Der kleine Ritter. Генрик Сенкевич

Der kleine Ritter - Генрик Сенкевич


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ich kehre mich nicht daran, besonders weil der Tadel nicht dich trifft, sondern mich …« sagte der kleine Ritter.

      Hier blickte Christine gen Himmel und wurde nachdenklich; endlich erwiderte sie:

      »Müssen wir durchaus den Menschen von unserem Bunde Kunde geben?«

      »Wie anders?«

      »Ihr reist doch in wenigen Tagen fort?«

      »Wenn auch ungern – ich muß!«

      »Und ich trage Trauerkleider für den verstorbenen Vater. Wozu den Leuten Gelegenheit zur Verwunderung geben? Mag es zwischen uns feststehen, und mögen die Menschen nicht eher etwas davon erfahren, als bis Ihr aus Reußen zurückkehrt. Nicht wahr?«

      »So soll ich auch der Schwester nichts sagen?«

      »Ich will es ihr selbst sagen, aber erst nach Eurer Abreise.«

      »Und Herr Sagloba?«

      »Herr Sagloba würde an mir Armen seinen Witz auslassen, sagen wir lieber nichts; auch Bärbchen würde mir zusetzen, und sie ist ohnehin in der letzten Zeit so merkwürdig und hat so veränderliche Launen wie nie zuvor. Lieber gar nichts sagen!«

      Hier hob Christine wieder ihre dunkelblauen Augen gen Himmel:

      »Gott ist unser Zeuge, und die Menschen brauchen es nicht zu wissen.«

      »Ich sehe, daß dein Verstand deiner Schönheit gleichkommt. Gut denn, Gott sei unser Zeuge – Amen! Lehne dich mit deinem Arm an mich, denn da das Versprechen feststeht, gestattet es auch die Sitte. Fürchte dich nicht; was ich gestern tat, könnte ich heut' nicht tun, selbst wenn ich es wollte, denn ich muß auf die Pferde acht haben.«

      Christine genügte dem Wunsche des Ritters, und dieser sagte weiter:

      »Immer, wenn wir allein sein werden, nenne mich mit dem Vornamen.«

      »Es wird mir schwer,« antwortete sie lächelnd, »ich werde den Mut nicht haben.«

      »Und ich habe den Mut gehabt.«

      »Ja, Ihr seid ein Ritter, Ihr seid tapfer, Ihr seid ein Soldat …«

      »Christinchen, meine liebe, liebe …«

      »Mich …«

      Aber Christine wagte nicht, das Wort zu beenden, und bedeckte ihr Gesicht mit dem Ärmel. Nach einiger Zeit wendete Michael den Schlitten, um heimzufahren; sie sprachen nicht mehr viel unterwegs, nur beim Umwenden sagte der kleine Ritter noch:

      »Und gestern … weißt du? Warst du sehr betrübt?«

      »Verschämt und betrübt, aber … ein seltsames Gefühl,« fügte sie leiser hinzu.

      Und bald machten sie gleichgültige Gesichter, damit niemand erkenne, was zwischen ihnen vorgegangen.

      Aber diese Vorsicht war überflüssig, es achtete niemand ihrer.

      Sagloba und die Frau Truchseß waren zwar in den Flur hinausgelaufen, den beiden Paaren entgegen, aber ihre Augen waren nur auf Bärbchen und Nowowiejski gerichtet.

      Bärbchen war hochgerötet – ob vor Kälte oder vor Rührung, konnte niemand sagen – und Nowowiejski war verstimmt. Er nahm auch gleich im Flur Abschied von der Frau Truchseß; vergeblich redete sie ihm zu, dazubleiben, auch Wolodyjowski, der bei vortrefflicher Laune war, bat ihn, zum Abendbrot zu bleiben, er entschuldigte sich mit Dienstpflicht und fuhr davon.

      Da küßte die Frau Truchseß, ohne ein Wort zu sprechen, Bärbchen auf die Stirn – sie aber eilte in ihr Zimmer und kehrte vor dem Abendbrot nicht zurück.

      Erst am anderen Tage fragte sie Sagloba, da er sie allein abgefaßt hatte:

      »Nun, was, kleiner Heiduck, Nowowiejski sah ja aus, als hätte ihn der Blitz getroffen?«

      »Aha,« antwortete sie und nickte mit dem Kopfe und blinzelte mit den Augen.

