Unternehmenssanierung, eBook. Guido Koch

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die indikatororientierten Krisenfrüherkennungs-Ansätze sind nur solche Informationen geeignet, die der Krise vorauseilen (sog. vorauseilende Indikatoren). Mit der Krise gleichlaufende oder nacheilende Informationen sind für die Früherkennung ungeeignet.

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      Das Management und der CRO müssen Zugang zu allen unternehmensinternen Indikatorinformationen haben. Da operative Ansätze auf „harten“, quantitativen Daten basieren, sind die hierbei verwendeten Informationen – anders als die Daten der noch vorzustellenden strategischen Ansätze, welche auf sog. schwachen Signalen basieren – greifbarer und für das Unternehmen in der Regel auch zugänglich. Das Unternehmen muss lediglich abwägen, ob die für einen Indikator benötigte Information wirtschaftlich erhoben werden kann. Die Wirtschaftlichkeit von indikatororientierten Ansätzen kann also unterstellt werden.

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      Als Ergebnis ist festzuhalten, dass vor allem die Objektivität und Ganzheitlichkeit durch die indikatororientierten Ansätze nicht gewährleistet werden können. Daher wird in der Folge ein weiterer Bottom-up-Ansatz zur Früherkennung von strategischen Risiken vorgestellt, mit dem versucht wird, die Einzelrisiken zu identifizieren. Dieser strategische Ansatz ist ebenfalls anhand der in Rn. 102 ff. vorgestellten Anforderungen zu beurteilen.

3.3 Strategische Ansätze

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      Strategische Planungen und Entscheidungen sind durch die folgenden Merkmale gekennzeichnet:[80]

- Sie sind von besonderer Bedeutung für die Entwicklung des Unternehmens.
- Sie sind grundsätzlich nur von der obersten Unternehmensleitung zu treffen.
- Sie betreffen die langfristige Entwicklung des Unternehmens.
- Sie werden – verglichen mit operativen Planungen und Entscheidungen – unter hoher Unsicherheit getroffen.
- Sie bilden die Grundlage sowie den Handlungsspielraum für die operativen Planungen und Entscheidungen.

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      Strategische Ansätze zur (unternehmensinternen) Krisenfrüherkennung werden auch als „strategisches Radar“ oder „360-Grad-Radar“[81] bezeichnet. Diese Ansätze basieren auf dem Konzept der schwachen Signale. Dem Konzept der schwachen Signale liegt die Annahme zu Grunde, dass Diskontinuitäten in jedweden Bereichen (z.B. im ökonomischen oder politischen Bereich) nicht zufällig sind. Sie kündigen sich durch schwache Signale („Weak Signals“) mit zeitlichem Vorlauf an. Der zeitliche Vorlauf von schwachen Signalen ist wesentlich größer als der der (harten) Früherkennungsindikatoren, die in den operativen Ansätzen verwendet werden.[82]

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      Schwache Signale können beispielsweise sein:

- die Verbreitung von neuartigen Meinungen/Ideen, z.B. in Medien,
- die Meinungen und Stellungnahmen von Schlüsselpersonen aus unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens,
- Meinungen und Stellungnahmen von Organisationen und Verbänden,
- erkennbare Initiativen zur Veränderung/Neugestaltung von Gesetzen,[83]
- Mitarbeiterzufriedenheit,
- Kundenzufriedenheit.

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      Die wichtigsten Instrumente der Früherkennung von strategischen Risiken sind das „Scanning“, welches das allgemeine Unternehmensumfeld abtastet und rastert, sowie das „Monitoring“, bei dem die im Rahmen des Scanning erkannten Veränderungen näher analysiert und im Zeitablauf überwacht werden, um konkretere Hinweise auf Risiken aus den aufgedeckten Erscheinungen zu gewinnen.[84] Quellen von schwachen Signalen können vor allem Kunden des Unternehmens sein: Ein gutes strategisches Radar hat den Kunden im Focus. Spitzenunternehmen verdanken ihre besten Produktideen ihrer Kundenorientierung. In der Folge wird auf die Probleme und Grenzen der strategischen Ansätze eingegangen.

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      Im Gegensatz zu den operativen Ansätzen von Frühwarnsystemen nutzen die strategischen Ansätze vor allem qualitative Informationen. Diese qualitativen Informationen sind häufig nur mit der Hilfe von Experten interpretierbar. Diese Art von qualitativen Informationen ist selten objektiv oder objektivierbar, sondern die qualitativen Informationen sind subjektiv. So geschieht es nicht selten, dass diese Informationen falsch eingeschätzt werden. Vor allem die Prognose von künftigen Entwicklungen auf der Basis qualitativer Informationen ist problematisch, weil schwache qualitative Signale eine wenig verlässliche Prognosebasis und daher fehleranfällig sind. Bezogen auf die Anforderungskriterien aus Rn. 102 ff. bedeutet dies, dass strategische Ansätze weder das Objektivitätsprinzip noch das Neutralitätsprinzip erfüllen.

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      Schwache Signale sind oft einmalige, neue (d.h. noch nicht dagewesene), unscharfe Botschaften. Schwache Signale sind, wie ihr Name schon sagt, im Vergleich zu Indikatoren weit weniger scharf umrissen und schwächer strukturiert. Diese Eigenschaften von schwachen Signalen machen es für das Unternehmen sehr schwierig, diese „Botschaften“ richtig auszuwerten. Ein auf schwachen Signalen basiertes Früherkennungsinstrument kann also nicht gewährleisten, dass alle Risiken, die zu einer Unternehmenskrise führen können, abgedeckt werden. Auch dem Ganzheitlichkeitsprinzip wird also nicht entsprochen.

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      Der zeitliche Vorlauf von schwachen Signalen ist dagegen wesentlich größer als der der härteren Früherkennungsindikatoren, die in den operativen Ansätzen verwendet werden. Der große zeitliche Vorlauf macht für jene Unternehmensleitungen den Wert der schwachen Signale für die Krisenfrüherkennung aus, die „das Gras wachsen hören“. Bei solchen Fähigkeiten verbleibt dem Unternehmen nach der Krisenerkennung auf Basis eines schwachen Signals mehr Zeit, die Krise abzuwenden.

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      Geeignete (im Sinne der oben beschriebenen Anforderungen) schwache Signale zeichnen sich durch eine hohe Effizienz aus. Strategische Risiken sind aufgrund der langfristigen Ausrichtung von Strategien indes schwieriger zu identifizieren als operative Risiken. Die in strategischen Ansätzen verwendeten Informationen sind weit weniger gut greifbar als harte quantitative Daten. Der Informationsnutzen und folglich die Beurteilung, ob Aufwand und Nutzen für diese Art der Informationsbeschaffung in einem wirtschaftlichen Verhältnis stehen, sind für das Unternehmen schwierig einzuschätzen. Es ist also fraglich, ob strategische Informationssysteme dem Wirtschaftlichkeitsprinzip genügen.


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