Tierschutzrecht. Hansjoachim Hackbarth

Tierschutzrecht - Hansjoachim Hackbarth


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des Tierschutzes

      Der Schutz des Tieres hat bereits seit vielen Jahrtausenden Bedeutung und ist eng mit der Haustierwerdung gekoppelt. Er war und ist geprägt von dem Umstand, dass die Menschen mit Tieren zusammenleben und auf sie angewiesen sind, sei es als Arbeitsmittel, Nahrungsmittel oder Lebensgefährte. Im Verlauf der Kulturgeschichte gewinnt der Begriff „Tierschutz“ immer dann an Bedeutung, wenn es der Bevölkerung oder wenigstens Teilen von Ihnen ökonomisch gut geht. Wenn die menschlichen Grundbedürfnisse (Bedarf) gedeckt sind und der Wohlstand sich ausbreitet, immer dann wird der Ruf nach dem Tierschutz laut.

      Der Tierschutz war allerdings viele Jahrtausende lang anthropozentrisch, d. h. menschbezogen. Das Tier wurde nur im Interesse des Menschen geschützt und nicht um seiner selbst willen. Erst nach und nach flossen altruistische, d. h. ethische, Elemente in den Tierschutz ein. Die spätere Gesetzgebung (zumindest in Europa im 20. und 21. Jahrhundert) wird fast durchgängig vom ethischen Gedanken des Tierschutzes beherrscht.

      Schon in einem der ältesten niedergeschriebenen Gesetze dieser Welt, dem Codex Hammurabi (1810–1750 v.Ch.), wurde der Tierhalter bestraft, der ausgeliehenes Vieh zu schwer arbeiten ließ bzw. ihm Schaden zufügte. Dies wurde mit einer Geldbuße in Höhe von ⅕ des Kaufpreises belegt.

      Auch im Alten Testament fand der Tierschutz Niederschlag, in dem als gottlos bezeichnet wurde, wer sich nicht des Viehes erbarmt: „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs: aber das Herz des Gottlosen ist unbarmherzig“ (Sprüche des Salomos # Spr 12,10)

      Im römischen Recht erlangten die Tiere die Rechtsstellung von Sachen; als Sachen zu jener Zeit wurden auch Sklaven, Frauen und Kinder eingestuft.

      Im Rahmen der zunehmenden Industrialisierung und somit der Zunahme des Wohlstandes für Teile der Bevölkerung war England Vorreiter bei der Einführung eines modernen Tierschutzrechts. Bereits seit 1770 wird dort Tierquälerei deliktisch geahndet. Bis zur Einführung des ersten englischen Tierschutzgesetzes, dem Martin's Act (Act to prevent Cruelty to Animals), im Jahre 1822 erfolgte die Verurteilung nur auf Grund einer einschlägigen und anerkannten Gerichtspraxis. Das Gesetz schützte Pferde, Schafe und Großvieh vor Misshandlungen.

      Zwar kein Tierschutzgesetz, aber doch einen Anfang bildet § 360 Nr. 13 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich vom 15.5.1871. Dort wurde mit Geld oder Haftstrafe belegt, wer „öffentlich oder in Aergerniß erregender Weise Thiere boshaft quält oder roh mißhandelt“. Geschützt wurde somit das Sittlichkeitsgefühl des Menschen. Die Tat musste öffentlich und in Ärgernis erregender Weise durchgeführt werden.

      Das 1. Tierschutzgesetz in Deutschland stammt vom 24. November 1933. Selbst in Anbetracht des nationalsozialistischen, belastenden Hintergrundes war es bei strenger Anwendung in der Lage, Missstände auf dem Gebiet des Tierschutzes wirksam zu bekämpfen.

      Das Reichstierschutzgesetz wurde am 24. Juli 1972 durch das in seiner Grundform noch heute gültige Tierschutzgesetz abgelöst.

      Die gesetzgeberischen Initiativen zu dem heutigen Gesetz begannen bereits im Jahre 1959 mit einem Gesetzesentwurf über das Verbot des Schlachtens von Hunden und Katzen. Es sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass diese Tiere in die engere Gemeinschaft des Menschen einbezogen sind und eine besondere Stellung unter den Haustieren einnehmen. Nach Ablauf der Wahlperiode geriet dieser Entwurf jedoch in Vergessenheit. Dies führte dazu, daß erst 1986 letztendlich der Hund aus der Liste schlachtbarer Tiere aus dem Fleischbeschaugesetz gestrichen wurde.

      Im Januar 1960 wurde dann durch einige SPD-Abgeordnete der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Tierschutzgesetzes von 1933 vorgelegt, welches insbesondere bestimmte Ausfuhrverbote und Strafvorschriften über Versuche an lebenden Tieren enthielt. Daraufhin wurde in das Tierschutzgesetz in der damaligen Fassung ein § 3 a aufgenommen, der die Ausfuhr von Schlachtpferden grundsätzlich verbot.

