PROJEKT GALILEI. Stefan Bouxsein

PROJEKT GALILEI - Stefan Bouxsein


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Natürlich bin ich zuständig.«

      »Ich kann Ihnen dazu aber nichts sagen. Haben Sie noch weitere Fragen? Ich muss heute noch einiges erledigen und habe nicht mehr viel Zeit.«

      »Hatten Sie jemals Kontakt zum GID, Samira?«

      Samira zögerte mit einer Antwort. »Ja, aber das hat nichts mit Naylas Ermordung zu tun. Ich wurde mal befragt. Damals war ich vierzehn Jahre alt.«

      »Darf ich fragen, worüber Sie vom GID befragt wurden?«

      »Über einen Mann. Er lebte damals in meiner Nachbarschaft.«

      »Sie stammen aus einem palästinensischen Flüchtlingslager?«

      »Ich bin dort aufgewachsen.«

      »Und als Sie vierzehn Jahre alt waren, haben Sie es verlassen?«

      »Das haben Sie gut erraten. Aber ja, so war es. Ich bekam die Möglichkeit, eine bessere Schule in Amman zu besuchen. Dort habe ich übrigens Nayla kennen gelernt. Unsere Wege haben sich später getrennt. Wir haben uns aber bald darauf in Deutschland wieder getroffen, als Studentinnen.« Samira stand auf und deutete an, dass sie das Gespräch jetzt nicht weiter fortführen würde. Lena verabschiedete sich und überreichte Samira ihre Karte.

      »Sie können mich jederzeit anrufen.«

      »Manchmal ist es schwer zu unterscheiden, wer Freund und wer Feind ist«, sinnierte Samira und öffnete die Wohnungstür. »Denken Sie daran, wenn Sie den Fall aufklären wollen.«

      Lena stand schon im Treppenhaus. »Wie meinen Sie das?«

      »So wie ich es sage. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Auf Wiedersehen.« Samira schloss die Tür.

      6

      Siebels hatte sich am Flughafen von Sabine und Denis verabschiedet. Etwas wehmütig schaute er ihnen hinterher, als sie im Sicherheitsbereich aus seinem Sichtfeld verschwanden. Er machte sich auf den Weg zu seinem Treffen mit Till. Vom Terminal 1 aus gelangte man über eine Fußgängerbrücke direkt zum Hilton. Siebels traf seinen ehemaligen Kollegen in der Executive Lounge, wo Gäste des Hauses in familiärer Atmosphäre ein Frühstück, Snacks oder Erfrischungsgetränke zu sich nehmen konnten. Till saß bereits auf einer der gepolsterten Sitzgruppen und trank einen Kaffee.

      »Setz dich, Siebels. Hast du schon gefrühstückt?«

      »Ja. Aber wenn ich dran denke, wie du mir früher immer ein belegtes Brötchen aus der Polizeikantine mitgebracht hast, und jetzt sehe, wie du als gestandener LKA-Kommissar zu speisen pflegst, bekomme ich wieder richtig Hunger.« Siebels grinste und ließ sich in einem Sessel nieder.

      »Die Badewannen in den Suiten hier sind auch nicht schlecht«, erwiderte Till ungerührt.

      »Das glaube ich dir aufs Wort. Aber von einem Bad mit dir möchte ich doch lieber Abstand nehmen.«

      »Dann erzähle ich dir besser auch nichts von dem tollen Bett in der Suite. Leider komme ich kaum dazu, es auch mal zu benutzen.«

      Ein Kellner kam vorbei und Siebels orderte ein kleines Frühstück auf Kosten des LKA. »War dir das Bett im Jumeirah nicht mehr gut genug oder warum residierst du jetzt hier?«

      »Die Karawane ist weitergezogen. Ich habe mich nur angeschlossen.«

      »Die Karawane?«

      »Nachdem wir die tote Frau im Jumeirah gefunden haben, hat sich unser Mann entschlossen, das Hotel zu wechseln.«

      »Euer Mann?«

      »Gerold Haferstein. Eine zwielichtige Figur im internationalen Waffenhandel. Wir hatten einen Hinweis, dass er sich im Jumeirah mit einem Kontaktmann treffen wollte. Hassani Aziz. Er ist gebürtiger Marokkaner und hat gute Verbindungen im Nahen Osten. Nach Informationen von ausländischen Geheimdiensten steht er auch mit verschiedenen Terrororganisationen in Kontakt. Wir haben Haferstein rund um die Uhr beschattet und abgehört. Gestern Abend sollte das Treffen mit Hassani Aziz stattfinden. Aber dann kam alles anders. Und plötzlich bist auch noch du auf der Bildfläche erschienen. Wie mischst du hier mit, Siebels?«

