DUNKLE ZEITEN. Dane Hatchell
sie lagen unter der Erde und jetzt sind sie hier oben. Das ist doch eigentlich alles, worauf es ankommt … das und der Umstand, dass …« Rogan verzog seinen Mund und sprach mit dunkler Stimme weiter: » … sie kommen, um dich zu holen, Andy.«
»Hör auf damit! Du machst mir Angst. Ich wollte doch damit bloß sagen, dass …«
»Sei still und schieß endlich«, unterbrach ihn Rogan.
Wells steckte ein neues Magazin in sein M16 und lud die Waffe durch. Dann sprang er neben der Limousine hervor und feuerte im Vollautomatikmodus auf die Brust seines untoten Ziels.
Rogan richtete sein Gewehr auf dem Dach des Fahrzeugs aus, zielte sorgfältig und drückte dann ab. Die Kugeln rissen seinem Zombie sofort die Schädeldecke ab wie die Lasche von einer Getränkedose. Er fiel rücklings auf den Asphalt und hörte sofort auf, mit seinem Mund ins Leere zu schnappen.
Nachdem er seine Waffe leicht verrückt hatte, schoss er der Leiche in der Mitte genau ins linke Auge. Der Kopf zerplatzte, wobei Schädelsplitter und faulig schwarzer Brei in alle Richtungen spritzten. Gammelfleischfeuerwerk, dachte er.
Wells feuerte seinem Ziel noch weiter in die Brust. Es waren allesamt glatte Durchschüsse, die dem Zombie Fetzen aus dem Rücken rissen. Der Wiedergänger setzte seinen Weg aber trotz dieser direkten Treffer weiter fort. Bei jeder Kugel, die durch ihn hindurchschoss, bebte sein Körper.
»Wells, was tust du da? Du verballerst einen ganzen Ladestreifen, und er steht immer noch. Dir ist doch wohl bewusst, dass du auf die Rübe zielen musst und ihn nicht perforieren sollst.« Rogan legte selbst an und streckte den Zombie mit einem einzigen Kopfschuss nieder.
Wells grinste. »Schon klar. Wollte bloß vorher noch etwas Spaß haben. Stell dir mal vor, er hätte so einen Rock aus Grünzeug an, dann wär's ein bisschen wie Hula-Tanzen gewesen. Das bringt mich auf eine Idee … lass uns doch einer Zombiefrau ein solches Kleid anziehen. Du besorgst eine Kamera und Speicherkarte, während ich sie abknalle und tanzen lasse. Dann können wir das Video anschließend im Internet hochladen … mit Musik und allem Drum und Dran.«
Rogan hob eine Hand. »Wells, dir fallen echt die beknacktesten Sachen ein.«
»Tun wir es oder nicht?«
»Wir müssen uns jetzt erst einmal auf unseren Auftrag konzentrieren«, betonte Rogan. »Such- und Rettungsmission, schon vergessen? Vermutlich haben sich noch einige Anlieger in ihren Häusern verschanzt und sind mittlerweile vollkommen von der Rolle.«
»Ich bezweifle, dass sie eine ernsthafte Chance hatten, zu überleben. Der Veteranenfriedhof von Texas ist immerhin so nahe, dass diese Siedlung wohl als Erste auf der Speisekarte gestanden hat.«
Eine alte Frau, die auffällig hinkte, kam einen halben Block entfernt um die Ecke gestürzt und schrie dabei laut um Hilfe.
»Grundgütiger«, sagte Rogan, als er sich dem Lärm zuwandte. Eine Schar Untoter war der Alten dicht auf den Fersen. »Das müssen um die vierzig Stück sein, die da hinter der Frau her sind. Ruf Verstärkung, sofort!«
Wells gab ihre Position per Funk durch und schilderte kurz die Situation. Dann löste er das leere Magazin von seinem MG und steckte ein neues hinein.
»Lauf, Lady, lauf!« Rogan eilte zuerst los und feuerte dabei im Laufen. Die Kugeln flogen weit an ihr vorbei und trafen die Leichen zu beiden Seiten, richteten aber nur wenig dabei aus, den Vorstoß der Aggressoren aufzuhalten.
Das lahme Bein der Frau erwies sich als zu schwere Behinderung, denn der nächste Fleischfresser holte sie jetzt ein und zog sie zu Boden.
Während die beiden auf die Straße fielen, wurden überall runzlige Hände ausgestreckt und dreckverkrustete Finger bohrten sich in das weiche Fleisch der Frau und zerrissen sie. Blut spritzte in die Luft und flog in alle Richtungen.
Rogan blieb stehen, zielte und traf die Zombies, auf welche es ankam, während sie bereits von ihrer Beute fraßen. Kaum dass einer mit einer Kugel im Kopf umgefallen war, drängelte sich schon ein anderer an seine Stelle, um an der Orgie teilzunehmen.
