Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


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      Wyatt betrat die Schenke.

      Sie war brechend voll. Eine stickige Luft, gemischt von schlechtem Tabak, Alkoholgeruch und Schweißdunst, schlug ihm entgegen.

      Es war schon hier, kaum dreißig Meilen hinter der Grenze, ein völlig anderes Land.

      Wyatt schob sich durch die Menge, hörte sofort das Schimpfwort ›Gringo!‹, mit dem die Mexikaner die Leute aus den Staaten bedachten, scherte sich jedoch nicht darum, sondern bugsierte sich an die Theke. Er spendierte einem alten Burschen mit roter Trinkernase einen Drink und fragte ihn aus.

      Der Mann schüttelte den Kopf. Nein, er hatte keinen Reiter gesehen, auf den Wyatts Beschreibung von Virgil paßte.

      Als ihm der Marshal aber Ike Clanton beschrieb, ohne etwa dessen Namen genannt zu haben, verstand der alte Bursche das Spanisch des ›Gringos‹ plötzlich sehr schlecht.

      Wyatt wußte genug.

      Die Leute kannten Ike Clanton hier – und fürchteten ihn. Dennoch mußte er herausbringen, ob der Bandenführer gestern oder gar heute hier gewesen war. Er nahm ein großes Geldstück aus der Tasche und hielt es dem Mexikaner vor die Nase.

      »Sieh dir das an, Amigo. Dafür kannst du dir einige Flaschen kaufen. Du sollst es haben, wenn du dich zufällig daran erinnern könntest, wann du meinen Freund Ike zuletzt gesehen hast.«

      »Oh, das – das ist eine Weile her…«, stotterte der Alte und verschlang die Münze gierig mit den Augen.

      »Wie lange?«

      »Sehr lange!«

      Wyatt zog die Schultern hoch und ließ das Geldstück resigniert in seiner Tasche verschwinden.

      »He, Señor, Sie haben mir das Geld versprochen, wenn…«

      »… du nicht lügst!« unterbrach ihn der Marshal schroff.

      Da wurde er von der rechten Seite nicht gerade sanft angestoßen und blickte in das verlebte Gesicht eines Angetrunkenen.

      Im gleichen Moment sauste von hinten krachend eine leere Flasche auf den Hut des Burschen nieder.

      Taumelnd brach er neben Wyatt vor der Theke zusammen.

      Der Mann, der den Rest der zertrümmerten Flasche in der Hand hielt, war klein, hatte ein scharfgeschnittenes Gesicht und listige Augen.

      »Machen Sie sich nichts draus, Señor«, meinte er kaltschnäuzig. »Tonio ist ein Schwätzer!«

      »Vielleicht wollen Sie die Münze verdienen?« fragte ihn Wyatt.

      Während der schwerbetäubte Tonio wie ein lästiger Betrunkener weggeschafft wurde, drängte sich der Zwerg an den Marshal heran.

      Vertraulich meinte er: »Sie können mir die Münze geben. Ich werde Ihnen ehrliche Auskunft erteilen. Ike Clanton war hier. Vor ein paar Tagen, er kam von Westen und ritt nach Osten hinüber. Drei Männer waren bei ihm…«

      Wyatt wandte sich ab.

      Da schnappte der Zwerg nach der Münze, aber der Marshal hatte sie schon weggesteckt.

      Der Gnom schrie bellend: »Betrüger! Elender verdammter Gringo!«

      Wyatt warf dem Wirt die Zeche hin und zwängte sich durch die anderen Männer zum Eingang. Draußen war der Junge mit dem Falben verschwunden.

      Wyatt ging in die Schenke zurück und ließ sich an einem der Tische nieder.

      Es war absolut zwecklos, jetzt einen Wirbel wegen des verschwundenen Pferdes loszulassen. Das mußte abgewartet werden – und wenn sich der Bursche dann immer noch nicht einfand, mußte Wyatt seine Eltern oder Verwandte aufsuchen.

      Es dauerte auch kaum eine Viertelstunde, da kam ein anderer Junge zu ihm an den Tisch und flüsterte ihm etwas zu.

      »Aha«, entgegnete Wyatt, »dachte ich mir doch. Dein Freund ist ein Erpresser!«

      »Nein, nein, Señor. Er hatte Mühe, das Pferd zu halten, es hat nach ihm geschlagen, und…«

      Da nahm Wyatt seinen Revolver aus dem Halfter, ließ die Trommel rotieren und entgegnete: »Hör gut zu, Kleiner. Ich komme in fünf Minuten hinaus. Wenn mein Pferd dann noch nicht da ist, können die Verwandten deines Freundes schon die Beerdigung richten. Ist das klar?«

      Der Bursche erblaßte und verschwand.

