Pieter Maritz, der Buernsohn von Transvaal. August Niemann

Pieter Maritz, der Buernsohn von Transvaal - August  Niemann


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Jäger schien zuzunehmen, von zwei Seiten kamen sie mit hoch geschwungenen Assagaien daher, und in wenigen Minuten konnten sie den Sieg errungen haben.

      Da zog Pieter Maritz, dessen Gesicht vor Eifer glühte, mit einem plötzlichen Entschluß die Zügel an. Die Entfernung war weit, aber er kannte die Tragweite seines Martini-Henry. Das Pferd schien zu verstehen, es stand still, als wäre es von Erz gegossen. Pieter Maritz zog das Gewehr an die Backe, ein Knall und noch ein Knall — er jauchzte laut: beide Antilopen flogen in hohem Satze empor und stürzten zu Boden.

       Heimliche Flucht

       Inhaltsverzeichnis

      »Mein junger Freund hat ein sicheres Auge und eine ruhige Hand,« sagte Humbati, als die drei Jäger sich bei dem erlegten Wilde zusammenfanden. Er lehnte sich auf seinen Wurfspieß, dessen stumpfes Ende er auf den Boden gestemmt hatte, und betrachtete Pieter Maritz mit einem Blick, aus welchem Bewunderung sprach, während ein höfliches Lächeln um seinen Mund spielte.

      Der Knabe blieb auf dem Pferde sitzen und beugte sich hinab, um die Antilopen zu betrachten. Jager senkte den Kopf und beroch gleich einem Jagdhund die Beute.

      »Das Gewehr der weißen Männer trägt weiter als der Assagai und der Pfeil,« fuhr Humbati fort. »Gewiß aber giebt es nicht viele Männer unter den Buern, die so gut schießen wie mein junger Freund.«

      »Ich bin nur ein Knabe,« entgegnete Pieter Maritz, »und ich hoffe, noch schießen zu lernen, wie die Buern schießen.«

      Humbati schwieg eine kleine Weile und fing dann von neuem an. »Es giebt sehr viele Buern. Ihre Zahl ist groß, und viele wohnen in ihren Wagen und Zelten, viele aber auch in großen Häusern, welche immer auf derselben Stelle bleiben. Doch der englischen Krieger giebt es noch mehr, und sie werden die Buern zu ihren Sklaven machen.«

      Ein Zornblitz schoß aus des Knaben Augen hervor, und er erwiderte heftig: »Das wird niemals geschehen, solange noch ein Buer lebt, der das Gewehr tragen kann.«

      »Mein junger Freund hat recht,« sagte Humbati. »Edle Männer sterben lieber, als daß sie unter den Armen leben und am Festmahl der Vornehmen keinen Anteil haben. Der große König Tschetschwajo liebt die Buern, denn er weiß, daß sie Krieger sind. Wenn die Buern dem mächtigen König helfen wollten gegen die Engländer, so würden sie ihm gegen ihren eigenen Feind helfen. Humbati und Molihabantschi möchten dies den weisen Männern unter den Buern sagen, aber die Buern wollten die Gesandten des Königs tot schießen. Mein junger Freund ist sehr weise, obwohl er an Jahren noch jung ist. Er kann Humbati und Molihabantschi einen guten Rat geben, wie sie es machen sollen, um die Buern der Freundschaft Tschetschwajos zu versichern.«

      Mit überlegender Klugheit hatte der Zulu zu seiner Rede einen Augenblick gewählt, wo der Knabe in stolzer, freudiger Erregung war. Und beinahe wäre Pieter Maritz darauf eingegangen, dem Gesandten wirklich einen Rat zu geben oder ihm behilflich zu sein. Aber noch zu rechter Zeit entsann er sich der eigenen Unerfahrenheit und des Auftrags, den er von Baas van der Goot erhalten hatte.

      »Sind es die jungen Knaben unter den Zulus, welche den Führern Rat erteilen?« fragte er lächelnd.

      Humbati wandte sich zur Seite und wechselte einen Blick des Verständnisses mit Molihabantschi. Er wunderte sich über die Antwort, und sein Freund teilte dies Gefühl.

      »Ich kann euch beiden nur einen Rat geben,« fuhr Pieter Maritz fort. »Das ist, ruhig eure Straße zu ziehen, bis ihr an die Grenze eures Landes kommt. Denn wir Buern trauen euch nicht, weil Tschetschwajo oft in unser Land eingebrochen ist und durch seine Heere Vieh hat forttreiben und die Dörfer verbrennen lassen.«

      Die Zulus tauschten wieder einen Blick miteinander aus, aber sie antworteten nichts weiter, sondern machten sich an die Arbeit, das Wild zu zerlegen, wobei sie sich der scharfen Klingen ihrer Assagaispitzen bedienten. Zuerst öffneten sie den Tieren den Leib, nahmen mit großer Geschicklichkeit die Gedärme heraus und tranken nach ihrer wilden Art das Blut, welches sich in der Bauchhöhle sammelte, während das Herz noch in seinen letzten Pulsen schlug. Dann lösten sie den Rücken der Tiere heraus, schnitten die Hinterschenkel ab und luden diese Stücke, wohl eingewickelt in breite Blätter, um sie vor der Sonne zu schützen, auf ihre Schultern. Das übrige ließen sie liegen. Dann traten alle drei den Rückweg nach der Lagerstelle an.

