Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


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sehr wichtig, Alter, daß du gezittert hast. Und es hat dem Marshal eine Menge genützt. Überhaupt scheint das Händeringen deine wichtigste Beschäftigung zu sein.«

      Er erhob sich, und gleich darauf fiel die Tür hinter ihm krachend ins Schloß.

      Es war dunkel geworden. Schwarzblau spannte sich der Himmel über die Steppe, und eine winzige Mondsichel kroch dem Zentit entgegen.

      Der Texaner schlenderte durch die engen Gassen, in denen noch die Hitze des Tages stand und von den weißen Mauern zurückgeworfen wurde, und stieg langsam zur Ortsmitte, die in den Fels gehauene Treppe zu dem großen eisernen Tor der Mission hinauf.

      Fast anderthalb Stunden saß er oben neben der Mauer in der Nische des Torpfeilers und lauschte in die Nacht.

      Plötzlich horchte er auf. Oben im Hof war ein winzig knirschendes Geräusch gewesen. Das Geräusch eines Schrittes.

      Luke nahm einen seiner Revolver aus seinem Halfter und richtete sich langsam auf. So weit, daß er über die Mauer spähen konnte. Vor ihm lag der weite Missionshof.

      Und jetzt löste sich drüben aus dem Schwarz des Gemäuerschattens eine Gestalt, die den Hofplatz langsam überquerte.

      Der Texaner riß die Augen auf.

      War das eine Frau? Nein, es war ein Mann. Mit bis auf die Schulter herabhängendem Haar.

      Ein Indianer!

      Luke spannte die Faust hart um den Revolver. Den Daumen am Hahn und den Finger am Abzug. Der Mann kam langsam näher. Zwanzig Yards war er nur noch vom Tor entfernt.

      Er machte noch acht, neun Schritte und blieb dann stehen.

      Der Texaner fixierte ihn scharf. Reglos lehnte er an der Mauer. Welch ein Spuk! Oben in einer der gähnenden Fensterhöhlen hing die Mondsichel wie eine Ampel.

      Der Indianer schien zur Mauer hin-überzublicken. Und plötzlich setzte er sich in Bewegung und kam genau auf die Stelle zu, an der der Texaner kauerte.

      Luke rührte sich nicht. Wie ein Stein hing er da, wie ein Stück von der Mauer.

      Der Indianer kam immer näher. Drei Yards vor der Mauer blieb er stehen.

      »Sucht mich der weiße Mann?«

      Verblüfft richtete sich der Texaner auf. »He, Rothaut!« stieß er hervor, »hast du mich etwa auf diese Distanz gerochen? Dann wird’s aber Zeit, daß ich ein Bad nehme.«

      Unbeweglich wie ein Baum stand der Indianer da. »Agostino kennt das Haus des Weißen Gottes schon fast siebzig Sommer und Winter. Er kennt jeden Stein, auch in der Nacht. Und wenn irgendwo an der Mauer eine Erhöhung ist, so muß ihm das auffallen. Zudem ist der Hut des weißen Mannes so hell, daß man ihn auf hundert Schritte sehen kann.«

      »Heavens, deine Augen möchte ich haben, Brother.«

      Und nun legte der Texaner dem greisen Apachen die gleiche Frage vor, die er im Laufe des vergangenen Tages jedem Menschen vorgelegt hatte, der ihm in den Straßen der Stadt begegnet war.

      Zu seiner größten Verwunderung erwiderte der Indianer: »Der weiße Mann mag morgen früh wiederkommen, wenn die Sonne aufgeht. Agostino hat jetzt keine Zeit.« Damit hob er die Rechte zum Gruß an und ging über den weiten Hof davon.

      Der Texaner sah ihm nach, bis die Schatten des Gemäuers die Gestalt verschluckt hatten.

      Luke schob den Hut aus der Stirn und wischte sich durchs Gesicht. »Heavens, habe ich das Ganze eben geträumt, oder war der Bursche wirklich hier?« Er beschloß, das letztere anzunehmen, ließ sich in der Mauernische nieder, um die Verabredung mit dem greisen Indianer auf keinen Fall zu verpassen.

      Als der Texaner die Augen aufschlug, graute der Tag, und fünf Yards vor ihm hielten zwei Reiter.

      Doc Holliday und der Desperado Billy Claiborne.

      Luke Short sprang auf, wandte sich um und sah in den Hof. Dann lief er auf den Spieler zu und reichte ihm die Hand.

