PROJEKT GALILEI. Stefan Bouxsein

PROJEKT GALILEI - Stefan Bouxsein


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Anzahlung? Das kann doch nur bedeuten, dass du es da wieder einmal mit sehr gefährlichen Leuten zu tun bekommst.«

      Siebels zuckte mit den Schultern. »Das kann nur bedeuten, dass diese Leute es mit einem gefährlichen Ermittler zu tun bekommen.« Er lächelte verkrampft, aber er kam mit seinem Spruch bei Sabine nicht an.

      »Andererseits würdest du den Fall wohl auch bearbeiten, wenn du wieder bei der Mordkommission zurück wärst. Und das bist du ja bald.«

      »Ja, nur würde ich da keine 20.000 Euro vorab in die Hand bekommen.«

      »Du müsstest dich dann aber auch nicht mehr zeitgleich um deinen Sohn kümmern. Muss ich dich wieder daran erinnern, dass du Denis vor nicht allzu langer Zeit vom Kindergarten abgeholt hast, um ihn zu einem Polizeieinsatz mitzunehmen, bei dem du von einem Mafiakiller beschossen wurdest?«

      »Das kommt nicht wieder vor.«

      »Nein, ganz sicher nicht. Ich nehme meinen Resturlaub besser schon ab sofort und fliege gleich morgen mit Denis nach Schweden und besuche meine Familie. Dann ist er wenigstens aus der Schusslinie, und du hast den Rücken frei.«

      »Ich dachte, wir machen zusammen einen schönen Urlaub, wenn der Fall erledigt ist. Mit dem Honorar können wir uns was richtig Tolles leisten.«

      »Auf den gemeinsamen Urlaub hatte ich mich auch gefreut. Sehr sogar. Aber das hast du jetzt vermasselt. Schweden ist übrigens richtig toll.«

      »Tut mir leid«, seufzte Siebels und schickte sich an, wie ein begossener Pudel das Wohnzimmer zu verlassen.

      »Hey, Brummbär«, rief Sabine ihm hinterher. »Wenn Till tatsächlich in Schwierigkeiten steckt, dann hol ihn da raus. Aber pass auf dich auf.«

      »Klar, mache ich«, sagte Siebels erleichtert.

      »Und jetzt komm zu mir auf die Couch. Ich habe kalte Füße.«

      *

      Till stellte erleichtert fest, dass Haferstein sich von dem Taxi nicht zu der Abflughalle, sondern zum Squaire chauffieren ließ. Squaire war der Name eines direkt am Flughafen gelegenen futuristisch anmutenden Gebäudes. Mit seiner Glasfassade auf einer Länge von 660 Metern und einer Breite von 65 Metern erinnerte es den Betrachter an ein gigantisches Raumschiff, in dessen Innenleben sich im östlichen Teil die beiden Hotels Hilton Garden Inn sowie das Hilton Frankfurt Airport befanden. Außerdem hatte sich im Squaire eine international tätige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingemietet und betreute von dort aus mit über 2000 Mitarbeitern das Europageschäft sowie ihre Geschäftspartner in Saudi-Arabien. Die Lufthansa war im größten Bürogebäude Deutschlands ebenfalls mit über 1000 Mitarbeitern vertreten. Neben weiteren Büromietern waren auch zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten in dem Komplex integriert. Über eine Anbindung gelangte man direkt zum Terminal 1 des Flughafens. Unter dem Gebäude befand sich der Fernbahnhof.

      Um das Squaire drehte sich also die ganze Welt. Der richtige Ort für einen Mann wie Haferstein, um seinen Geschäften in Ruhe nachgehen zu können, dachte sich Till. Er beobachtete aus einiger Entfernung, wie Haferstein aus dem Taxi stieg und das Hotel betrat. »Häng dich an seine Fersen«, forderte Till Sonja auf. »Ich weiß nicht, ob er mich im Jumeirah vielleicht doch wahrgenommen hat.«

      »Ich nehme an, du möchtest dich wieder direkt neben ihm einquartieren?« Sonja stellte die Frage in einem leicht gequälten Tonfall, weil ein Undercover-Einsatz bei einer so spontanen Aktion leicht auffliegen konnte und schwer zu organisieren war.

      »Ich rufe Jürgen gleich an, der soll die Ausrüstung herbringen. Ich denke, wir sind noch im Spiel. Du schaffst das schon.« Till schaute Sonja nachdenklich hinterher. Wenn sich Haferstein tatsächlich heute Abend noch mit Hassani Aziz treffen wollte, hatten sie kaum eine Chance. Sie würden die beiden bestenfalls aus der Ferne beobachten können. Wahrscheinlich würde ein Treffen nun auch eher in einem Restaurant, in einer Bar oder in der Lounge des Hotels stattfinden. Aber sie mussten es trotzdem probieren und alles vorbereiten. Till rief bei Jürgen an und klärte ihn über die neue Situation auf.

