Die Vergütung von Betriebsräten. Martina Schlamp
Betriebsverfassungsrecht, § 2 Rn. 4. 23 v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, § 2 Rn. 5; HWGNRH/Rose, Einl. Rn. 12. 24 GK-BetrVG/Wiese, Einl. Rn. 19. 25 v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, § 2 Rn. 5; DKKW/Bachner, Einl. Rn. 24. 26 Vgl. dazu die Begründung des Regierungsentwurfes eines Betriebsverfassungsgesetzes vom 18.12.1970, BT-Drucks. VI/1786, S. 31; v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, § 2 Rn. 6. 27 GK-BetrVG/Wiese, Einl. Rn. 21, mit Hinweis auf Arendt, BT-Prot. Bd. 75, S. 5804 B. 28 BT-Drucks. VI/1786, S. 31. 29 BT-Drucks. VI/1786, S. 31. 30 v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, § 2 Rn. 6. 31 BT-Drucks. VI/1786, S. 31. 32 BT-Drucks. VI/1786, Vorbl., S. 31 ff.; v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, § 2 Rn. 6. 33 BT-Drucks. VI/1786, Vorbl. 34 BT-Drucks. 14/5741, S. 1. 35 BT-Drucks. 14/5741, S. 1. 36 BT-Drucks. 14/5741, S. 2.
§ 2 Der Wandel der Betriebsratsarbeit
A. Aufgaben des Betriebsrates
Der Betriebsrat nimmt in dem Mitbestimmungssystem, wie es heute in Deutschland existiert und in zahlreichen Unternehmen etabliert wurde, als Repräsentant und Interessenvertreter der gesamten Arbeitnehmerschaft im Betrieb eine herausragende Rolle ein. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht eine Teilhabe der Arbeitnehmer durch zahlreiche Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte (§§ 83 bis 113 BetrVG) vor, die als „Kernstück des Betriebsverfassungsrechtes“37 betrachtet werden. Die Ausübung dieser Rechte, gegenüber dem Arbeitgeber, ist – bis auf wenige Ausnahmen – ausschließlich dem Betriebsrat vorbehalten.38 Abhängig davon, welcher Regelungsbereich konkret betroffen ist, haben die einzelnen Rechte unterschiedliche Intensität und reichen von echten Mitbestimmungsrechten über Veto- bzw. Zustimmungs-, Beratungs- und Anhörungsrechten bis hin zu bloßen Informationsrechten. Teilweise übt der Betriebsrat damit sogar eine Gestaltungsfunktion aus, da er durch bestimmte Mitwirkungsrechte die betrieblichen Arbeitsbedingungen in den verschiedensten Bereichen, meist durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen, aktiv mitgestalten kann.39
Neben diesen Beteiligungsrechten hat der Betriebsrat aber noch zahlreiche weitere Aufgaben wahrzunehmen. Die Vorschrift des § 80 Abs. 1 BetrVG teilt dem Betriebsrat weitere allgemeine Aufgaben in Form einer enumerativen Aufzählung von Zielvorgaben und Arbeitsfeldern zu, wobei die Aufzählung allerdings nicht abschließend ist.40 Ob er von diesen Kompetenzen Gebrauch machen will, steht nicht im Belieben des Betriebsrates, die Wahrnehmung gehört zu seinen Amtspflichten.41 Eine der wichtigsten Pflichten ist in diesem Zusammenhang die Einhaltung von Normen und Vorschriften, insbesondere der betrieblichen oder tarifvertraglichen Vereinbarungen und Schutzvorschriften, in dem Betrieb zu überwachen (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Die Aufgaben sind dabei aber nicht nur so ausgestaltet, dass der Betriebsrat lediglich auf bereits getroffene Entscheidungen und Maßnahmen zu reagieren hat, sondern er muss vielmehr auch aus eigenem Antrieb oder auf Anregung von Arbeitnehmern (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) im Interesse der Beschäftigten von sich aus tätig werden. Dafür werden ihm auch Initiativrechte in Form von Antragsrechten (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 2 und 7 Hs. 2 BetrVG) zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus gehört es zu dem Tätigkeitsfeld des Betriebsrates42, Sitzungen und Besprechungen, beispielsweise zu aktuellen Themen oder Beschwerden, sowohl mit dem Arbeitgeber als auch gremienintern oder gegebenenfalls auch mit Gewerkschaften abzuhalten. Insbesondere nimmt er an Betriebsversammlungen, Einigungsverfahren sowie Verhandlungen mit dem Arbeitgeber teil. Sämtliche Termine muss er stets umfassend vor- sowie nachbereiten. Zudem hält der Betriebsrat Sprechstunden für die Belegschaft ab und führt Beratungsgespräche mit Arbeitnehmern. Zuletzt übernimmt er außerdem administrative und organisatorische Arbeiten, die im Rahmen der Aufgabenerfüllung und Amtstätigkeit zusätzlich anfallen.
