Safe Harbor. H.J. Welch

Safe Harbor - H.J. Welch


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von seinen Geschwistern, weil sie die alle kannte.

      Er biss sich auf die Lippen. »Na gut, ja. Es gibt einen Grund, warum wir uns getrennt haben. Aber es war auch meine Schuld, nicht nur seine.«

      »Unsinn«, erwiderte Peyton wütend. »Er hat dein Handy überprüft, ohne dich um Erlaubnis zu fragen. Wenn du ausgegangen bist, hat er dich mit Nachrichten bombardiert. Er hatte strenge Regeln, wie man Tacos isst. Er hat dich Binny genannt und dich geschlagen, wenn er ein gottverdammtes Videospiel verloren hat.«

      Dair drehte sich zu ihm um. »Was?«

      »So war das nicht!« Robin wedelte mit den Händen und versuchte, die beiden wieder zu beruhigen. »Also gut… Wir waren siebzehn oder so. Ich war auf dem letzten Platz bei Smash Bros. Ich habe ihn gekitzelt, damit wir beide zusammen verlieren. Ich war so dumm, das für lustig zu halten. Als er auch verloren hat, hat er mich auf dem Boden festgehalten und mir in die Rippen geschlagen. Ich hatte noch nicht einmal einen blauen Fleck. Und nur weil ich selbst so schlecht war, hätte ich ihn nicht mit reinziehen sollen.« Er sah zwischen den beiden hin und her.

      Dair blinzelte langsam. »Er hat dich geschlagen.«

      »Mehr als einmal«, murmelte Peyton. Dair machte ein entsetztes Gesicht.

      Robin lachte, um die Anspannung zu vertreiben, die in der Luft lag. »Leute, ich schwöre euch, dass es nicht so schlimm war. Ich hatte ganz vergessen, dass er auch zu dem Treffen kommt. Er ist nicht der Grund, warum ich über eine Absage nachdenke.«

      Darüber war er sich so gut wie sicher. Beinahe.

      »Welcher Teenager hat schon eine perfekte Beziehung? Wir haben uns getrennt, als ich aufs College ging und er nicht. Das ist alles.«

      Das war nicht alles, aber es war das, was er immer erzählte. Die Wahrheit war zu schmerzlich. Sie war auch irrelevant. Robin hielt es deshalb nicht für nötig, im Detail darauf einzugehen.

      Peyton schnaubte spöttisch. »Du willst damit sagen, du hast ihm den Laufpass gegeben.« Sie beugte sich vor und prostete ihm mit ihrer Bierflasche zu. »Gut gemacht. Aber glaubst du nicht trotzdem, dass er teilweise dafür verantwortlich sein könnte, dass du nicht nach Hause fahren willst? Dass du ihm nicht begegnen willst?«

      Robin öffnete den Mund. Schloss ihn wieder. Jetzt war er gezwungen, ernsthaft darüber nachzudenken, und ihm fiel auf, dass er seine Familie schon seit Jahren nicht mehr besucht hatte. Normalerweise kamen sie in kleinen Gruppen zu ihm zu Besuch und den Urlaub verbrachten sie in Kalifornien oder Hawaii.

      Er runzelte die Stirn. »Ich… Nein. Ich will Mac wirklich nicht wiedersehen. Aber im Büro…«

      »… gehen sie davon aus, dass du für eine Woche fehlst.« Peyton winkte ab. »Dein Handy bleibt so lange im Kühlschrank, bis du etwas anderes sagst. Sie kommen auch ohne dich zurecht. Würdest du ernsthaft über eine Absage nachdenken, wenn Mac nicht zu dem Klassentreffen kommen würde?«

      Ihm fiel ein Stein vom Herzen, als er sich vorstellte, sein Ex würde an den Veranstaltungen der nächsten Woche nicht teilnehmen – vor allem nicht an der großen Party, die für den Samstagabend geplant war. Er dachte an sein Elternhaus, seinen älteren Bruder und seine jüngeren Schwestern. Selbst bei dem Gedanken, in dem alten Diner zu essen und an der berühmten Strandpromenade von Pine Cove spazieren zu gehen, zog es ihm vor Sehnsucht die Brust zusammen.

      »Oh«, sagte er verlegen. »Ja, ich glaube schon, dass ich nach Hause fahren möchte.«

      Vielleicht war es ja doch sein Unterbewusstsein gewesen, das ihn dazu gedrängt hatte, Mac aus dem Weg zu gehen?

      »Richtig«, sagte Peyton resolut. »Und ich lasse nicht zu, dass du wegen diesem Blödmann kneifst.«

      »Oh nein«, stimmte ihr Dair eindringlich zu. »Wenn überhaupt, dann sollte er nicht zu der Feier kommen. Du hast jedes Recht dazu. Er nicht.«

      Robin rieb sich den Nacken und versuchte, die Essstäbchen wieder in die Hand zu nehmen, aber sie fielen auf den Boden. Sofort kam Smudge angerannt und beschnüffelte sie neugierig. Verlegen stellte Robin sein Bier ab, hob Essstäbchen plus Hund vom Boden auf und sah seine Mitbewohner niedergeschlagen an.