      Ein von allen Fraktionen getragener Vorschlag zur Verbesserung des Tierschutzgesetzes wurde im Dezember 1961 eingebracht, da aufgrund praktischer Erfahrungen Ergänzungen und Verbesserungen für notwendig erachtet wurden. So wurde in der strafrechtlichen Gerichtspraxis eine umfassende Unsicherheit bezüglich der Auslegung und konsequenten Bestrafung von Tätern im Zusammenhang mit Straftaten im Bereich des Tierschutzes festgestellt. Aber auch dieser Gesetzesentwurf erlangte keine Gesetzesqualität, da er bis zum Ende der Wahlperiode nicht abschließend behandelt wurde.

      Im September 1966 brachten wiederum Abgeordnete aller Fraktionen den Entwurf eines neuen Tierschutzgesetzes in den Bundestag ein. Aber auch diesmal kam es nicht zur Entstehung eines neuen Tierschutzgesetzes, da die verfassungsrechtlich problematische Frage der Gesetzgebungszuständigkeit im Bereich des Tierschutzes nicht geklärt werden konnte. Das Grundgesetz in der damaligen Fassung gab keinen Aufschluss darüber, ob der Bund oder die einzelnen Länder berechtigt waren, im Bereich des Tierschutzes gesetzgeberisch aktiv zu werden (Föderalismus). Daraufhin wurde am 18. März 1971 eine Grundgesetzänderung dahingehend vorgenommen, dass nunmehr der Tierschutz Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes wurde. Dies hatte zur Folge, dass der Bund von seiner Zuständigkeit immer dann Gebrauch machen kann, wenn auf Grund der Wahrung einheitlicher Rechts- und Wirtschaftsverhältnisse eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung erforderlich ist. Die Länder haben nur noch insoweit Gesetzgebungsbefugnisse, als der Bund davon keinen Gebrauch gemacht hat. Im Ergebnis ist den Ländern jedoch durchaus Raum für eigene Regelungen verblieben.

      Nunmehr waren die Voraussetzungen für die Schaffung eines neuen Tierschutzgesetzes gegeben. Im September 1971 wurde der Gesetzesentwurf zum heutigen Tierschutzgesetz in den Bundestag eingebracht und erlangte am 24. Juli 1972 Gesetzesqualität. Mit dem Gesetz wurde eine dringend notwendige Anpassung vorgenommen, da sich durch das Fortschreiten der allgemeinen Entwicklung im Vergleich zu 1933 (unabhängig vom politischen Hintergrund) neue und andere Probleme im Umgang mit den Tieren ergeben hatten.

      Aus dem Gesetz ergeben sich Verpflichtungen zur Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren. Zugleich enthält es auch Handlungsverbote im Umgang mit Tieren. Dieses Tierschutzgesetz bildet den Mittelpunkt des Tierschutzrechts. Begleitet wird es von einer Reihe weiterer Vorschriften nicht nur des nationalen Rechts, sondern zunehmend auch auf europäischer Ebene. Grundlage des Tierschutzgesetzes sind Erkenntnisse der modernen Verhaltensforschung und eine Konzeption auf ethischer Basis. Aber auch die Erfordernisse der heutigen Zeit wurden beachtet, indem man die in der Forschung durchgeführten Tierversuche und die ernährungswirtschaftliche industrielle Tierhaltung in der gesetzlichen Regelung berücksichtigte. Grundsatz ist die Anerkennung des Tieres als „Mitgeschöpf“ des Menschen, das seiner Obhut und Verantwortung anvertraut ist, und die Anerkennung eines bestehenden sittlichen Zusammenlebens von Mensch und Tier.

      Die umfangreichste Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde 1986 nach vier Jahren umfangreicher und langwieriger Beratungen vorgenommen, da wesentliche Probleme wie die industrielle Tierhaltung und die Durchführung von Tierversuchen in Deutschland nicht ausreichend in der Gesetzesfassung von 1972 berücksichtigt worden war. Auch 1998 wurden wesentliche Änderungen vorgenommen. Der notwendigen Sachkunde beim Halten, Züchten und Töten von Tieren, sowie bei Tierversuchen wurde eine größere Bedeutung zugemessen. Außerdem wurde die Kastration von Tieren unter bestimmten Bedingungen vom generellen Amputationsverbot ausgenommen z. B. zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung. Weiterhin wurde das Amputieren von Hunderuten bis auf wenige Ausnahmen verboten, nachdem dies für das Kupieren von Ohren bereits seit der Novellierung von 1986 galt.

      Alle weiteren Änderungen der Tierschutzgesetzes im Laufe seines Bestehens werden in den jeweiligen betroffenen Abschnitten angesprochen.

      Im oberen Relief des Codex Hammurabi ist dargestellt, wie der König Hammurabi (links stehend) die Herrschaftssymbole aus der Hand des Sonnengottes Shamasch empfängt, womit die göttliche Herkunft der Gesetze symbolisiert wird.

      Der Codex Hammurabi ist auf einem über zwei Meter hoher Dioritblock mit 8000 Wörtern niedergeschrieben. Das Original ist im Louvre in Paris zu sehen; eine Kopie ist im Pergamonmuseum in Berlin zu finden. Der Codex regelt in


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