicht damit, dass plötzlich ein Kind hinter einem parkenden Fahrzeug hervorkommen kann.[484] Auch bei die Straße überquerenden Schulkindern muss der Fahrer mit Unbesonnenheit rechnen und sich hierauf einstellen. Abgabe von Warnzeichen reicht oft nicht aus.[485] Eine grobe Fahrlässigkeit eines Achtjährigen beseitigt nicht die Betriebsgefahr.[486]
Ein unabwendbares Ereignis gemäß § 7 Abs. 2 StVG a.F. liegt vor, wenn der Fahrer nachweislich kein sich auf oder neben der Straße befindliches Kind sehen konnte, dieses plötzlich vor oder gegen sein Fahrzeug läuft und ihm auch kein sonstiges, den Unfall begünstigendes Fehlverhalten vorzuwerfen ist.[487]
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Nach Inkrafttreten des 2. SchadÄndG ist eine Entlastung bei Kinderunfällen praktisch unmöglich, da in solchen Fällen für den Halter bzw. Fahrer regelmäßig keine höhere Gewalt vorliegt (s.o. Rn. 34 ff.). Zudem haften Kinder bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres für fahrlässiges Verhalten im fließenden Verkehr nicht und sie trifft auch kein Mitverschulden, § 828 Abs. 2 BGB (Rn. 92, 93). Ausnahmsweise kann bei einem über 10 Jahre alten Kind die Haftung des Halters aus Betriebsgefahr ganz zurücktreten, wenn das Kind ein objektiv und altersspezifisch subjektiv besonders schweres Verschulden trifft.[488] Im Folgenden zitierte Rechtsprechung ist für Kinderunfälle nach dem 1.8.2002 nur unter diesen