      Der Kellner servierte Siebels Kaffee und Croissants. »Na ja, ich mache halt meinen Job. Ich bin privater Ermittler, wenn du dich erinnern kannst?« Siebels lächelte vergnügt und biss in das Schinken-Käse-Croissant. »Wie viele Leute vom LKA sind an der Aktion beteiligt?«

      »Momentan sind wir nur noch zu dritt. Der Rest vom Team wurde gestern abgezogen. Eigentlich war die ganze Aktion nur bis gestern Abend geplant. Jetzt müssen wir improvisieren. Diese Observation unterliegt übrigens strengster Geheimhaltung. Deswegen hat dieses Treffen zwischen uns beiden auch nie stattgefunden.«

      »Ich habe meinen Auftrag auch nur erhalten, nachdem ich eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben habe. Gut, dass dieses Treffen hier gar nicht stattfindet.«

      »Ach, Siebels, du weißt gar nicht, wie sehr ich die Unterhaltungen mit dir vermisst habe.«

      »Doch, doch, das weiß ich. Mir geht es genauso. Warum schielst du eigentlich ständig so angestrengt an mir vorbei?«

      »Zwei Sitzgruppen hinter dir sitzen zwei Herren und trinken gemütlich Kaffee. Die sind uns gestern im Jumeirah aufgefallen, als Haferstein abgereist ist. Während ich mich mit meinem Team an Haferstein drangehängt habe, haben die es nicht sonderlich eilig gehabt. Die kamen dann ungefähr eine Stunde nach mir hier an.«

      »Die gehören also auch zur Karawane?«

      »Sieht ganz so aus, ja. Und wahrscheinlich schielen sie angestrengt zu uns herüber. Du solltest also auf dich aufpassen.«

      »Ja, das hat Sabine auch zu mir gesagt. Und die hat ein gutes Näschen dafür, wenn ich mich in brenzlige Situationen begebe. Deswegen hat sie auch Denis geschnappt und sitzt mit ihm jetzt im Flieger nach Stockholm.«

      »Du bist also wild entschlossen, hier mitzumischen?«

      »Nur wegen dir, mein Lieber. Nur wegen dir. Sagt dir der Name Richard etwas?«

      »Richard? Nö. Wer ist Richard?«

      »Angeblich ein LKA-Mann. Er wollte etwas von Nayla. Sie schien über irgendwelche Informationen verfügt zu haben. Vielleicht war sie auch im Besitz von brisantem Material. Ich gehe davon aus, dass sie das von einem ihrer Kunden anvertraut bekam.«

      »Weißt du, wer alles zu ihren Kunden gehörte?«

      »Nein, leider nicht. Mein Auftrag lautet auch nicht, den Tod von Nayla aufzuklären, sondern diesen Richard vom LKA zu identifizieren. Du weißt also nicht, was es mit diesem Mann auf sich haben könnte?«

      Till dachte einen Moment nach. »Nein, wirklich nicht. Ich kenne keinen Richard. Ist deine Auftraggeberin seriös?«

      »Sie ist eine Kollegin der Toten. Ich weiß noch nicht, was ich von ihr halten soll. Sie stand schon kurz nach der Entdeckung von Naylas Leiche vor meiner Tür und hat sich nicht mehr abwimmeln lassen. Sie hat mir einen stattlichen Vorschuss gezahlt. Den hatte sie in einem Briefumschlag bei sich. Das ist alles schon sehr seltsam. Ich habe gestern ein bisschen im Netz gestöbert. Dabei habe ich wohl einen von Naylas Kunden ausfindig machen können. Ein saudischer Prinz, der viel in der Welt herumkommt und mit Geld um sich wirft. Kannst du herausfinden, ob der sich zurzeit in Deutschland aufhält? Vielleicht sogar in Frankfurt, im Hotel Jumeirah? Prinz Abdul bin Abdaluya.«

      Till nickte gedankenverloren. »Ein saudischer Prinz also. Mit den Saudis hat Haferstein auch schon Geschäfte gemacht. Da könnte es einen Zusammenhang geben. Ich kümmere mich drum.«

      »Sehr schön. Unsere Zusammenarbeit läuft doch schon wieder richtig rund. Weißt du eigentlich schon, wie Nayla umgebracht wurde?«

      Till gab Siebels einen Überblick über Annas Obduktionsergebnisse.

      »Klingt nach einem aus dem Ruder gelaufenen Rendezvous.«

      »Oder es wurde so inszeniert. Jedenfalls hatte sie in dem Zimmer nichts zu suchen gehabt. Haferstein kann


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