Fälle zum Medizin- und Gesundheitsrecht, eBook. Silvia Deuring

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align="left" colspan="3"> Wirksame Ehe und kein Getrenntleben, § 1357 Abs. 1, 3 BGB b) Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs aa) Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs bb) Angemessenheit c) Rechtsfolge II. Ergebnis

      A. Ansprüche der Stadt S gegen T

      I. Anspruch der Stadt S auf Zahlung der Behandlungskosten aus § 630a Abs. 1 BGB

      Die Stadt S könnte einen Anspruch auf Zahlung der Behandlungskosten gegen T aus § 630a Abs. 1 BGB haben. Dies setzt voraus, dass ein wirksamer Behandlungsvertrag zwischen der Stadt S und der T geschlossen wurde. Ein Vertragsschluss bedarf zweier sich deckender Willenserklärungen, namentlich Angebot (§ 145 BGB) und Annahme (§ 147 BGB).

      1. Angebot der Stadt S auf Abschluss eines Behandlungsvertrages

      Mit Ausgabe des „Aufnahmevertrag“-Formulars, spätestens aber mit Behandlung der T, gab die Stadt S ein konkludentes Angebot i.S.d. § 145 BGB auf Abschluss eines Behandlungsvertrages, § 630a BGB, ab. Beim Regelfall des „totalen Krankenhausvertrags“ sind alleinige Parteien des Vertrags der Patient und der Krankenhausträger (hier die Stadt S, nach § 164 BGB vertreten durch die das Formular aushändigende Person bzw. den behandelnden Arzt).[1] Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn es sich bei dem Patienten um eine gesetzlich versicherte Person handelt: Auch dann kommt ein privatrechtlicher Vertrag nach §§ 630a ff. BGB zustande. Dies hat der Gesetzgeber durch die Wendung „soweit nicht ein Dritter zur Leistung verpflichtet ist“ (§ 630a Abs. 1 BGB a.E.) klargestellt.[2]

      2. Annahme des Angebots durch T

      T müsste dieses Angebot auch angenommen haben.

      a) Eigene Willenserklärung der T

      Eine ausdrückliche Annahme des Angebots fehlt. In Betracht kommt eine konkludente Annahme durch T. Dies kann jedoch offenbleiben, soweit die Willenserklärung ohnehin nichtig wäre. Nichtig ist insbesondere die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen, § 105 Abs. 1 BGB. T war zum Zeitpunkt der Behandlung sechs Jahre alt, gemäß § 104 Nr. 1 BGB damit geschäftsunfähig. Folglich kann dahinstehen, ob der Tatbestand der Willenserklärung erfüllt ist, denn sie wäre ohnehin nichtig.

      b) Zurechnung der Willenserklärung der M

      Eine Willenserklärung der M könnte für und gegen T wirken, § 164 Abs. 1 BGB. Dies setzt voraus:

      aa) Eigene Willenserklärung

      In Abgrenzung zur bloßen Botenstellung müsste die M eine eigene Willenserklärung abgegeben haben. Mangels Handlungsvorgaben seitens der T ist dies vorliegend der Fall.

      bb) Vertretungsmacht

      M müsste mit Vertretungsmacht gehandelt haben.

      Eine vertragliche Vertretungsmacht in Form einer Vollmacht liegt nicht vor.

      Der M könnte jedoch eine gesetzliche Vertretungsmacht über T zustehen. Ausweislich § 1626 Abs. 1 S. 1 BGB haben die Eltern die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen. Diese elterliche Sorge umfasst auch die Vertretung des Kindes, § 1629 Abs. 1 S. 1 BGB. Als Mutter der T ist M zur Vertretung der T berechtigt.

      Grundsätzlich gilt dies jedoch nur gemeinsam mit V, § 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB, wonach die Eltern das Kind gemeinschaftlich vertreten. Eine Ausnahme davon macht § 1629 Abs. 1 S. 4 Hs. 1 BGB, wonach im Fall von Gefahr im Verzug jeder Elternteil zur alleinigen Vertretung berechtigt ist. Gefahr im Verzug liegt dann vor, wenn dem Kind erhebliche (insbesondere gesundheitliche und wirtschaftliche) Nachteile drohen, deren Abwendung ein sofortiges Eingreifen erforderlich macht, und die vorherige Einholung einer Einwilligung des anderen Ehegatten den Zweck der Maßnahme gefährden würde.[3] M lieferte T aufgrund eines medizinischen Notfalls in das Krankenhaus ein. Ein weiteres Zuwarten, insbesondere eine Rücksprache mit V, ist in diesem Fall nicht angezeigt, denn die gesundheitliche Versorgung der T hat Vorrang.

      Die M war folglich alleine zur Vertretung der T befugt, eine gesetzliche Vertretungsmacht bestand demnach.

      cc) Wahrung der Offenkundigkeit

      Schließlich müsste der Wille der M, im fremden Namen zu handeln, zu Tage getreten sein. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt, oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll, § 164 Abs. 1 S. 2 BGB.

      Ein ausdrückliches Handeln im Namen der T scheidet aus. Ferner ergibt sich ein Wille hierzu nicht aus den Umständen. Im Gegenteil schulden Eltern ihren Kindern im Rahmen ihrer elterlichen Sorge und der sich daraus ergebenden Unterhaltspflicht eine medizinisch indizierte ärztliche Behandlung, §§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB. Damit entspricht es der Natur der Sache, dass der von den Eltern zur Behandlung eines kleinen, zweifellos vermögenslosen Kindes zugezogene Behandelnde einen Vertrag mit den Eltern schließt.[4] Das Offenkundigkeitsprinzip des § 164 Abs. 1 S. 1 BGB ist vorliegend nicht gewahrt, sodass eine Stellvertretung ausscheidet.

      3. Zwischenergebnis

      Mangels Vertragsschlusses besteht kein Anspruch der Stadt S gegen T auf Zahlung der Behandlungskosten aus § 630a Abs. 1 BGB.

      II. Ergebnis

      Die Stadt S hat keine Ansprüche gegen T.

      B. Ansprüche der Stadt S gegen M

      I. Anspruch der Stadt S auf Zahlung der Behandlungskosten aus § 630a Abs. 1 BGB

      Die Stadt S könnte einen Anspruch auf Zahlung der Behandlungskosten gegen M aus § 630a Abs. 1 BGB haben. Dies setzt voraus, dass ein wirksamer Behandlungsvertrag zwischen der Stadt S und M geschlossen wurde.

      1. Zahlungspflicht der M auf der Grundlage von § 630a Abs. 1 BGB

      Ein Vertragsschluss setzt zwei sich deckende Willenserklärungen, namentlich Angebot und Annahme, voraus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass M selbst nie behandelt werden sollte. In Betracht kommt somit ein echter Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 Abs. 1 BGB. In diesem Fall steht der Dritte – die T – als Patient im Mittelpunkt des Behandlungsverhältnisses und erhält einen eigenen Leistungsanspruch. In Abgrenzung dazu verpflichtet sich der Schuldner beim unechten Vertrag zugunsten Dritter lediglich zur Leistung an den Dritten, einen originären Leistungsanspruch erhält der Dritte nicht.[5] Bei einem „bloßen“ Vertrag


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