      »He, Doc, Sie sind auf jeden Fall kein Spuk! Kenne ich den Burschen nicht, den Sie da im Schlepp haben?«

      »Doch, Luke. Und er hat Ihnen eine interessante Geschichte zu erzählen. Aber vorher erzählen Sie mir mal, was Sie hier machen. War das Boardinghouse zu teuer?«

      »Boardinghouse? Ehe ich mich in diesem verlausten Kaff in ein Bett lege, schlafe ich unter dem Himmel, und außerdem habe ich hier gleich eine wichtige Verabredung.«

      *

      Wyatt Earp hatte einen Gewaltritt ohnegleichen hinter sich. Als er im ersten Tagesdämmern Haderyk vor sich liegen sah. Wie von einer magischen Kraft gezogen, hielt er gleich auf die alte Mission zu. Er erreichte die Umfassungsmauer genau auf der entgegengesetzten Seite, wo der Texaner in der Tornische hockte und schlief.

      Der Missourier ließ den Braunen vor der Mauer, stieg durch eine Bresche hinüber und gelangte in den Hof. Unwillkürlich hielt er auf den Glockenturm zu. Als er ihn schon erreicht hatte, hörte er ein winziges Geräusch, preßte sich dicht an die alte Mauer und verharrte minutenlang schweigend. Plötzlich gewahrte er zu seiner grenzenlosen Verwunderung in dem Turmeingang die Gestalt eines Indianers. Wie ein hölzernes Standbild verharrte der Rote da und blickte auf die Stadt hinunter.

      Da löste sich der Marshal von der Mauer. »Der rote Mann wohnt in diesem steinernen Lager? Dann mag er mir verzeihen, daß ich hier eingedrungen bin.«

      Der Kopf des Apachen war herumgeflogen, und als er den Weißen sah, zuckte er förmlich zusammen. »Du… suchst ihn?«

      Das Herz des Missouriers begann wild zu hämmern. »Ich suche meinen Bruder.«

      Der Indianer nickte. »Ja, ich glaube dir. Er ist dein Bruder. Er hat deine Augen und deine Gestalt. Komm mit.«

      Er verschwand im Toreingang.

      Wyatt zog vorsichtshalber beide Revolver und folgte ihm. Es ging über mehrere Treppen und durch schwere Eisentüren, und dann stand Wyatt Earp in einer sauberen kleinen Kammer vor dem Lager seines Bruders.

      Virgil lag mit bleichem, eingefallenem Gesicht, aber schon wieder klaren Augen da und blickte dem jüngeren Bruder froh entgegen. »Wyatt! Ich wußte, daß du kommst…«

      Der Apache stand in der Tür und hatte die herzliche Begrüßung der Brüder beobachtet. »Er ist ein starker und gesunder Mann«, sagte er. »In ein paar Tagen wird er wieder in den Sattel steigen können, um den Mann zu suchen, der ihn hinterhältig ermorden wollte.«

      Ein roter Lichtschein drang wie ein Strahlenbündel ins Fenster. Der Indianer erklärte:

      »Ich muß gehen. Vorn am Tor wartet noch ein weißer Mann auf mich, der hier nach einem Freund gefragt hat.«

      Wyatt fuhr hoch. »Ein Mann mit einem zerschlissenen Hut mit…«

      »Der war auch hier«, unterbrach ihn der Rote. »Ich habe ihm den Revolver meines Freundes gegeben, damit er wieder ging.«

      »Ike Clanton«, sagte Wyatt tonlos.

      »Der Mann draußen am Tor ist viel größer«, erklärte der Apache. »Er trägt einen weißen neuen Hut. Außerdem sind seine Augen besser als die des anderen.«

      Er ging hinaus. Wenige Minuten später brachte er Doc Holliday, Ike Short und den todesbleichen Tramp Claiborne mit. Der Texaner beugte sich, nachdem Holliday Wyatts Bruder stumm begrüßt hatte, zu dem Genesenden nieder.

      »Hallo, Virg. War ein ziemlich verzwickter Weg zu Ihnen her. Aber Sie haben sich hier eine verdammt gute Festung ausgesucht. Da hätten wir Sie noch ein paar Monate suchen können. Ich hoffe, daß Sie bald wieder aufstehen können. Habe da unten in der Cantina bei der hübschen Dolores einen ganz erträglichen Whisky entdeckt.«

      Virgils Blick haftete auf dem bleichen Gesicht des Desperados. Dann sah er Doc Holliday an. »Wie haben Sie den nur gefunden, Doc?«

      Der Spieler lehnte neben dem Fenster. »Das war nicht einmal sehr schwer. Er saß im Crystal Palace und


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