      »Sag' mir doch, was du ihm gesagt hast!«

      »Die Frage war schnell, denn er ist entschlossen; aber die Antwort war auch schnell, denn auch ich bin entschlossen: Nein!«

      »Ausgezeichnet, laß dich umarmen! Und er, ließ er sich kurz abweisen?«

      »Er fragte, ob er nicht mit der Zeit bei mir gewinnen könne! Es war mir leid um ihn – aber nein, nein, daraus kann nichts werden!«

      Bärbchen bewegte die Nasenflügel lebhaft und schüttelte ihr Stirnhaar traurig und nachdenklich.

      »Sage mir doch deine Gründe!« sagte Sagloba.

      »Das wollte auch er wissen, aber vergeblich; ihm habe ich's nicht gesagt, und ich sage es niemand.«

      »Und vielleicht,« sagte Sagloba, indem er ihr scharf in die Augen sah, »vielleicht trägst du im Herzen eine verborgene Liebe, he?«

      »Nichts da!« rief Bärbchen.

      Sie sprang von ihrem Platze auf und begann eilig, als ob sie eine Verwirrung verbergen wollte, zu wiederholen:

      »Ich mag Herrn Nowowiejski nicht, ich mag ihn nicht, ich mag niemand; warum quälen sie mich, warum quälen sie mich alle?«

      Und sie brach plötzlich in Tränen aus.

      Sagloba tröstete sie, so gut er konnte, aber sie war den ganzen Tag traurig und mürrisch.

      »Michael,« sagte Sagloba bei Tische, »du gehst fort, inzwischen kommt Ketling zurück, und er ist ein Frauenliebling seltener Art. Ich weiß nicht, wie die Mädchen mit ihm fertig werden, aber ich denke, wenn du wiederkommst, findest du beide verliebt.«

      »Gut für uns,« antwortete Wolodyjowski, »wir geben ihm sogleich Fräulein Bärbchen.«

      Bärbchen heftete ihre Luchsaugen auf ihn und erwiderte:

      »Und warum seid Ihr um Christine weniger besorgt?«

      Der kleine Ritter war sehr verwirrt und antwortete:

      »Ihr kennt Ketlings Macht noch nicht, aber Ihr werdet sie erfahren.«

      »Und warum soll sie Christine nicht erfahren? Ich bin's ja nicht, die da singt:

      O glaubet, Ihr Ritter,

      Wohl gehet in Splitter

      Auch Panzer und Stahl,

      Durch Eisen und Schilde

      Trifft Amor der Wilde,

      Ins Herz – ohne Wahl!«

      Nun war Christine ihrerseits verwirrt, und der kleine Kobold sprach weiter:

      »Schließlich bitte ich Herrn Nowowiejski, mir seinen Schild zu leihen; aber wenn Ihr abreiset, weiß ich nicht, womit sich Christine verteidigen wird, wenn es an sie herantritt.«

      Wolodyjowski hatte sich wiedergefunden; er antwortete in etwas strengem Tone:

      »Vielleicht findet auch sie etwas zu ihrer Verteidigung, und nichts Schlechteres als Ihr.«

      »Und wie das?«

      »Sie ist weniger leicht, sie hat mehr Stetigkeit und Überlegung …«

      Sagloba und die Frau Truchseß glaubten, der trotzköpfige kleine Heiduck werde gleich den Kampf aufnehmen; aber zu ihrem großen Erstaunen ließ sie den Kopf sinken und sagte erst nach einer Weile mit ruhiger Stimme:

      »Wenn Ihr mir zürnt, so bitte ich Euch und Christine um Verzeihung …«

      6. Kapitel

      Michael hatte die Erlaubnis, seinen Weg zu wählen, wie er wollte; er ging nach Tschenstochau an Ännchens Grab. Nachdem er hier den Rest seiner Tränen ausgeweint, zog er weiter, und unter dem Eindruck der frischen Erinnerungen kam ihm in den Sinn, daß diese geheimnisvolle Verlobung mit Christine doch vielleicht verfrüht war. Er empfand, daß Leid und Trauer etwas Heiliges, Unantastbares in sich hätten, was man in Frieden lassen müsse, bis es sich von selbst löst wie der Nebel, der gen Himmel steigt, und der in den unendlichen Räumen des Äthers verschwindet. Andere zwar, die Witwer geworden, heirateten einen oder zwei Monate später; – aber diese hatten nicht bei den Kamaldulensern begonnen, es hatte sie auch


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