Die Bad Religion Story. Jim Ruland

Die Bad Religion Story - Jim Ruland


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Gründe, warum sie so wenige Konzerte absolvierten, war der, dass Greg für den Sommer nach Wisconsin zurückkehrte. In seiner Abwesenheit erhielt die Band Briefe aus Amsterdam, Kopenhagen, München und Rom. Zu diesem Zeitpunkt dachte sich Brett nicht sonderlich viel dabei: „Ich ging davon aus, dass europäische Jugendliche eben mehr Briefe schrieben als amerikanische Kids.“

      Manchen Briefen lagen Rezensionen ihrer EP bei, die in europäischen Zeitschriften und Fanzines erschienen waren. Zwar konnte die Band sie nicht lesen und nahm an, dass die Hörer in Übersee ihre Songtexte ebenso wenig verstehen würden, doch mit ihrem Logo verhielt es sich von Anfang an anders. Bretts Vater zufolge druckte eine italienische Musikzeitschrift das Crossbuster-Emblem auf der Titelseite ab. „Noch mehr als der Name“, so Brett, „half uns das Logo, bekannt zu werden. Wir wollten ja bloß besonders punkig rüberkommen, aber das Logo hinterließ auf der ganzen Welt einen Eindruck. Es verbreitete sich wie ein Flächenbrand in L.A., weil man es auch an Wände sprayen konnte. Als die EP in Italien, Deutschland und Spanien eintraf, erregte unser Logo dort große Aufmerksamkeit.“

      Wahrscheinlich war es kein Zufall, dass die Briefe von Fans stammten, die in Ländern wohnten, in denen der Einfluss der Katholischen Kirche besonders ausgeprägt war. Während Songtexte unterschiedlich interpretiert werden können, kommuniziert ein effektives Logo seine Botschaft auf einer psychologischen Ebene. Die Bedeutung des Crossbusters ist allgemeingültig und unmissverständlich. Falls Bad Religion es nicht erfunden hätten, wäre es vermutlich jemand anderem eingefallen.

      „Es war nicht nur extrem“, spekuliert Brett. „Die Tiefsinnigkeit des Logos spricht die Leute auf eine intensiv psychologische Art und Weise an. Sie sehen es und erinnern sich daran. Es ist nicht nur einfach und eindringlich, sondern auch ein Weckruf.“

      Im Herbst jenes Jahres kam Greg in die zwölfte Klasse. Ziskrout hatte bereits seinen Abschluss in der Tasche, während Brett und Jay der El Camino Real endgültig den Rücken gekehrt hatten. Jay wurde aufgefordert, von der Schule abzugehen, und beabsichtigte wie Brett den General Education Development Test abzulegen. Obwohl Schulbildung bei den meisten Bandmitgliedern keine Priorität genoss, blieben sie wissbegierig und interessierten sich für die komplexen Rätsel der Welt. „Ich sage immer, dass ich von der Schule abgegangen bin und meine ganze Bildung von Bad Religion erhalten habe“, betont Jay. „Ich lernte eine Menge von diesen Typen. Die Diskussionen, die wir führten, über Themen wie Geologie oder Astrophysik, waren für einen 16-Jährigen von phänomenalem Wert. Ich lernte so viel mehr von dieser Band, als ich jemals in einem Klassenzimmer in Erfahrung gebracht hätte.“

      Die Band hatte inzwischen genug Material für eine Langspielplatte beisammen und einen Großteil der Songs auch schon live getestet. Außerdem spülten die Verkäufe ihrer EP und gelegentlich auch die Live-Auftritte Geld in die Bandkasse. Brett schätzte, dass es für die Aufnahmen einer LP reichen würde. Wie er das Presswerk bezahlen könnte, wollte er sich später überlegen. Ungefähr zu dieser Zeit erhielt Brett einen Anruf von Bob Say, der als Einkäufer des Plattenladens Moby Disc in Woodland Hills gearbeitet hatte. Er erklärte, dass er inzwischen bei Jem Records, einem unabhängigen Vertrieb und Importunternehmen im Valley beschäftigt war. Er lud Brett zu einem Meeting in sein Büro ein. Brett erinnert sich:

      BOB: Eure EP hat sich bei Moby Disc gut verkauft. Nehmt ihr eine LP auf?

      BRETT: Yeah.

      BOB: Okay, dann bestelle ich 3.000 Stück.

      BRETT: 3.000?

      BOB: Ja, ich nehme 3.000.

      BRETT: Wie treibe ich das Geld auf, um 3.000 Platten pressen zu lassen?

      BOB: Nun, wenn du Jem als exklusiven Vertrieb einsetzt, werde ich dir das Geld vorschießen.

      BRETT: Na gut. Wie viel wäre das dann?

      BOB: Wir zahlen euch fünf Dollar pro Platte.

      BRETT: Ihr gebt mir 15.000 Dollar?

      BOB: Yeah.

