Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Deine Ehefrau reizte mich.

      Dagny leise und flehend. Schwester, wenn Du mich je liebtest, so wecke keinen Streit!

      Hjördis lachend. Beim Trinkgelage muß man Spaß verstehen, wenn die Fröhlichkeit gedeihen soll.

      Gunnar, der leise mit Thorolf gesprochen. Du bist ein braver Bursche! Reicht ihm ein Schwert, das am Hochsitze hängt. Da, Thorolf, da hast Du eine gute Gabe! Mach' guten Gebrauch davon und laß uns Freunde sein!

      Hjördis. Du solltest Deine Waffen nicht verschenken, Gunnar. Die Leute könnten sonst sagen, Du trenntest Dich nur von Dingen, die Du selbst nicht zu brauchen weißt.

      Thorolf, der inzwischen das Schwert geprüft. Dank für die Gabe, Gunnar! In unrühmlichem Handel soll dieses Schwert nie geschwungen werden!

      Hjördis. Willst Du das Gelübde halten, so leihe das Schwert niemals Deinen Brüdern!

      Gunnar. Hjördis!

      Hjördis fährt fort. Hänge es auch nicht an Deines Vaters Wand, sonst hängt es bei den Waffen eines unwürdigen Mannes.

      Thorolf. Wohl wahr, Hjördis – Deines Vaters Axt und Schild hängen dort seit manchen Jahren.

      Hjördis bezwingt sich.. Daß Oernulf meinen Vater erschlug, – diese Tat führst Du beständig im Munde; aber spricht das Gerücht wahr, so ist die Tat weniger ehrenvoll, als Du denkst.

      Thorolf. Und was sagt das Gerücht?

      Hjördis lächelnd. Ich darf es nicht künden; Du würdest aufbegehren.

      Thorolf. So schweig – das seh' ich lieber! Kehrt ihr den Rücken.

      Hjördis. Nun, ich kann es ja auch sagen. Ist es wahr, Thorolf, daß Dein Vater in Weiberkleidung drei Nächte bei der Hexe in Smalserhorn saß und Zaubertränke kochte, bevor er wagte, zum Zweikampf mit Jökul auszuziehen? Alle erheben sich, große Bewegung unter den Gästen.

      Gunnar, Sigurd und Dagny. Hjördis!

      Thorolf in der höchsten Erbitterung. Solch eine schändliche Lüge über Oernulf von den Fjorden hast Du nicht gehört, Du hast sie selbst erdichtet, und wer auf so etwas verfällt, muß giftig sein wie Du! Die schimpflichste Tat, die ein Mann begehen kann, hast Du meinem Vater nachgesagt. Wirft das Schwert weg. Da, Gunnar, da hast Du sie wieder, Deine Gabe! Aus dem Hause, wo mein Vater verhöhnt wurde, nehm' ich kein Geschenk mit!

      Gunnar. Thorolf, so hör' doch!

      Thorolf. Laß mich fort! Doch hütet Euch Ihr beiden. Du wie Hjördis! Denn in diesem Augenblicke hat mein Vater den in seiner Gewalt, der Euch das Teuerste ist auf Erden.

      Hjördis stutzt. Dein Vater hat –

      Gunnar fährt auf. Was sagst Du?

      Sigurd heftig. Wo ist Oernulf?

      Thorolf mit Hohnlachen. Südwärts – mit meinen Brüdern!

      Gunnar. Südwärts!

      Hjördis in heftiger Leidenschaft. Gunnar! Oernulf hat unseren Sohn ermordet!

      Gunnar. Ermordet! Egil ermordet! Dann wehe Oernulf und seinem ganzen Hause! Thorolf – ist es wahr?

      Sigurd. Gunnar, Gunnar – hör' mich an!

      Gunnar. Antworte, wenn Dir Dein Leben lieb ist!

      Thorolf. Du schreckst mich nicht! Wart' nur, bis mein Vater kommt. Rache dräuend dringt er in Gunnars Hof! Und Du, Hjördis, freue Dich der Worte, die ich heut vernahm: »Noch eh' es dunkelt, werden Gunnar und sein Weib sich keines Sprossen mehr zu rühmen haben!«

      Ab durch die Mitte.

      Gunnar im tiefsten Schmerz. Ermordet – ermordet! Mein Egil ermordet!

