Gesammelte Gedichte (851 Titel in einem Buch). Christian Morgenstern

Gesammelte Gedichte (851 Titel in einem Buch) - Christian  Morgenstern


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uns beide – tropf – tropf – tropf –

      traut eintönig Rauschen ...

      Auf dem Schirmdach – klopf – klopf – klopf ...

      Und wir lauschen ... lauschen ...

      Wunderwürzig kommt ein Duft

      durch den Wald geflogen;

      Häschen schnubbert in die Luft,

      fühlt sich fortgezogen;

      schiebt gemächlich seitwärts, macht

      Männchen aller Ecken ...

      Herzlich hab ich aufgelacht –:

      Ei! der wilde Schrecken!

      Mittag-Stille

       Inhaltsverzeichnis

      In der blauen Mittag-Stille

      stehn die Föhren ohne Regung;

      hält des Windes wilder Wille

      einmal nicht sie in Bewegung?

      Wie sie dem Gebieter grollen,

      der sie Tag und Nacht ohn' Ende

      zwingt, Gehorsam ihm zu zollen,

      Flüsterlob und Wohlduft-Spende!

      Und sie rühren keine Nadel,

      träumen stumm ins blaue Schweigen;

      selber ihren Groll und Tadel

      haben sie nicht Lust zu zeigen;

      kurzes Spechtgeklopf umlärmt sie,

      Brummvolk summt nach süßem Lohne,

      tiefes Wohlgefühl durchwärmt sie

      von der Wurzel bis zur Krone.

      Sommernacht im Hochwald

       Inhaltsverzeichnis

      Im Hochwald sonngesegnet

      hats lange nicht geregnet.

      Doch schaffen sich die Bäume

      dort ihre Regenträume.

      Die Espen und die Erlen –

      sie prickeln und sie perlen.

      Das ist ein Sprühn und Klopfen

      als wie von tausend Tropfen.

      Die Lärchen und die Birken –

      sie fühlen flugs es wirken.

      Die Fichten und die Föhren –

      sie lassen sich betören!

      Der Wind weht kühl und leise.

      Die Sterne stehn im Kreise.

      Die Espen und die Erlen:

      sie schaudern tausend Perlen ...

      Mattenrast

       Inhaltsverzeichnis

      Wiese, laß mich ganz in dein

      Wohlgefühl versinken,

      dein legionenfältig Sein

      als mein eignes trinken.

      Deine breite Sonnenbrust

      laß die meine werden,

      meine Lust die feine Lust

      deiner Gräserherden.

      Mächtig schwelle mein Gesang

      dann aus solchem Grunde,

      künde Glückesüberschwang

      höchster Sommerstunde.

      Bergziegen

       Inhaltsverzeichnis

      Vor dem Abendhimmel gehen

      längs der Felsen schärfsten Kanten

      ein – (da bin ich schon gesehen!)

      Bock und seine Geißtrabanten.

      Und nun spähen sie herunter,

      stehen, wie aus Stein geschnitten ...

      Aber blitzschnell sind sie munter,

      bin ich meines Wegs geschritten!

      Und in weiten Sätzen eilt die

      Herde, mich ins Dorf zu bringen;

      blick ich rückwärts, so verweilt sie,

      schreit' ich, hör ichs wieder springen.

      Endlich sprech ich Donnerstrophen,

      wende mich an ihre Bärte:

      Laßt des Philosophen Fährte!

      Seid doch selber Philosophen.

      Feierlich und fragend schauen

      lang wir einer auf den andern ...

      Und mit hochgezognen Brauen

      lassen sie mich schließlich wandern.

      Der alte Steinbruch

       Inhaltsverzeichnis

      Tief im Walde, tief im Walde

      bildet, fern der Wege Reich,

      eines Bruchs verlaßne Halde

      einen kleinen, stillen Teich.

      Moosbewachsne Blöcke ragen

      aus der seichten Regenflut,

      Falter und Libellen jagen

      über bunter Lurche Brut.

      Aber wenn im Abendbrande

      hinterm Wald die Glut verraucht,

      stößt und rudert es vom Rande,

      kriecht und klettert, plumpst und taucht.

      Und der Unken Urgroßahne

      – niemand weiß, wann Gott ihn schuf –

      ruft, daß er sein Weibchen mahne,

      seinen dunklen Werberuf.

      Daß das Froschgeschlecht nicht sterbe,

      bleibt zuletzt nicht Einer still:

      Denn der Tümpel ist ein Erbe,

      das getreu gewahrt sein will.

      Liebeskranke Grunzer fliehen

      der bewegten Weibchen Schlund;

      immer kühnre Harmonien

      füllen den dämmertrauten Grund.

      Bis des Mondes Goldhorn endlich

      neuen Schimmers alles speist:

      Nun erwahrt sich unabwendlich

      trunkner Nächstenliebe Geist ...

      Tief im Walde, tief im Walde

      schwärmt


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