      Bad Religion waren somit offiziell im Geschäft. Mit dem Geld, das sie mit der EP gemacht hatten, kalkulierte Brett, konnten sie sich ein professionelles Studio leisten. „Meine Eltern haben mich immer sehr unterstützt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich meinen Dad um einen kleinen Zuschuss gebeten habe. Wenn das so war, kann er aber nicht allzu groß gewesen sein.“

      Als nächstes wandte sich Brett an Jim Mankey, der ein Studio namens Track Record in der Nähe der Paramount-Filmstudios in Hollywood kannte. Dort konnten sie zum Billigtarif von 22 Uhr bis 8 Uhr morgens aufnehmen. Das war in mehr als nur einer Hinsicht eine überaus aufschlussreiche Erfahrung für Brett. „Wenn ich über Hollywood spreche, dann meine ich nicht das Hollywood, das wir heute kennen. Auch nicht das Hollywood aus der Hochzeit des Sunset Strips in den Sixties. Vermutlich verwechseln Leute, die nicht aus L.A. stammen, Hollywood und Beverly Hills in ihren Köpfen. Deshalb denken sie bei Hollywood an Palmen und Villen. In den späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahren war Hollywood aber eine verwahrloste, vom Verbrechen geprägte Gegend. Eine sehr ungemütliche Ecke. Überall Nutten, Junkies und Kriminalität. Strip-Schuppen, Schnapsläden und heruntergekommene Veranstaltungslokale. Im Prinzip ein Tummelplatz für Punkrocker. Aber wenn man seine Gitarre im Auto ließ, wurde eingebrochen. Die Scheibe war zerbrochen und die Gitarre war auch futsch. So kamen mir zwei oder drei Gitarren ­abhanden.“

      Mit Mankey auf der Kommandobrücke machte sich die Band an die Arbeit, nahm die neuen Songs auf und mischte sie ab. So nahmen sie die halbe Platte auf, darunter die Songs „Voice of God Is Government“, „We’re Only Gonna Die“ und „Fuck Armageddon … This Is Hell“, die Greg auf dem Klavier im Studio begleitete. „Ich wusste gar nicht, dass wir das aufnahmen“, beteuert Greg. „Aber ich bin froh, dass Mankey das Klavier bereits mit einem Mikro versehen hatte. Ich hörte über die Kopfhörer mit. Das war das erste Mal, dass ich mich selbst Klavier spielen hörte. Das war überraschend und sehr anspornend. Wir waren ja noch so unerfahren, dass wir gar nicht auf die Idee gekommen wären, es mit ein wenig Klavier auf dem Album zu versuchen. Allerdings war ich ein großer Fan von Sham 69 und sie brachten ungefähr zu dieser Zeit ein Album namens The Adventures of Hersham Boys auf, auf dem man auch ein Klavier zu hören bekam. Das reichte mir als Motivation, um ein wenig Punk-Piano auf unserem Album zu spielen.“

      Die Aufnahmen nahmen etwas länger als erwartet in Anspruch, weshalb der Band das Geld ausging. Jay erinnert sich, dass er Mankey erklärte: „Wir müssen ein paar Konzerte geben, ein bisschen Geld verdienen und dann kommen wir wieder.“ Sie buchten eine Reihe von Gigs in diesem Winter, damit sie die Platte fertigstellen konnten. Doch dann ereignete sich eine Serie von bizarren Vorfällen.

      Die Band heuerte Edward Colver an, damit er die Band in Hollywood und an anderen Orten in L.A. fotografierte. Colvers Bilder zierten etliche Platten vieler südkalifornischer Punk-Bands, darunter die von Black Flag, den Circle Jerks, von China White, Suicidal Tendencies und T.S.O.L. Wenn man in den Achtzigerjahren in Los Angeles in einer Punk-Band spielte, standen die Chancen nicht schlecht, dass Colver das Coverfoto für deine Platte beisteuerte. Colver geleitete Bad Religion zum Hollywood Cross, einem neun Meter hohen christlichen Kreuz, das über der Hollywood Bowl und dem Hollywood Freeway aufragt, um die Band dort abzulichten.

      In einer Studiopause trafen irgendwann Colvers Druckfahnen bei Brett ein. Jay und Greg waren gerade zufällig dort, als das Paket eintraf. Sie sichteten das Material und suchten sich ihre Favoriten heraus. Sie waren sehr zufrieden mit dieser Fotosession. Letztlich sollten Bad Religion für das Cover ihrer Debüt-LP How Could Hell Be Any Worse? einen Schnappschuss der Innenstadt von L.A. verwenden.

      Als Jay nachhause kam, erhielt er einen Anruf von Ziskrout.

      ZISKROUT: Ich habe gehört, ihr habt euch ohne mich Fotos angeguckt.

      JAY: Ja, na und?

      ZISKROUT: Fickt euch doch selbst, ich steige aus!

      Offenbar hatte Ziskrout den Eindruck, dass er mit voller Absicht von diesem Treffen ausgeschlossen worden war. Jay war perplex. „Er schmiss hin, weil wir uns ohne ihn Fotos angesehen haben. Kein Witz. Er rief mich an und stieg aus, weil wir ohne sein Beisein Fotos sichteten.“

      Ziskrout ist nicht


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