Tierschutzrecht. Hansjoachim Hackbarth
Auch mehrere Personen oder juristische Personen können Tierhalter sein.
Kein Tierhalter ist dagegen der Tierhüter, der Viehverkaufskommissionär und der Tierarzt, dem das Tier zur Behandlung vorgeführt wird. Bei Tieren, die zugelaufen sind, ist Halter, wer die Sachherrschaft nicht nur vorübergehend übernimmt (also nicht, wer das Tier nur findet und es an den Eigentümer zurückgeben möchte).
Ein Tier muss eine Rechtsgutsverletzung verursacht haben. In Betracht kommt die Tötung eines Menschen, die Gesundheits- oder Körperverletzung eines Menschen oder eine Sachbeschädigung (Beispiele: Bisse eines Hundes, Treten eines Pferdes, Zerstörungen durch eine ausgebrochene Viehherde). Nicht darunter fällt aber z. B. das Stolpern und das daraus sich ergebende Stürzen über einen schlafenden Hund.
Die Schadensverursachung muss durch ein Tier erfolgt sein. Diese Voraussetzung liegt nach dem BGH vor, wenn durch die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens die hervorgerufene Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter der Schaden verwirklicht wurde, z. B. durch Scheuen, Ausschlagen und Beißen eines Tieres.2 Bei einer erheblichen Provokation eines Tieres seitens des Geschädigten scheidet eine Schadensersatzpflicht allerdings aus, da er den Schaden durch sein eigenes Verhalten herbeigeführt und damit verursacht hat. Ein Eigenverschulden wurde bejaht bei Verletzungen, die bei dem Versuch entstanden, in sich verbissene Hunde zu trennen. Ein Schadensersatzpflicht wegen eigenem Verschulden wurde auch abgelehnt bei zu großer Annäherung an einen Bienenstand oder Pferd in erkennbar problematischen Situationen.
Wurde der Schaden durch ein sog. Nutztier im Sinne des § 833 Satz 2 BGB verursacht, besteht die Möglichkeit einer Entlastung des Tierhalters.
Nutztiere sind Haustiere, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt sind. Darunter fallen somit zahme Tiere, die vom Menschen in seiner Wirtschaft zu seinem Nutzen gezogen und gehalten werden, wie z. B. Pferde, Maultiere, Esel, Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe und Geflügel.3 Nicht darunter fallen Tiere, die zu Versuchszwecken gehalten werden, Bienen (auf Grund der ungenügenden Verfügungsgewalt des Eigentümers) sowie das zu Liebhaberzwecken gehaltene Tier.
Eine Schadensersatzpflicht kommt nur dann in Betracht, wenn der Halter des Nutztiers die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat. Darunter versteht man, dass der Tierhalter mit dem möglichen Eintritt des Schadens gerechnet hat, aber entgegen seiner Sorgfalt darauf vertraute, dass der Schaden nicht eintreten werde4 oder der Handelnde den möglichen Eintritt des Schadens bei gehöriger Sorgfalt hätte voraussehen können. Wäre der Schaden auch bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eingetreten, scheidet eine Schadensersatzpflicht aus.
Diese fahrlässige Handlungsweise kommt vor allem bei der Auswahl der Tiere und der Auswahl des Personals in Betracht.
Beispiele :
Nichtanketten eines Wachhundes auf einem offenem Grundstück.
unkontrolliertes Entlaufen von Rindern bei bloßem Öffnen der Stalltür
Umherlaufen lassen eines ausgebrochenen Pferdes auf öffentlichen Straßen.
§ 834BGB (Haftung des Tieraufsehers)
Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zugefügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Gem. § 834 BGB besteht auch eine Haftung des Tieraufsehers. Tieraufseher ist, wem die Aufsichtsführung über ein Tier übertragen wurde, ohne eine Haltereigenschaft zu begründen. Dies beinhaltet wiederum die Übertragung der selbstständigen allgemeinen Gewalt und Aufsicht über das Tier. Tieraufseher sind z. B. der Hirte, der Transportbegleiter, der Viehkommissionär. Nicht darunter fallen Bedienstete, die nur auf Anweisung handeln, z. B. der angestellte Reitlehrer. Im übrigen müssen die Voraussetzungen des § 833 BGB vorliegen.
