Seit ich dich kenne .... Jascha Alena Nell
die Beste.“
Es war süß, mit anzusehen, wie sie errötete. Im Versuch, es zu verbergen, legte sie hastig die Hände an die Wangen, räusperte sich und stotterte: „Ja, äh, ja ... danke. Äh ... was machen wir jetzt?“
„Also, wenn du mich fragst, stimmt irgendwas mit dem Kühlwasser nicht. Vorhin hat die Kontrollleuchte geblinkt und dieser Schaum hier hängt auch irgendwie mit dem Kühlwasser zusammen. So viel weiß ich immerhin. Also ...“ Ich kratzte mich an der Stirn.
„Rufen wir den Pannendienst?“, schlug Ed vor.
Vermutlich war das die einzige Option, die uns blieb, aber alles in mir sträubte sich dagegen. Es würde ewig dauern, bis der Pannendienst da wäre, bis dahin hätten Marvin und Laura bereits einen Nervenzusammenbruch erlitten und Lydia hätte mich mit ihrem Gemecker in den Wahnsinn getrieben.
„Wie sollen wir dann noch rechtzeitig zur Trauung kommen?“, fragte ich leicht verzweifelt. „Mann, Marvin reißt mir den Kopf ab, wenn ich das versaue. Saskia ist Lauras Trauzeugin, ich bin seiner und die Brautmutter sollte auf ’ner Hochzeit auch nicht fehlen. Es reicht schon, dass Marvins Eltern nicht da sind. Außerdem hab ich die verdammten Ringe.“ Ich raufte mir das mittlerweile wieder längere Haar. „So eine Scheiße! Ich könnte kotzen, das Auto ist nagelneu.“ Frustriert trat ich gegen den Autoreifen und knallte die Motorhaube zu.
„Chris“, Edda sprach ganz ruhig, „ich sehe leider keinen anderen Weg, als den Pannendienst zu verständigen. So wie’s aussieht, können wir selbst nichts ausrichten, und wenn wir hier noch länger tatenlos herumstehen, verlieren wir nur unnötig Zeit. Also schlage ich vor, wir rufen den Pannendienst und ein Taxi. Ihr drei fahrt schon mal zur Kirche vor, ich warte hier auf den Abschleppwagen und komm später nach. Was hältst du davon?“
„Kommt gar nicht infrage“, sagte ich abwehrend. „Ich hab dich nicht nach Heidelberg mitgeschleift, um dich dann irgendwo in einer fremden Stadt allein stehen zu lassen. Ich lass dich hier nicht einfach zurück. Wir müssen einen anderen Weg finden.“
„Ich sehe aber keinen anderen Weg“, meinte Edda ruhig. „Überleg mal, Saskia, du und Lydia, ihr seid wichtig für Laura und Marvin, ihr habt eine Aufgabe bei dieser Hochzeit. Mich kennen die beiden doch gar nicht richtig. Es ist schon okay, wenn ich hierbleibe, Chris.“ Ich machte den Mund auf, um ihr zu widersprechen, doch sie legte hastig ihre Finger auf meine Lippen und lächelte warm. „Ich weiß deine Sorge um mich zu schätzen, ehrlich. Aber ich bin ein großes Mädchen, ich kann schon allein auf mich aufpassen. Vergiss nicht, ich war mal ein Jahr lang allein in Südafrika und Neuseeland unterwegs, da wird mir in Heidelberg schon nichts zustoßen.“
Womit hatte ich eine solche Freundin verdient? Sie war so mutig, so taff, sie hatte ordentlich Eier in der Hose, mehr als so mancher Mann.
„Ich mach mir nicht um dich Sorgen“, sagte ich scherzhaft und liebevoll zugleich, „sondern darum, dass du mit irgendeinem anderen Kerl durchbrennst, der dich hier aufgabelt, und ich dann doch allein dastehe und neben einer zahnlosen Tante mit hundert schwarzen Katzen sitzen muss.“ Ich verpasste ihr einen leichten Nasenstüber.
Sie lachte und schüttelte den Kopf. „Du bist und bleibst unmöglich, Waldoff! Also, was ist jetzt?“
„Du hast gewonnen“, gab ich nach, „obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass Marv und Laura mir dafür ordentlich den Kopf waschen werden. Sie mögen dich sehr, weißt du. Laura kann dich sogar mehr leiden als mich.“
Ed lachte. „Tja, so bin ich eben ... allseits beliebt.“
In diesem Moment wurde die Hintertür des Autos aufgestoßen und Saskia streckte den Kopf heraus. Mittlerweile war auch ihr die Nervosität deutlich anzusehen, sie hatte rote Flecken im Gesicht und ihr Blick flackerte. Sie musste sich sichtlich zu einem Lächeln zwingen. „Chris, dein Handy klingelt. Habt ihr schon die Ursache für das Problem gefunden?“
Mist, das war sicher Marvin, der wissen wollte, wo wir so lange steckten. Es wurde brenzlig. Ich berührte Edda kurz an der Schulter. „Rufst du schon mal ein Taxi? Ich beruhige Marvin und verständige dann den Pannendienst.“
„Okay.“ Edda nickte gehorsam und zog ihr Handy aus der kleinen cremefarbenen Umhängetasche, die ich bisher noch gar nicht wahrgenommen hatte.