Als Wells zu ihm aufschloss, hörten sie bereits das Getrappel der anderen Mitglieder ihres Zugs, die von hinten anrückten.
Wells rief begeistert: »Hab einen … und noch einen. Den da auch … daneben … Moment … jetzt.« Der Kopf des Letzten platzte wie ein Frosch, der an einem Knallkörper gelutscht hatte. »Bin jetzt schon bei acht Punkten. Wie viele hast du erwischt?«
»Das ist kein Videospiel, sondern todernst, Mann«, ermahnte ihn Rogan, bevor er einen gut gezielten Schuss abgab.
Die zusätzlichen sechs Soldaten des Zugs mähten die Masse der Untoten nieder wie Maispflanzen auf einem Feld. Anscheinend war die Verlockung der frischen Beute zu stark gewesen, als dass die Zombies die Männer in der Ferne bemerkt hätten.
Bereits nach wenigen Minuten konzentrierter Feuerkraft fiel der Letzte auf die Straße. Er hatte eine Kugel in den Kopf bekommen, während er über einen Haufen seiner Gefährten gekrochen war, um an ein halb verzehrtes Stück Schenkel zu gelangen. Die Genugtuung, noch einen Bissen versuchen zu können, bevor er wieder ins Jenseits zurückkehrte, erhielt er nicht.
»Ich bin froh, dass es endlich vorbei ist«, gestand Rogan den anderen.
»Wären wir hier auf dem Rummelplatz, hätte ich garantiert einen von diesen Plüschgorillas gewonnen. Kennst du die? Groß und flauschig … mit hellblauem Fell und so einem dämlichen Gesichtsausdruck.« Wells riss seine Augen weit auf und drückte eine seiner Wangen mit der Zunge heraus.
Rogan wandte sich ab, wobei sich seine Lippen unmerklich spannten.
Wells rieb sein Kinn und kratzte sich am Kopf. »Wenigstens haben wir herausgefunden, wie man ein ganzes Pack von denen auf einmal plattmacht.«
»Überwältigende Feuerkraft bewährt sich jedes Mal, wenn man sie einsetzt. An der Art, wie wir sie plattgemacht haben, ist deshalb eigentlich nichts außergewöhnlich«, gab Rogan zu bedenken.
»Darum geht es doch nicht. Du und ich, wir wären bestimmt auch allein mit diesen Schleimern klargekommen.«
»Was auf Erden macht dich da so sicher?«
»Tja, Mr. Ach-so-schlau, das ist doch sonnenklar. Du hast doch gesehen, wie sie sich verhalten haben. Die hatten nur eines im Sinn: Fressen. Denen fiel noch nicht einmal auf, dass wir hier waren, solange es in der Nähe etwas zum Futtern gab. Man nimmt einen Haufen Zombies auseinander, indem man sie einfach nur von sich selbst ablenkt.« Wells grinste bis über beide Ohren. »Man braucht nichts weiter zu tun, als den richtigen Köder zu benutzen.«
***
Die Berichte von Toten, die noch einmal zum Leben erwachten, deckten sich überall auf der Welt. Glücklicherweise blieb das Ganze allerdings von kurzer Dauer. Nach nur wenigen Tagen hatten die Behörden schon wieder Ordnung geschaffen, obwohl es mehrere Wochen dauerte, um die Nachzügler zu beseitigen. Manche Gegenden hatte es schlimmer erwischt als andere, aber nachdem der anfängliche Schock erst einmal abgeklungen war, führten die meisten Überlebenden ihr normales Leben einfach weiter. Die Zahl der Opfer hielt sich insgesamt im Rahmen. Im Zuge der Panik waren mehr Menschen an Herzinfarkten oder bei Unfällen gestorben als von den reanimierten Toten umgebracht worden. Viele zogen sich dabei allerdings Kratz- und Bisswunden zu, blieben aber größtenteils von ihren Verletzungen unbehindert.
Killeen war die gleiche verschlafene Kleinstadt wie davor, genauso wie man sich auch nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf die New Yorker Twin Towers wieder aufgerafft hatte. Nur die Gottesdienste wurden jetzt stärker besucht. Fernsehprediger im ganzen Land zögerten nicht, die Stimmung zu ihrem Vorteil auszunutzen, und scheffelten auf diese Art bergeweise Geld.
Die Weltbevölkerung verlangte eine Erklärung. Wissenschaftler führten den Vorfall auf eine Laune der Natur zurück – für deren Auftreten die Chancen eins zu einer Milliarde standen.
Alles begann mit einer Gruppe von Asteroiden, die durch die Erdumlaufbahn flogen und eine gewaltige Staubwolke hinter