Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.
»Dieser Mann da…«, Croydon wies mit dem ausgestreckten Arm auf den Missourier, »hat in Solomon einen Streit mit meinen Leuten begonnen. Er hat meinen Vormann niedergeschlagen, er hat zwei meiner anderen Boys mit Faustschlägen zurückgeworfen…«
»Dann ist er ganz sicher der richtige Mann für die Salina Overland«, meinte Mister Callaghan völlig ruhig.
»Ach, Sie billigen dieses Verhalten Ihrer Leute also?« fauchte Croydon.
Der Overland Chief nahm seine goldgeränderte Brille ab, holte ein blütenweißes Taschentuch hervor, polierte die Gläser und sprach erst, als dies in aller Gründlichkeit geschehen war, weiter.
»Nicht so hastig, Rancher. Wenn Mister Stapp Ihren Vormann niedergeschlagen hat, dann wird Ihr Vormann meinem Driver höchstwahrscheinlich einen Grund dazu gegeben haben. Ich kann mir nicht denken, daß er sich aus lauter Kraftüberschuß auf Mister Broncy geworfen hat.«
Croydons Gesicht wurde düster.
»Ich habe weder Lust noch Zeit, Callag… Mister Callaghan, mich hier mit Kleinigkeiten und Einzelheiten aufhalten zu lassen. Fest steht, daß dieser Mensch ein übler Schläger und vielleicht auch noch ein wilder Schießer ist. Wir standen ganz friedlich in der Prärie-Bar, als dieser Ban…«
»Mister Croydon!« Metallen klang die Stimme des Marshals über den Straßenpart. »Steigen Sie auf Ihren Gaul und reiten Sie auf Ihre Ranch. Ihre haltlosen Beschuldigungen könnten sonst in Salina den Eindruck erwecken, als ob Sie etwas gegen die Overland hätten.«
Der Viehzüchter wurde von einer Sekunde auf die andere aschgrau. Mit belegter Stimme stieß er hervor:
»Was soll das heißen, Stapp? Wollen Sie etwa behaupten, daß ich…, daß ich, Lester Croydon, mit den drei Toten zu tun habe?«
Wyatt schüttelte den Kopf.
»Das habe ich nicht gesagt, Mister Croydon.« Und blitzschnell fügte er hinzu: »Wie kommen Sie übrigens auf drei Tote, Mister Croydon?«
»Wieso…?«
»Wir haben hier einen Toten gehabt, Jonny Lee.«
»Und die beiden Driver?« fauchte der Rancher wütend, »leben die etwa noch?«
Wie aus der Pistole geschossen kam die nächste Frage des Missouriers: »Wissen Sie etwa, daß sie noch leben?«
Croydon wischte sich über die Stirn. Dann brüllte er:
»Sheriff! Ich verlange von Ihnen, daß Sie diesen Burschen zur Rechenschaft ziehen. Er hat mich tief beleidigt. Mich, einen Lester…«
Wyatt Earp winkte ab. »Den Song kennen wir nun schon, Mister Croydon. Es wäre besser für Sie gewesen, wenn Sie nicht in die Stadt gekommen wären. Und dann will ich Ihnen noch etwas sagen: Wenn ich noch einmal mit Ihnen zusammengerate, und einer Ihrer Leute bedroht mich, und Sie ziehen wieder den Colt, dann gibt’s Ärger. So long, Mister Croydon!«
Wyatt wandte sich um und verließ die Straße.
Croydon zeterte noch eine Weile herum.
»Jedenfalls lasse ich es mir nicht bieten, daß die Overlandleute nur aus Angst vor angeblichen Banditen jetzt verrückt spielen. Wenn noch etwas vorkommt, dann…«
Der Sheriff wandte sich ab und ging auf sein Office zu.
Aufgebracht brüllte der Rancher ihm nach:
»Haben Sie schon eine Spur von den Ermordeten gefunden, Sheriff? He? Ist doch Ihre Aufgabe, sich um verschwundene Bürger zu kümmern. Nicht wahr. Oder irre ich mich da?«
Bride wandte sich um. »Kümmern Sie sich um Ihre Ranch, Mister Croydon, und lassen Sie meine Sorgen meine Sorgen sein!«
Die nächsten drei Tage geschah nichts. Ungehindert erreichte die Salina Overland die beiden Städte. Und die Menschen hatten sich bereits wieder so sehr daran gewöhnt, daß sie die Ereignisse vergaßen.
