Griechische Mythologie. Ludwig Preller
So besonders in Athen wo Deukalion für den Stifter des T. des Olympischen Zeus galt, in dessen Nähe man sein Grab zeigte und im Anthesterion, beim Beginn des Frühlings, Hydrophorien zum Andenken der Deukalionischen Fluth feierte, welche immer eine ἐπομβρία, eine durch Regen entstandene Fluth ist, s. Paus. 1, 18, 7. 8, Hermann Gottesd. Alterth. § 58, 22. Doch galt Deukalion immer zugleich für den Retter aus der Fluth und den Gründer der ersten Altäre des Zeus oder der zwölf Götter, wie für den Gründer der ältesten Städte nach der Fluth, auch im Opuntischen Lokris und am Parnaß. Der Name Δευκαλίων scheint sogar wie die biblische Erzählung vom Noah auf Cultur des Weins hinzuweisen, wie Πύρρα auf die des Waizens, vgl. δεῦκος d. i. τὸ γλυκὺ der Most und Δευκαλίδαι οἱ Σάτυροι Hes.
119 Hellanikos b. Schol. Pind. Ol. 9, 64, vgl. Str. 9, 425. Nach dieser Sage lassen sich Deukalion und Pyrrha zuerst in Kynos, der Hafenstadt von Opus nieder, zwischen welchen Städten sich ein fruchtbares Gefilde ausdehnte (Ὀποῦς d. i. Ὀπόεις); daher die Sage von den Lelegern d. h. den Lokrern als erstem Volk des Deukalion, τοὺς ῥά ποτε Κρονίδης Ζεὺς λεκτοὺς ἐκ γαίης ἁλέας πόρε Δευκαλίωνι, nach Hesiod b. Str. 7, 322. Obwohl er sonst für einen König von Thessalien, speciell der Gegend von Phthia gilt, auf welche auch der Name Πύρρα hinweist, s. Schol. Apoll. 3, 1085. 1086, Apollod. 1, 7, 2 und Meineke Vindic. Strab. p. 154. Die Tochter des Deukalion und der Pyrrha heißt Πρωτογένεια, die Erstgeborne.
120 Strabo 9, 418, vgl. Ulrichs Reisen 122. Auch hier stiftet Deukalion ein H. des Zeus. Bei Pind. Ol. 9, 41 steigen Deukalion und Pyrrha vom Parnaß hinab nach Opus.
121 Pind. l. c. ἅτερ δ' εὐνᾶς ὁμόδαμον κτησάσϑαν λίϑινον γόνον, λαοὶ δ' ὀνόμασϑεν, hier noch die Lokrer von Opus. Auch Epicharm, von dem es ein Stück gab Πύρρα ἢ Προμαϑεύς, kannte dieses Wortspiel, λαοὶ von λᾶς, s. Schol. Pind. 68. 70. Vgl. Ovid M. 1, 414 inde genus lurum sumus experiensque laborum et documenta damus qua simus origine nati.
122 Gewöhnlich sind die Hesiodischen Eoeen die Quelle, s. Hesiod ed. Goettl. p. 258 sqq. ed. 2.
123 So besonders seit Pherekydes, Hellanikos und den ziemlich gleichzeitigen ältesten Atthidenschreibern. Die ältesten Anfänge dieser Tradition werden bis in die litterärisch sehr bewegte Zeit des Solon und Pisistratos zurückgehen, wo auch das Dogma von der attischen Autochthonie cultivirt wurde, s. Plato Tim. 20 E. 22, Kritias 110. Die Abstammung der Hellenen der Phthiotis von Hellen, dem Sohne Deukalions, bezeugen Herod. 1, 56, Thukyd. 1, 3.
b. Die Geschlechter.