Das Arbeitsfeld und das Aufgabenspektrum des Betriebsrates stellen sich damit als besonders vielfältig und differenziert dar. Die Verteilung der einzelnen Aufgaben und Tätigkeiten innerhalb des Gremiums und Einteilung der einzelnen Mandatsträger nimmt der Betriebsrat selbst in eigener Verantwortung vor, wobei er die Gestaltung möglichst rationell und unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange vorzunehmen hat.43 Dabei kann es durchaus vorkommen, dass ein Mitglied mehrere Aufgabenbereiche innerhalb des Gremiums zugewiesen bekommt oder diese im Laufe der Zeit sogar mehrfach wechseln. Neben umfangreichen fachlichen Kenntnissen sollten Betriebsräte auch persönliche Fähigkeiten wie Kommunikationsfähigkeit und Überzeugungskraft, eine gute Rhetorik sowie soziale Kompetenz vorweisen und ebenso in der Lage sein, mit Konflikten umzugehen. Die Anforderungen an Betriebsräte und ihre zu erfüllenden Aufgaben stellen sich allerdings nicht bei allen Mandatsträgern gleich dar. Hier muss zwingend differenziert werden, wobei vor allem die Betriebsgröße eine entscheidende Rolle spielt. Während in kleineren Betrieben vergleichsweise weniger Arbeiten anfallen werden, ist in großen Betrieben mit mehreren tausend Arbeitnehmern in der Regel nicht nur der Arbeitsanfall deutlich höher, sondern vor allem auch die Themenvielfalt und die zu bearbeitenden Problemkreise quantitativ und qualitativ anspruchsvoller.44
B. Die Entwicklung der Tätigkeit des Betriebsrates
I. Von betrieblicher Sozialarbeit zu gestalterischem Interessenmanagement
Parallel zu den Entwicklungen der Arbeitswelt hat sich ebenso die Arbeit des Betriebsrates in den letzten Jahr(zehnt)en grundlegend verändert. Dabei haben sich vor allem seine gesetzlichen Aufgaben und Pflichten in den vergangenen Jahren stetig erweitert. Dadurch stellt sich die Betriebsratstätigkeit heute anders dar als noch bei der Neufassung des Gesetzes im Jahr 1972 und auch die Betriebsräte selbst unterliegen einem ständigen Entwicklungsprozess. Dabei lässt sich vor allem in großen Betrieben ein deutlicher Wandel feststellen.
Betrachtet man die Betriebsratsarbeit vor 46 Jahren, lässt diese sich in erster Linie als „betriebliche Sozialarbeit“ beschreiben, bei der es zunächst darum ging, die dringendsten Bedürfnisse und Notlagen für die Arbeitnehmer in dem Betrieb zum Ausgleich zu bringen.45 Mit der Zeit kamen weitere Regelungsbereiche wie Arbeitssicherheit oder berufliche Bildung hinzu, wobei sich dann über lange Zeit vor allem die Personalpolitik und insbesondere die Beschäftigungssicherung als Schwerpunkt der Betriebsratstätigkeit zeigten.46 Kennzeichnend für die damalige Betriebsratsarbeit, insbesondere die Art und Weise der Aufgabenwahrnehmung war, dass sie vorwiegend Kontrolle von sowie lediglich Reaktion auf Maßnahmen und Entscheidungen des Arbeitgebers darstellte.47 Dagegen wirkt der Betriebsrat in der heutigen Betriebspraxis – auch auf eigene Initiative – deutlich mehr gestalterisch an den unternehmerischen Entscheidungen und Arbeitsbedingungen mit.48
Von der ursprünglich eher sozialen Schutzfunktion in den Fabriken für die dem Arbeitgeber unterlegene Belegschaft haben sich die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten immer mehr zu einem Teilhaben und Mitgestalten entwickelt. Zwar betrifft die Tätigkeit auch heute überwiegend noch den Schutz der Belegschaft, aber eher die Einhaltung und Umsetzung diverser Schutzvorschriften, die der Gesetzgeber durch staatliche Regelwerke festsetzt und kontinuierlich fortschreibt. Dabei geht es heute aber um immer komplexere und dynamische Themen wie Arbeitssicherheit,