Griechische Mythologie. Ludwig Preller
Kadmos den Zeus bei diesem furchtbaren Kampfe84. Andererseits wurde die aegyptische Fabel vom Set-Typhon mit der griechischen verschmolzen, was unter anderen abenteuerlichen Sagenbildungen zu der angeblich schon dem Pindar bekannten Dichtung führte, daß die Götter auf der Flucht vor dem Typhon Thiergestalt angenommen hätten und deshalb von den Aegyptern in dieser Gestalt angebetet würden85.
Fußnote
77 Ovid. M. 15, 296 sqq., vgl. Al. v. Humboldt Ans. d. Natur 2, 255 ff. 3. A.
78 von τύφω d. i. dampfen, qualmen, brennen, Kallimach. Del. 141 Αἰτναίου ὄρεος μέγα τυφομένοιο, Artemon b. Sch. Find. P. 1, 31 πᾶν ὄρος ἔχον πυρὸς ἀναδόσεις ἐπὶ Τυφῶνι καίεται· τύφειν γὰρ τὸ καίειν. Der Name lautet bald Τυφώς bald Τυφωεύς bald Τυφών oder Τυφάων. Vgl. Schoemann op. 2, 340– 74.
79 Aesch. Pr. 353 ff., Pindar Ol. 4, 6; P. 1, 15 ff., Str. 13, 626, Hes., Steph. B. Auch in Boeotien gab es ein Τυφαόνιον d. h. eine dampfende Feuerstätte, daher man auch hier vom Typhon erzählte, Hesiod sc. Herc. 32, Schol. Pind. Ol. 4, 11; P. 1, 31, Tzetz. Lykophr. 177.
80 Nach Stesichoros u. A. ein Sohn der Hera, s. dort.
81 Die Lavaströme, welche Pindar P. I, 21 ff. prächtig schildert. Aeschylos wiederholt die bedeutungsvollsten Züge des Naturgemäldes. Bei beiden Dichtern kämpfen alle Götter mit dem Ungeheuer, nicht blos Zeus. Nach Virg. A. 8, 297 nahm auch Herakles an dem Kampfe Theil.
82 Hes. th. 295–305, Arist. Ran. 473, Schoemann l. c. p. 188. Ἔχιδνα ist das fem. zu ἔχις, daher sie halb Schlange halb Weib ist und wie Typhon ἐιν Ἀρίμοισιν zu Hause, nach Aristophanes ein hundertköpfiges Ungeheuer der Unterwelt. Beide, Typhon und Echidna, wurden auch mit Schlangenleibern abgebildet s. Paus. 3, 18, 7, vgl. Aesch. Sept. 475 ein feuerspeiender Typhon als Schildverzierung. Auf einem Vasenbilde b. Gerhard t. 237 kämpft Zeus mit Typhon, welcher hier geflügelt ist und statt der Beine zwei Schlangen hat.
83 Apollon. Rh. 2, 1210.
84 So erzählt besonders Nonnos, s. R. Koehler üb. die Dionysiaka des Nonn. v. Panop. Halle 1853 S. 2.
85 Apollod. 1, 6, 3, Anton. Lib. 28, vgl. Porph. d. abst. 3, IG, Nigidius b. Schol. German. Arat. p. 70.
b. Die Gigantomachie.
Bei Homer sind die Giganten ein wildes und riesiges Urvolk der westlichen Okeanosgegend, welches die Götter wegen seines tollen Uebermuths bald wieder vertilgt haben Od. 7, 58. 206; 10, 120. Bei Hesiod sind sie von der Erde aus dem Blute des entmannten Uranos geboren, riesige, gewaltsame, mit Harnisch und langen Speeren bewaffnete Ungethüme (th. 185), deren Ursprung im Sinne ihrer Natur gedichtet ist. In der örtlichen Volkssage waren und blieben sie dasselbe was unsere Riesen und Hünen, und wo wilde Naturkräfte thätig waren, namentlich an vulkanischen Stätten und in der Jahreszeit des Winters wie in den Wogen des Meeres, wo kühne Berge, keck hingeworfene oder aufgeschichtete Felsenmassen die Phantasie beschäftigten, da dachte man sich die Giganten dämonisch fortlebend, trotz der Dichter welche von ihrer Ueberwindung und Ausrottung erzählten. Immer sind sie erdgeboren und dem menschlichen Geschlechte nahe verwandt, daher die Sage sie als ein Volk der frühen Vorzeit oder neben den Menschen als eine andre Generation autochthoner Geschöpfe aufzufassen liebte86 und in demselben Sinne auch der Name γίγας gewöhnlich durch γηγενὴς erklärt wurde87. Doch gelten sie für weit stärker und dauerhafter als das menschliche Geschlecht und immer für Riesen, deren Wuchs Homer bei derartigen Ungethümen ins Maaßlose zu steigern pflegt, endlich für frevelmüthig und von sinnlos sich selbst aufreibender Streitbarkeit, die wahren Urbilder einer ungebändigten Naturkraft. So gutmüthige Riesen wie die der nordischen Sagen sind der griechischen unbekannt.
