Griechische Mythologie. Ludwig Preller

Griechische Mythologie - Ludwig Preller


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die Uebertragung auf die Kosmogonie speciell jenem Gedichte anzugehören und die bekannte Parodie bei Aristophanes Vögel 693 mag also schon durch dieses veranlaßt gewesen sein. Wenigstens vereinigt sich gut damit was wir sonst von der ältesten Redaction der Orphischen Theogonie, die bis in die Zeit der Pisistratiden reichte, wissen oder vermuthen können, namentlich daß auch nach Orpheus das Chaos und Erebos und die Nacht zu den ersten Anfängen gehörten. Durch Erebos und die Nacht scheint dann weiter das Weltei entstanden zu sein, aus welchem zugleich mit dem Lichte Eros entspringt, den die Orphiker deshalb Phanes nannten. Mit der Zeit aber kamen bei dieser Secte künstlichere Versionen der Theogonie auf, wie es deren besonders zwei verschiedene gab, welche aber beide auf das Weltei zurückgingen. Die eine begann mit dem Okeanos oder dem Wasser, aus welchem sich ein schlammartiger Niederschlag gebildet habe, aus dem wieder der Gott Aeon d. i. die ewige Zeit entstand, und von diesem wurde endlich das Weltei abgeleitet. Die andere Version war zuletzt die gangbarste und ist deshalb die bekannteste. Den Anfang bildete hier die Zeit, selbst ohne Anfang. Darauf entsteht das Chaos, ein tiefer Abgrund in welchem Nacht und Nebel brüten, und der feurige Aether, das Princip aller Beseelung und Gestaltung. Die Zeit bewirkt daß die Nebel des Chaos bei rotirender Bewegung sich zum Ei bilden indem sie sich um den Kern des Aethers legen, bis die heftig schwingende Bewegung zuletzt das Ei reift, so daß es in zwei Hälften zerplatzt. Aus diesen entstehen Himmel und Erde, aus dem Kerne geht das Orphische Wunder- und Allwesen hervor, welches sie mit sehr verschiedenen Namen benannten (Eros, Metis, Phanes, Erikapaeos u. A.) und mit allen möglichen Kräften ausstatteten. Also manche alterthümliche Bilder und Vorstellungen, aber versetzt mit modernen Phantastereien, wie sie das sinkende Heidenthum in großer Menge aufbrachte. Und dieses ist der allgemeine Character aller Orphischen Poesieen, welche deshalb bei mythologischen Studien nur mit Vorsicht zu gebrauchen sind.

       Fußnote


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