      Hier hatten die Diener inzwischen nach mehrstündiger Arbeit wieder Ordnung geschaffen. Sie hatten die Zugochsen nach langem Suchen und Jagen wieder zusammengetrieben, wobei ihnen der Instinkt der Tiere zu Hilfe gekommen war. Denn diese hatten sich nicht allzu weit entfernt, sondern waren, nachdem das Gebrüll der Löwen verstummt war, auf weichen Grasplätzen innerhalb des Dickichts am Flusse geblieben. Doch fehlten zwei der Ochsen, welche trotz aller Mühe nicht hatten aufgefunden werden können, und es war allen wahrscheinlich, daß sie von den Hyänen zerrissen worden seien. Beide Ochsen gehörten zum Zuge des Smauses Abraham ten Winkel, und der unglückliche Mann, der schon so viel Widerwärtigkeiten innerhalb der letzten Tage erlitten hatte, konnte sich über diesen neuen Verlust nur schwer trösten.

      Als die Jäger mit dem Wildbret erschienen, wurden Vorkehrungen zu einer gemeinsamen Mahlzeit getroffen, welche Frühstück und Mittagessen in sich vereinigen sollte. Denn die Sonne stand schon hoch am Himmel, die gewöhnliche Einteilung der Zeit konnte heute nicht inne gehalten werden, und der größere Teil der heutigen Weiterfahrt mußte auf den Nachmittag und Abend verlegt werden. Nun wurden Kessel über Feuerlöchern angesetzt und Kaffee und Mais gekocht, dazu eiserne Gabeln in den Boden gestoßen, über denen Spieße mit Antilopenbraten sich drehten. Nur die Zulukrieger verschmähten das über dem Feuer gebratene Fleisch und bereiteten es sich in ihrer eigenen Weise zu. Sie legten einen Antilopenrücken ohne Salz einfach in die Kohlen hinein und drehten ihn im Feuer mit einem Stabe um, wenn er gar zu arg zu verbrennen drohte. Nach einer Weile zogen sie dann den Rücken heraus, rissen das mürbe Gewordene mit den Fingern ringsum ab, verschlangen es und warfen den noch rohen Teil von neuem in die Kohlen. Das wiederholten sie mehreremale, bis sie alles bis auf den Knochen abgenagt hatten.

       Nach der Mahlzeit trennte sich die Gesellschaft. Der Jude zog gen Norden, betrübt über die Verluste, die er an dieser Stelle erlitten hatte, der Missionar mit seiner Begleitung wandte sich nach Südosten. Der Wagen dieses letztern Zuges war um eine stattliche Beute bereichert worden: die Felle der beiden gewaltigen Löwen, welche die Zulus mit geübter Hand abgehäutet hatten. Um nicht dasselbe Schicksal zu erleiden, das den roten Wagen des Juden betroffen hatte, ward die Furt genau untersucht. Denn die Flut hatte sich nur wenig verringert, so daß das Wasser nur wenige Handbreit niedriger stand als am vergangenen Tage. Die Zulus gingen daher zuerst in den Fluß und erprobten dessen Tiefe und Gangbarkeit. Sie fanden eine Stelle etwas oberhalb des Punktes, wo der Wagen des Smauses umgestürzt war, weil ein Rad über einen allzu hohen Stein wegging. Hier war der Boden eben, und das Wasser ging an den tiefsten Punkten den Zulus nur bis an die Mitte der Brust. Der Zug der Ochsen ward hierher geführt und quer hindurchgeleitet, und das Überschreiten der Furt lief glücklich ab. Zwar kamen die Ochsen so tief hinein, daß sie zuweilen schwimmen mußten und daß nur noch ihre Köpfe mit den langen Hörnern und dem dicken Jochholz oberhalb des Wasserspiegels zu sehen waren, aber der Zug war so lang, daß der größere Teil der Tiere immer gehen konnte. Als die Hinterochsen noch schwammen, wandelten die vordersten Paare schon jenseits auf dem Ufer, und so wurde kein Paar seitwärts getrieben, obwohl der Fluß ziemlich reißend strömte. Pieter Maritz schloß den Zug auf Jagers Rücken. Es machte ihm wenig aus, daß seine Stiefel und ledernen Beinkleider naß wurden, denn sie waren von der Jagd her noch nicht wieder ganz trocken. Aber bald sollten sie trocknen. Das jenseitige Ufer war kahl und sandig, der Weg auf eine unabsehbare Entfernung hin ohne Baum und Strauch und die Sonne von einer ungewöhnlichen Glut. Sie stand zur rechten Hand des Zuges ganz hoch am Himmel, und ihre Scheibe erschien durch die erhitzte Luft über der Erde in


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