Aus der Verschmelzung von örtlichen Sagen war ein episches Gedicht entstanden, welches mehrfach angedeutet wird88, aber verschollen ist. Die Erzählung bei Apollodor 1, 6 giebt eine Uebersicht über den Zusammenhang.
Die älteste unter diesen localen Sagen ist die von dem ältesten Phlegra (Φλέγρα d. i. Brandstätte), welcher Name mit den Giganten später auch in Italien genannt wurde. Jenes Phlegra, eine vulkanische Gegend wie es scheint, zeigte man auf der macedonischen Landzunge Pallene, welche von dem alten Götterberge Olympos durch eine Meeresbucht getrennt war und durch ihre Merkmale einer gigantischen Naturumwälzung den Volksglauben auch in späterer Zeit beschäftigte89. Als Giganten und übermüthige Feinde der Olympischen Götter erschienen hier besonders Alkyoneus d. i. der Eismann, also eine Personification des Winters und der winterlichen Meeresstürme, nach Pindar die Erstgeburt aller Giganten, fürchterlicher Kämpe, riesig groß wie ein Berg90, und Porphyrion, der König der Giganten, dessen Name auf loderndes Feuer zu deuten scheint91. Den Alkyoneus kannte die Sage auch als Räuber der Sonnenstiere Erytheias und wir werden ihm später noch einmal als einem Seitenstück zum Geryoneus begegnen, dessen Fabel nur eine andre, durch geographische Beziehungen weiter ausgesponnene Version derselben alten Dichtung vom Kampfe des Herakles mit der räuberischen und riesigen Macht des Winters zu sein scheint. Porphyrion wurde besonders als Feind der Himmelskönigin Hera gedacht, nach welcher ihm Zeus ein Gelüste einflößt, daher er sie mit geiler Brunst zu verunreinigen droht. Beide schleudern Felsblöcke und lodernde Baumstämme gegen den Himmel. Unter den Olympiern sind dagegen Zeus und Athena, die beiden Inhaber und Schleuderer des Blitzes, die thätigsten Vorkämpfer; doch kann die Entscheidung erst durch einen Sterblichen erfolgen. Denn die Erde hatte ihre Kinder gegen die Waffen der Götter zu feien gewußt, aber nicht gegen die der Sterblichen; deshalb holt Athena den Herakles herbei, nach einer andern Tradition, für welche Dionysos nur als Heros galt, auch diesen92. Umsonst sucht darauf die Erde ihre Söhne durch ein Zauberkraut zu schützen; Zeus verbietet der Sonne dem Monde und der Morgenröthe zu scheinen und schneidet jenes Zauberkraut selbst ab. Nun fällt zunächst der fürchterliche Alkyoneus durch die Pfeile des Herakles, nachdem ihn der Held von der Stelle seiner Geburt, auf welcher er immer von neuem erwärmte, hinweggeschleppt hatte: dann Porphyrion, der sich eben an der Hera vergreifen will, als Zeus und Herakles ihn niederkämpfen. Immer wird der Antheil des Herakles an der Gigantomachie unter seinen größten Thaten hervorgehoben93.
Merkt man also hier die Spuren der Dichtung, so sind andere Sagen der Art überwiegend in der Form von Cultus- und örtlichen Volkssagen überliefert, so daß sie mit jener Olympisch-Phlegraeischen erst später und äußerlich