      »Unsere zwei Freunde haben übrigens auch ausgecheckt. Sie sind zusammen in einem schwarzen Mercedes abgereist.« Jürgen Becker gab Till Modell und Kennzeichen des Wagens durch. »Das Kennzeichen lasse ich gerade überprüfen. Ich möchte doch zu gerne wissen, was das für Vögel sind.«

      »Ja, das würde mich auch interessieren. Jetzt müssen wir aber erst mal die Sache wieder in den Griff bekommen. Pack die Ausrüstung zusammen, wir warten hier auf dich. Sonja versucht ein Zimmer neben dem von Haferstein zu bekommen.« Till beobachtete den Eingang des Hotels, aber Sonja ließ sich noch nicht wieder blicken. Er nutzte die Gelegenheit und rief bei Anna an.

      »Beruflich oder privat«, erkundigte sie sich gleich.

      »Eigentlich privat«, sagte Till und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Aber wenn du schon so fragst, gibt es auf der beruflichen Ebene bestimmt auch interessante Neuigkeiten, oder?«

      »Ich werde wohl wieder eine Nachtschicht einlegen. Eigentlich hat mich gar niemand darum gebeten. Ich sollte jetzt in einem heißen Schaumbad liegen und nicht an kalten Körpern herumhantieren.«

      »Und ich sollte vor dem Fernseher liegen und Fußball gucken und nicht in einem Auto sitzen und mir ein Hotel von außen angucken.«

      »Mehr fällt dir nicht dazu ein, wenn ich von einem heißen Schaumbad träume? Fußball glotzen? Spreche ich wirklich mit dem Mann, den ich bald heiraten will?«

      »Wir sollten uns nach der Hochzeit gleich eine größere Wanne anschaffen«, korrigierte Till sich. »Whirlpool mit allem Schnickschnack, inklusive eingebautem Fernseher in der Badezimmerwand. Guter Kompromiss, oder?«

      »Super, mein Schatz. Ich freu mich schon drauf. Warum sitzt du eigentlich im Auto und guckst auf ein Hotel? Ich dachte, du bist im Hotel und guckst ins Nebenzimmer.«

      »Das war kein Zimmer. Das war eine Suite. Haferstein hat dort seine Zelte aber Hals über Kopf abgebrochen. Anscheinend steht er nicht so auf tote Frauen vor seinem Bett. Jetzt checkt er im Hilton am Flughafen ein. Sag mal, hast du mit Siebels über die Sache im Jumeirah gesprochen?«

      »Mit Siebels? Nein, kein Wort. Mit dem habe ich schon seit einigen Wochen nicht mehr gesprochen. Warum fragst du?«

      »Nur so. Der hat da jetzt auch irgendwie seine Finger im Spiel. Wir haben heute Nachmittag nur ganz kurz miteinander telefoniert. Ich schätze, er hat einen neuen Auftrag und das hat mit der toten Frau im Jumeirah zu tun.«

      »Wenn man einen von euch auf den Mond schießen würde, würden sich eure Wege trotzdem ständig kreuzen, glaube ich.«

      »Haha, ja, da kann ich nicht widersprechen. Er verfolgt mich. Vielleicht ist er wahnsinnig und ich habe es noch gar nicht bemerkt.«

      »Der ist genauso wahnsinnig wie du. Das ist das Problem. So, willst du jetzt noch was Berufliches wissen?«

      »Wenn die berühmte Gerichtsmedizinerin Anna Lehmkuhl schon so aufdringlich fragt, kann es sich nur um spektakuläre Erkenntnisse handeln. Spuck es aus, Schatz.«

      »Nimmst du mich vielleicht nicht ernst, Herr Sinnlos-vor-dem-Hotel-rumsitz-Kommissar?«

      »Sehr ernst sogar. Hast du denn noch etwas rausgefunden?«

      »Ja. Wie ich gleich vermutet hatte, wurde sie erwürgt. Allerdings nicht mit bloßen Händen. Ich habe Faserrückstände gefunden. Die können von einem Tuch stammen oder auch von einer Krawatte. Wir untersuchen das noch genauer. Jedenfalls wurde ihre Luftzufuhr über einen längeren Zeitraum immer wieder kurzzeitig gedrosselt. Er hat die Schlinge zugezogen und wieder gelockert. Bis er sie zu lange zugezogen hat. Das könnte sich über mehr als fünfzehn Minuten hingezogen haben. Möglicherweise wollte er sie gar nicht töten. Aber das ist nur Spekulation.«

      »Du meinst, es könnte sich um ein Sadomaso-Spielchen gehandelt haben, das außer Kontrolle geraten ist?«

      »Das ist nicht auszuschließen. Allerdings war sie ziemlich übel zugerichtet. Du hast sie ja gesehen. Das war nicht nur ein Spielchen mit Sauerstoffentzug beim Sex.


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