Der Grundgedanke einer ursprünglichen Gemeinschaft zwischen Göttern und Menschen liegt auch dem Hesiodischen Mythus von den Geschlechtern124 zu Grunde, nur daß der allmälige Verfall der Menschheit hier mehr als natürliche Folge und als eine begleitende Parallelerscheinung der theogonischen Weltentwicklung angesehen wird; wenigstens ist der Uebergang vom goldnen zum silbernen Geschlechte nicht weiter motivirt als daß damals Kronos geherrscht habe. Uebrigens ist festzuhalten daß die Metalle in dieser nicht allein nach ihrem Werthe, sondern auch mit einer gewissen allegorischen Nebenbedeutung genannt werden, so daß dadurch zugleich der Character der einzelnen Geschlechter näher bestimmt wird: Gold und Silber als die beiden edlen Metalle schlechthin, von denen aber das Silber entweder wegen seines matten Glanzes oder seiner größeren Weichheit oder aus sonst einem Grunde bereits einen geringeren Grad der Ehre und Verfall andeutet; Erz und Eisen als die beiden Metalle der practischen Brauchbarkeit, indem jenes nach heroischer Sitte vorzugsweise auf Waffen, Krieg und kriegerische Rüstung gedeutet125, also das eherne Geschlecht in demselben Sinne geschildert wird, das Eisen aber als das härteste und am mühsamsten zu verarbeitende Metall, welches zugleich am spätesten bekannt geworden, am besten zur Characteristik des gegenwärtigen Geschlechts der harten Arbeit paßte126. Auch möchte man vermuthen daß der ganze Mythus erst aus dem vom goldnen Geschlechte des Kronos entstanden ist, welcher jedenfalls in dem Volksglauben schon gegeben war. Endlich scheint das Geschlecht der Heroen, bei Hesiod das vierte, erst später eingefügt zu sein, da es nicht allein die Folge der vier Metalle, sondern auch die Geschichte des Verfalls von einem Geschlechte zum andern stört.
Gold bedeutet strahlenden Glanz des Lichtes, Glück, Seligkeit, alles Schönste und Beste127 ; daher der alte Glaube an das goldne Geschlecht, welches unter Kronos in der Fülle der Güter gelebt habe und auch in den folgenden Zeiten sowohl den Witz der Bühne als die Speculation der Philosophen immer viel beschäftigte128. In demselben Sinne schildert sie unser Mythus. Wie Götter lebten diese Menschen, ohne Sorgen Kummer und Mühe, in ewiger Jugend und Heiterkeit, und kam ihnen der Tod, so kam er wie ein sanfter Schlummer. Dabei lebten sie in der Fülle aller guten Gaben, welche ihnen die Erde von selbst darbot. Sie aber genossen dieser Spenden in Friede und Freude, reich an Heerden, geliebt von den Göttern. Und als die Erde dieses Geschlecht bedeckte, sind sie durch Zeus zu guten Geistern geworden, welche die Menschen unsichtbar umschweben, als Wächter über Recht und Unrecht und Reichthumsspender, ein königliches Ehrenamt ihrer Verklärung, wie der Dichter sagt. Nun erschufen die Olympier ein zweites, viel geringeres Geschlecht, das silberne. Dem goldnen war es weder an physischer Kraft gleich noch an geistiger, sondern hundert Jahre hockte so ein Kind auf dem Schooße der Mutter, im Schatten der Kammer, einfältig und schwächlich129 ; und waren sie endlich zu den Jahren der Reife gekommen, so lebten sie vor Unvernunft und Uebermuth nur kurze Zeit. Gleich wurden sie unter einander handgemein und auch den Göttern wollten sie nicht die Ehre geben; daher Zeus ihnen zürnte und sie der Sichtbarkeit entrückte. So fuhren auch sie fort zu existiren, aber als unterirdische Geister und nicht unsterblich, doch sind auch sie geehrt130. Darauf schafft Zeus ein drittes Menschengeschlecht, ein ehernes aus Eschen131, welches wieder dem silbernen gar nicht ähnlich war, sondern im höchsten Grade furchtbar und gewaltig. Nur der Krieg und sein blutiges Werk lag ihnen am Herzen. Auch lebten sie nicht vom Brode, sondern sie hatten einen sehr harten und unbändigen Sinn: ein ungeheures Geschlecht, mit riesigen Gliedern und unwiderstehlicher Körperkraft. Alles war bei ihnen von Erz, ihre Rüstung, ihre Häuser, ihr Arbeitsgeräth; das Eisen war ihnen noch nicht bekannt. Zuletzt haben sie sich unter einander durch ihre eigne Gewaltthätigkeit aufgerieben und sind in das finstre Haus des kalten Aïdes eingegangen ohne Ehre und Fortdauer; der schwarze Tod packte sie, so furchtbar sie waren, und auch sie mußten das Licht der Sonne verlassen. Nun folgt bei Hesiod das vierte Geschlecht der Heroen, ein gerechteres und besseres, aber schon ein halbgöttliches d. h. durch Sage und Cultus verklärtes, in welchem Sinne es dem älteren Epos noch nicht bekannt ist132. Der böse Krieg habe die Meisten aufgerieben, der vor Theben und vor Troja, Andern aber habe Zeus fern von den Menschen und Göttern ein neues Dasein bereitet, auf den Inseln der Seligen, wo Kronos über sie regiert: eine Dichtung welche, wie gesagt, in diesem Zusammenhange nur stört, zumal da sie auf einer wesentlich andern Anschauung und Ueberlieferung