Der Umfang der Schadensersatzpflicht der §§ 833 und 834 bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Grundsätzlich soll der Schadensersatz die entstandenen Nachteile ausgleichen. Der Sachschaden ist grundsätzlich in Naturalrestitution zu ersetzen, ist dies nicht möglich oder unwirtschaftlich, ist der Wiederbeschaffungswert zu leisten. Bei menschlichen Körperverletzungen sind die Kosten der Heilbehandlung und Schmerzensgeld zu zahlen. Wurde ein anderes Tier verletzt, sind die angefallenen Tierarztkosten zu ersetzen. Nach der bisherigen Regelung hatte der Schadensersatzleistende nur bis zur Höhe des Marktwertes des Tieres, Schadensersatz zu leisten. Probleme bereitete dies bei Heim- bzw. Liebhabertieren, die keinen Marktwert haben, zu denen aber eine tiefe emotionale Verbindung besteht. § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB regelt seit 1990 nunmehr, dass Heilbehandlungskosten eines Tieres auch dann noch verhältnismäßig und damit erstattungsfähig sind, wenn sie den Wert des Tieres erheblich übersteigen. Diese Regelung gilt auch für Nutztiere. So wurden für ein Tier ohne Marktwert (z. B. einem Mischlingshund, Hauskatze) Behandlungskosten von ca. € 1.500,– als durchaus verhältnismäßig beurteilt. Bei der Bewertung zu berücksichtigen ist die Intensität der gefühlsmäßigen Bindung zwischen dem Tierhalter und dem Tier.
Schadensersatz gemäß § 823 BGB (Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung)
§ 823(Schadensersatzpflicht)
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Gemäß § 823 Abs. 1 BGB wird Schadensersatz gewährt, wenn ein in dieser Norm genanntes Rechtsgut- auch das Eigentumsrecht an einem Tier- widerrechtlich verletzt wurde. Beispielhaft zu nennen ist der Anspruch auf Schadensersatz bei der Vergiftung von Tieren mit tödlichem Ausgang5 oder im Falle der Kontaminierung durch pharmakologische Stoffe mit der Folge der zeitweisen Unverkäuflichkeit.6
Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB im Rahmen des Tierschutzes ist nicht denkbar, da das Tierschutzgesetz kein Schutzgesetz im Sinn dieser Norm ist. Als Schutzgesetze anerkannt sind die BienenschutzVO, das Futtermittelgesetz und das Tierseuchengesetz.
4.Wilde Tiere und Bienenschwärme (§§ 960–964 BGB)
§ 960 BGB ist eine Regelung bezüglich der Eigentumsverhältnisse an wilden Tieren.
Welche Tierarten genau unter darunter fallen, ist umstritten. Zusammenfassend wird man sagen können, dass Wildtiere im Sinne dieser Norm solche sind, die einer Wildtierart angehören, d. h. die nach der Verkehrsanschauung als wild im Sinne von wildlebend, herrenlos angesehen wird.
Das Gesetz behandelt Wildtiere als herrenlos, d. h. niemand hat ein Eigentumsrecht an ihnen.
Die §§ 961–964 BGB regeln die juristische Behandlung von Bienenschwärmen. Eine Sonderregelung war notwendig, da die Beherrschung von Bienen aus natürlichen Gründen weit unvollkommener ist als bei anderen Tieren. Bei Auszug eines Bienenschwarmes wird dieser herrenlos, wenn keine Verfolgung unverzüglich aufgenommen wird oder eine Verfolgung aufgegeben wird.
III.Tierschutz in der ZPO
In der Zivilprozessordnung wird die Stellung des Tieres nur im Bereich der Zwangsvollstreckung gesondert geregelt. Die Zwangsvollstreckung ist die mit den Machtmitteln des Staates erzwungene Befriedigung eines Anspruchs als Ergebnis eines erfolgreich geführten Zivilprozesses.7 Für den prozessualen Ablauf des der Zwangsvollstreckung vorhergehenden