Sogar den Ärger mit dem Rancher Croydon vergaßen sie.
Vielleicht hätten sie auch den alten Wilkins vergessen, wenn der Richter nicht eine Bekanntmachung hätte anschlagen lassen, auf der zu lesen stand, daß morgen die Verhandlung gegen Jeffrey Wilkins stattfinden würde.
Die beiden Dodger Männer hatten am Abend mit den Wechselpferden die Stadt wieder verlassen und waren unbehelligt nach Mitternacht in Abilene angelangt, wo sie gegenüber der Poststation ihr zweites Quartier hatten.
Als sie über die Straße gingen, sahen sie, wie ein Mann aus Jimmys Bar auf die Straße geworfen wurde. Er lag im Sand, rappelte sich hoch und griff nach seinem Schießeisen.
Da feuerte oben in der Tür der Bar der Mann, der ihn hinausgestoßen hatte, zwei Schüsse auf ihn ab.
Der andere auf der Straße brach zusammen.
Wyatt Earp und Doc Holliday waren ruhig im tiefen Dunkel eines Vorbaues stehengeblieben. Der Mann, der aus der Schenke kam, sprang auf die Straße und versetzte dem anderen, den er niedergeschossen hatte, einen Fußtritt.
Da war Wyatt Earp hinter ihm, riß ihn herum und starrte verblüfft auf den Stern auf der Brust des anderen.
»Was fällt Ihnen ein!« schrie Sheriff Ferguson.
Wyatt sah ihn aus harten Augen an.
»Das möchte ich Sie fragen, Sheriff. Wie kommen Sie dazu, diesen Mann mit zwei Schüssen niederzustrecken und dann auch noch nach ihm zu treten?«
»Er ist ein ganz dreckiger Tramp, der überall Unruhe stiftet… Und wenn Sie alles beobachtet haben, dann werden Sie auch gesehen haben, daß er den Colt zog.«
»Er griff zum Colt«, sagte Wyatt frostig.
»Na und? Sollte ich da warten, bis der Bursche mich über den Haufen schießt?«
»Nein, Sheriff. Aber es war auch nicht notwendig, den Mann niederzuschießen. Sie hätten ihm den Revolver aus der Hand schießen können.«
Sheriff Ferguson lachte ein rauhes Lachen.
»Den Mann möchte ich sehen, der einem anderen noch die Waffe aus der Hand schießen kann, wenn der zuerst nach dem Colt gegriffen hat.«
Doc Holliday, der sich um den Verletzten bemüht hatte, richtete sich auf und meinte:
»Ich kenne Leute, die hatten noch nicht gezogen, wenn andere schon mit dem Daumen den Hahn zurückzogen – und doch feuerten sie dem Gegner den Colt aus der Hand. Das sieht dann beispielsweise so aus.«
Mit traumhafter Schnelligkeit flog die Hand des Spielers zum Revolver, und gleich darauf bellten von dessen rechter Hüfte zwei Schüsse auf.
Oben auf dem Vorbau hinter Wyatt Earp und dem Sheriff standen drei Männer. Zwei von ihnen hatten den Revolver in der Hand gehabt. Und Doc Holliday, wie er es dem Sheriff versprach, hatte ihnen die Waffen aus den Händen geschossen.
Ruhig erklärte der Gambler:
»Sehen Sie, Sheriff, das sind nun Freunde von uns. Boys von der Croydon Ranch. Wären es jetzt Feinde gewesen, hätte die Sache unter Umständen etwas unangenehmer für sie ausgesehen. Es ist immer schlecht, wenn Leute zum Revolver greifen, die nicht schnell genug damit umgehen können, und die die feste Absicht haben, andere Menschen auszupusten. – Es wäre gut, wenn Sie den Mann zum Doc schaffen ließen. Er hat einen Steckschuß in der Hüfte, und die zweite Kugel hat seine Schläfe gestreift. Schützen gibt’s, die treffen auf drei Yards keine Overland. So long, Sheriff.«
Die beiden gingen dicht an den Croydon-Cowboys vorbei auf ihr Quartier zu.
»Komisch«, meinte Holliday so laut, daß die Cowboys es noch hören konnten, »daß man diese Burschen allenthalben trifft. Croydon muß ziemlich wenig Arbeit haben. Ich glaube, daß wir da nie nach einem Job zu fragen brauchen.«
Nach einer halben Stunde, als die Croydon-Leute aus der Stadt geritten waren, verließen die beiden Dodger das Boardinghouse durch die Hoftür.