      Hjördis wild. Und Du läßt Thorolf ziehen! Läßt Egil, Deinen Sohn, ungerächt? Ein Schurke sollst Du sein vor jedermann, wofern –

      Gunnar ganz außer sich. Ein Schwert, – eine Axt! – Das war seine letzte Botschaft! Entreißt einem der Umstehenden die Axt und eilt hinaus.

      Sigurd will ihm folgen. Gunnar, zügle Dich!

      Hjördis hält Sigurd zurück. Bleib, bleib! Die Männer werden sie trennen – ich kenne Gunnar. Man hört einen Schreckensruf aus der Menge, die am Ausgang sich schart.

      Sigurd und Dagny. Was war das?

      Eine Stimme aus der Menge. Thorolf fiel!

      Sigurd. Thorolf! Ha, laßt mich!

      Dagny. Mein Bruder! O mein Bruder!

      Sigurd will hinaus, im selben Augenblick aber teilt sich die Menge, Gunnar tritt ein und wirft an der Tür die Axt zu Boden.

      Gunnar. Es ist geschehen! Egil ist gerächt!

      Sigurd. Wohl Dir, wenn Du nicht zu rasch gewesen mit der Tat!

      Gunnar, Kann sein, kann sein! Doch Egil – Egil, mein holder Junge!

      Hjördis. Wappnen müssen wir uns jetzt und Hilfe bei unsern Freunden suchen; denn Thorolf hat viele Rächer.

      Gunnar finster. Er selbst wird sein schrecklichster Rächer sein; Tag und Nacht wird er mir vor Augen stehen.

      Hjördis. Thorolf bekam seinen Lohn. Für der Sippe Tat muß die Sippe büßen.

      Gunnar. Wohl wahr. Aber das weiß ich: vor dem Mord war mir froher zu Mut.

      Hjördis. Die Blutnacht ist stets die ärgste – ist sie vorüber, dann wird es besser. Mit schändlicher List hat Oernulf der Rache gefröhnt. In offnem Kampf wollte er sich uns nicht stellen; er tat, als sei er versöhnlich gestimmt, und fiel so über unser wehrloses Kind her! Ha, ich sah schärfer als Ihr. Mir ahnte, daß Oernulf schlimm und arglistig sei! Wohl hatt' ich Grund, Dich aufzustacheln gegen ihn und sein ganzes falsches Geschlecht!

      Gunnar erregt. Du hattest recht. Gering ist meine Rache im Vergleich zu Oernulfs Missetat. Er verlor Thorolf, aber er hat doch sechs Söhne noch. Ich hingegen habe keinen – keinen mehr!

      Ein Knecht kommt eilig aus dem Hintergrunde her. Oernulf von den Fjorden naht!

      Gunnar. Oernulf!

      Hjördis und einige Männer. Zu den Waffen! Zu den Waffen!

      Dagny zu gleicher Zeit. Mein Vater!

      Sigurd wie von einer Ahnung erfaßt. Oernulf? – Ha, Gunnar, Gunnar!

      Gunnar zieht das Schwert. Auf, Ihr Mannen! Rache über Egils Mörder!

      Oernulf tritt ein, mit Egil auf dem Arm.

      Gunnar aufschreiend. Egil!

      Oernulf. Da habt Ihr klein Egil wieder.

      Alle durcheinander. Egil – Egil lebt!

      Gunnar läßt das Schwert sinken. Weh' mir! Was hab' ich getan!

      Dagny. O Thorolf, mein Bruder!

      Sigurd. Ich dacht' es wohl!

      Oernulf setzt Egil nieder. Da , Gunnar, hast Du Deinen wackern Jungen!

      Egil. Vater! Der alte Oernulf wollte mir ja nichts zu Leide tun, wie Du mir sagtest, als ich fortkam.

      Oernulf zu Hjördis. Buße hab' ich gezahlt für Deines Vaters Tod! Jetzt können wir uns wohl versöhnen.

      Hjördis mit unterdrückter Bewegung. Vielleicht!

      Gunnar wie aus dem Schlaf erwachend. Hat mich ein häßlicher Traum verwirrt? Du – Du bringst Egil!

      Oernulf. Wie Du siehst. Doch wisse, er war dem Tode nahe.

      Gunnar. Ich weiß es.

      Oernulf. Und Du freust Dich nicht mehr über seine Wiederkehr?

      Gunnar. War' er früher gekommen, ich würde mich mehr gefreut haben. – Doch sag' mir alles, was geschehen!

      Oernulf. Das ist bald


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