„Ja, was ist denn nun?“, rief Lydia leicht panisch, als ich die Beifahrertür aufriss und mein Handy aus dem Handschuhfach nahm.
Auf dem Display leuchtete Marvins Name. Mist!
„Wir sollten seit zehn Minuten an der Kirche sein“, kreischte Lydia zwei Oktaven zu hoch.
Mir klingelten von dem Gebrülle die Ohren. „Ja, danke, ich kann die Uhr selbst lesen“, erwiderte ich patzig. Klar, es motzte sich leicht, wenn man untätig herumsaß und andere machen ließ. Ich nahm das Gespräch an, bemühte mich um einen beruhigenden, besänftigenden Tonfall. „Hey, Kumpel. Alles klar bei euch?“
Lydia schnaubte aufgebracht und rief: „Es ist nicht zu fassen.“
„Chris, sag mal, wo steckt ihr denn?“, rief Marvin wütend und ein klein wenig besorgt. „Wir warten hier schon alle. Und was soll die bescheuerte Frage, natürlich ist nichts klar. Die Trauzeugen sind mitsamt Brautmutter und Eheringen spurlos verschwunden, ihr haltet es wohl nicht mal für nötig, anzurufen und Bescheid zu sagen. Ihr solltet seit einer Viertelstunde hier sein, verdammt noch mal! Was ist da los?“
„Äh ... es gibt ein kleines technisches Problem ... das Auto spinnt. Also, wir haben eine Panne, aber keine Panik, Mann. Edda ruft gerade ein Taxi, der Pannendienst wird auch informiert, wir lassen das Auto stehen und fahren mit dem Taxi zur Kirche.“
„Mit dem Taxi ... mit dem Taxi!“, kreischte Lydia im Crescendo. „Ich erscheine in einem Taxi zur Hochzeit meiner Tochter? Wahrscheinlich auch noch mit einem wild gewordenen Taxifahrer, der kein Deutsch spricht und die Blumenkübel vor der Kirche über den Haufen fährt. Was werden die Leute denken?!“
„Frau Hofer, bitte, beruhigen Sie sich“, sagte Saskia besänftigend.
„Hör zu, Marv, wir kommen, so schnell wir können, aber“, ich warf einen verdrossenen Blick auf den dichten Verkehr um uns herum, „hier staut sich gerade alles ein bisschen. Kann sein, dass wir nicht so leicht durchkommen. Hör zu, kannst du den Pfarrer und deine Braut vielleicht noch etwas hinhalten? Eine halbe Stunde oder so?“
„Eine halbe Stunde?“, fragte Marvin fassungslos.
„Eine halbe Stunde?“, brüllte Lydia und bekam im Anschluss daran einen Hustenanfall. Saskia klopfte ihr den Rücken und sah mich mit schreckgeweiteten Augen an. Was für ein Chaos!
„Christopher, dir ist hoffentlich klar, dass der Pfarrer heute noch mehr Paare trauen will, oder?“, fragte Marvin mit bebender Stimme. „Wir hatten Glück, dass wir diesen Termin überhaupt bekommen haben. Und jetzt steckt ihr irgendwo im Nirgendwo fest und das Taxi kommt nicht zu euch durch? Ich hoffe, du verarschst mich.“
„Chris.“ Edda tippte mir heftig auf die Schulter, ich drehte mich zu ihr um. Sie sprach sehr schnell: „Pass auf, ich hab hier grad ein sehr nettes Taxiunternehmen an der Strippe. Ich hab ihnen unsere Situation und den Standort geschildert, der Herr meinte, er komme in der nächsten halben Stunde nicht zu uns durch. Es hat wohl einen Unfall gegeben, deshalb staut es sich in beide Richtungen. Aber wenn ihr ein Stück die Straße runterlauft, kommt ihr zu einem Kreisverkehr, gegenüber davon ist ein Hotel, vor dem ganz viele Taxen parken. Wenn ihr wollt, sagt er einem seiner Kollegen dort Bescheid, der bringt euch zur Kirche, zwar muss er einen Umweg fahren, weil er sonst in den Stau gerät, aber ihr seid immer noch schneller, als wenn ihr wartet, bis das Taxi hierherkommt. Was sagst du?“
Im Bruchteil einer Sekunde traf ich meine Entscheidung. „Er soll seinen Kollegen anrufen. Wir kommen.“ Ich riss die hintere Autotür auf. „Meine Damen, wir machen jetzt einen kleinen Spaziergang“, verkündete ich. Dann fiel mir Marvin wieder ein.
Seine Stimme drang gedämpft durchs Handy: „Chris? Chris? Bist