      »Er kommt aber. Jay hat mich vorgewarnt. Wie gesagt, ich bleibe besser hier. Und in der Firma ist wirklich die Hölle los.«

      Dair verzog kopfschüttelnd das Gesicht. »Nein. So leicht gewinnt dieses Arschloch nicht.«

      Peyton hob die Hand, ohne Robin aus den Augen zu lassen. Sie und Dair klatschten sich ab und ließen die Hände wieder in den Schoß fallen.

      »Sind deine Freunde nicht für dich da?«, erkundigte sich Dair besorgt.

      »Selbstverständlich«, erwiderte Robin. »Aber…«

      »Robins Zwillingsbruder und seine Freunde sind absolut wunderbar, aber sie sehen alle mehr oder weniger so aus wie er selbst.« Peyton bewegte die Hand auf und ab, um auf seine zierliche Gestalt hinzuweisen. »Das letzte Bild von Mac auf Facebook – bevor Robin seine hässliche Visage endlich blockiert hat – war mehr wie…« Jetzt bewegte sie die Hand vor Dair. »Mac war noch nie mit einem allzu scharfen Verstand gesegnet. Nur einer dieser dämlichen Jocks.«

      Dairs Augenbrauen schossen in die Höhe und verschwanden unter seinen blonden Zottelhaaren. »Was du brauchst, ist ein Flügelmann, der dir dieses Arschloch vom Leib hält.«

      Peyton schnappte nach Luft und schüttelte Robin am Bein. »Oh mein Gott! Wenn du mit einem heißen, starken Freund dort auftauchst, denkt Mac bestimmt zweimal darüber nach, ob er dir Ärger macht.«

      Robin rollte mit den Augen. »Um Himmels willen, ich brauche doch keinen Leibwächter! Außerdem habe ich keinen Freund, schon gar keinen heißen, starken.«

      Die peinliche Wahrheit war, dass Robin seit Mac gar keinen Freund mehr gehabt hatte. Er fühlte sich einfach zu unsicher. Sicher, er hatte einige kurze Affären gehabt, von denen man einige sogar als Dates bezeichnen konnte. Aber er hatte sich immer eingeredet, dass er sich mehr auf seine Karriere als eine Beziehung konzentrieren müsste.

      Nachdem er sich eingestanden hatte, dass er nicht nach Hause fahren wollte, weil er dort Mac treffen würde, fragte er sich jetzt, ob er vielleicht aus einem ähnlichen Grund nie einen festen Freund gesucht hatte. Seine Beziehung zu Mac war kompliziert gewesen und hatte harte Arbeit erfordert. Robin hatte sich nie zugetraut, es noch einmal mit einem anderen Mann zu versuchen.

      Würg. Darüber musste er ein andermal in Ruhe nachdenken. Peytons Vorschlag war sowieso irrelevant, weil sich ein heißer, starker Freund nicht aus dem Hut zaubern ließ.

      Dair hatte die Stirn in Falten gelegt, während er Roger, die einäugige Katze, streichelte. »Überleg doch. Wenn du mit einem Freund nach Hause kommst, der stärker und größer ist als Mac… Würde er dann wegbleiben und du könntest euer Treffen genießen?«

      Robin zog die Augenbrauen hoch. Er wusste nicht, worauf Dair hinauswollte. »Äh, vielleicht?« Er schloss die Augen und atmete tief durch, um sich das Bild vorzustellen – er, mit einem Prachtkerl von Freund am Arm, der ihn vor der ganzen Scheiße bewahrte, die Mac abziehen würde. »Ja, ich denke schon. Aber…«

      »Prima!« Dair hörte sich überraschend fröhlich an. Robin öffnete die Augen und sah in das strahlende Gesicht seines Mitbewohners. »Wie wäre es, wenn ich für eine Woche deinen Freund spiele und dich zu allen Veranstaltungen begleite? Natürlich nur als Freund, aber es sollte reichen, um diesen Schwachkopf in seine Schranken zu weisen. Dann wärst du vor ihm sicher.«

      Er hatte voller Begeisterung angefangen, doch bei seinen letzten Worten knurrte er fast. Robin verspürte ein leichtes Flattern in der Brust, als er über Dairs Idee nachdachte. Lag Dair wirklich so viel an ihm, dass er ihn vor Mac beschützen wollte? Und schlug er allen Ernstes vor, dass…?

      »Du willst so tun, als ob du mein Freund wärst?«, fragte er. »Für eine ganze Woche?«

      Peyton hatte die Hand vor den Mund geschlagen. »Oh mein Gott, das ist perfekt«, flüsterte sie zwischen ihren Fingern hindurch. »Das ist teuflisch, Dair! Das


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