      Als der Missourier nach der angegebenen Zeit hinauskam, stand der Falbe zwar da – aber ohne Sattel.

      Wyatt ging in die Kneipe zurück und spielte mit drei anderen Männern Faro. Er hatte dieses hier an der Grenze so beliebte Spiel von Doc Holliday erlernt und beherrschte es gut.

      Als er dreimal hintereinander gewonnen hatte, legte er seinen gesamten Gewinn auf den Tisch und meinte: »Schade, Señores, es ist ein so schönes Dorf, in dem ihr wohnen konntet…«

      »Konntet?« fragte einer der Männer verdutzt.

      »Yeah. Es gibt hier leider zu viele Diebe und Lügner. Meine Freunde werden böse sein, wenn sie heute nacht hier ankommen und feststellen, daß ihrem Boß der Sattel gestohlen worden ist. So was mögen sie gar nicht, obgleich sie Sinn für Humor haben. Auf diese Art und Weise haben wir schon drei ähnliche schöne Dörfer als rauchende Brandstätten zurücklassen müssen. Well, ihr müßt bedenken, daß man dreißig wilden Gringos so etwas nicht so leicht ausreden kann.«

      Einer der Männer erhob sich sofort, murmelte etwas Unverständliches und drückte sich davon.

      »Hier, Señores, teilt euch die paar Kröten und trinkt noch einmal ordent-

      lich. Morgen gibt’s hier keine Cantina mehr!«

      Die Männer fuhren hoch. Er scherzte also nicht, der Gringo. Und ganz zweifellos war er ein Bandenführer. Nichts fürchteten die Mexikaner hier mehr als Banden aus den Staaten, die sich hier wild und hemmungslos austobten. Sie fürchteten den großen Ike Clanton, weil er viele Männer bei sich hatte, aber er nahm doch immer nur Rinder irgendwoher mit. Es hieß sogar, daß er sie zuweilen kaufte. Wenn auch mit vorgehaltenem Revolver… Aber die Leute dieses Mannes da waren Brandstifter, und die waren ja weitaus gefährlicher. Wer so schmerzlos einen dreifachen Faro-Gewinn verschenken konnte, mußte ein mächtiger Mann sein!

      Wyatts Trick kam an, und wenige Minuten später kam der Mann, der sich davongestohlen hatte, zurück und flüsterte ihm zu, daß der Sattel doch auf dem Pferd sei. Er habe sich sicher nur versehen.

      Der Missourier zog die Schultern hoch und gab sich den Anschein, als wollte er weiterspielen. Aber daran hatte niemand in seiner Umgebung mehr ein Interesse.

      Wyatt nahm seinen Hut ab, schob das Geld mit den offenen Händen hinein und setzte sich die nun schwer gewordene Kopfbedeckung wieder auf.

      Mit sauren, ängstlichen Gesichtern sahen ihn die Leute in der Schenke an.

      Der Marshal ging hinaus. Als er in den Sattel steigen wollte, sah er an der Hausecke einen Mann stehen, der ihm zuwinkte.

      Wie unauffällig ritt Wyatt an ihn heran.

      Es war der verlebte Tonio, der seinen schmerzenden Schädel hielt und ihm zuflüsterte: »Er war heute hier, Señor. Heute mittag. Aber die Leute haben Angst vor ihm. Er ist nach Süden weitergeritten. Ich schwöre es Ihnen bei der Heiligen…«

      Wyatt warf ihm das Geldstück zu und ritt weiter.

      Er war also hiergewesen, der Tomb-

      stone Bandenchief!

      Wyatt beschloß weiterzureiten.

      Und in der Morgenfrühe des nächsten Tages erreichte er die kleine Stadt Flaminias.

      Zweihundert Häuser, zwei kleine weiße Kirchen, zahllose braungebrannte schwarzäugige, zerlumpte Kinder und struppige, verwahrloste Hunde. Alte Frauen trugen hohe dunkle Tonkrüge mit artistischer Sicherheit auf ihren Köpfen, und in der Mitte der Stadt, wo sich die Hauptstraße zu einem kleinen Platz weitete, bereiteten lautschreiende


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