Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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einen Sohn Peter-Alexander, der aber nur Peterle genannt wurde.

      Das junge Ehepaar liebte Tiere sehr. Das Tierheim Waldi & Co. war für beide zu einer lohnenden Aufgabe geworden. Den Namen hatte das Heim dem Langhaardackel Waldi zu verdanken. Als dieser einem Kind das Leben gerettet hatte, war das Tierheim nach ihm benannt worden.

      Waldi war jedoch nicht der einzige Hund in dem geräumigen modernen Landhaus des Tierarztes. Auch Waldis Frau, genannt Hexe, und die Kinder der beiden, Pucki und Purzel, lebten in der Villa. Das fröhliche Gebell der vier Dackel schallte oft so laut durch das Haus, dass die große schwarze Dogge Severin empört ihre Ohren zurücklegte und sich schüttelte, als habe man sie mit Wasser begossen. Das kümmerte die Dackel allerdings wenig. Sie hielten es für ihre Pflicht, allen kundzutun, dass sie dawaren. Waldi fühlte sich ganz als Chef des Tierheims und ließ sich auch von Severin nicht einschüchtern.

      Auch jetzt, als die Kinder aus Denises Wagen stiegen, fingen die Dackel laut zu bellen an, sodass sich Andrea, die von dem Gebell aus dem Haus gelockt worden war, beide Ohren zuhielt und rief: »Seid doch endlich still, ihr Rasselbande.«

      Ihre Stimme hatte eine erstaunliche Wirkung auf die vier Dackel. Sofort verstummten sie und sahen ihr Frauchen anbetungsvoll an.

      Andrea begrüßte ihre Stiefmutter, die sie innig liebte, lachend. »Mutti, fein, dass ihr kommt. Betti hat heute Apfelkuchen gebacken. So viel, dass ich schon Angst hatte, er wird alt werden.«

      »In einem solchen Fall brauchst du nur einige Kinder von Sophienlust einzuladen. Dann lebt der Kuchen kaum einen Tag«, erwiderte Denise fröhlich.

      »Guten Tag, Schwesterherz«, begrüßte Nick seine Stiefschwester mit brüderlicher Herzlichkeit. »Bist du nicht dicker geworden?«

      »Bin ich das wirklich, Mutti?«, fragte Andrea entsetzt und blickte an sich herunter. Sie war eine grazile mittelgroße Frau mit dunkelbraunen Haaren und auffallend schönen blauen Augen.

      Nick grinste von einem Ohr bis zum andern. »Hereingefallen, Schwesterchen!«, rief er übermütig.

      »Na, warte!« Andrea drohte ihm mit der Faust. »Dann kann ich ja heute Nachmittag beruhigt Kuchen mit Schlagsahne essen. Hans-Joachim ist noch nicht da. Er hat soeben angerufen und mich gebeten, die Besitzer seiner vierbeinigen Patienten etwas zu vertrösten. In einer guten halben Stunde werden sie bestimmt das Wartezimmer zu füllen beginnen. Bis dahin habe ich aber noch Zeit.«

      »Wo ist denn Hans-Joachim?«, wollte Henrik wissen.

      »Auf einem Bauernhof. Eine Stute bekommt ihr Fohlen. Na, Nina, du bist auch noch da?«, fragte Andrea und sah die Neunjährige an. Zu spät hatte sie Denises Blick aufgefangen.

      »Ja, weil meine Eltern noch nicht gekommen sind«, erwiderte das Mädchen leise und senkte den Kopf, damit niemand die Tränen in seinen Augen sah.

      Inzwischen hatten auch die anderen Kinder Andrea begrüßt. Sie folgten ihr nun ins Haus.

      Zuerst gingen alle – wie konnte es auch anders sein – zu Peterle. Der Stubenwagen stand auf der Terrasse.

      »In diesem Jahr ist der September so schön, dass ich Peterle fast den ganzen Tag draußen lassen kann«, erklärte Andrea und beugte sich über ihren Sohn. Mit mütterlicher Zärtlichkeit strich sie ihm über das flaumige blonde Haar. Aus seinen großen braunen Augen lachte er seine Mutter an.

      »Peterle, deine Großmama ist gekommen. Deine beiden Onkel sind auch da«, sagte die junge Frau. »Und Pünktchen und Nina auch.«

      Peterle krähte fröhlich. Als Denise sich über den Stubenwagen beugte, streckte er ihr die Ärmchen entgegen.

      Denise hob den kleinen kräftigen Jungen hoch und gab ihm einen Kuss.

      »Findet ihr nicht auch, dass Peterle Nina ähnlich sieht?«, meinte Henrik. Er war sehr stolz darauf, dass er schon Onkel war.

      »Wie kommst du denn darauf?«, fragte seine große Halbschwester erstaunt.

      »Na ja, weil Peterle und Nina braune Augen und blonde Haare haben.«

      »Stimmt, mein Junge«, entgegnete Denise lachend.

      Das Hausmädchen Betti erschien. Die Dogge Severin folgte ihr auf dem Fuß. Sie beäugte die Kinder misstrauisch, weil sie so dicht bei Peterle standen. Als Severin aber erkannte, wer die Gäste waren, wedelte er freundlich mit seiner spitzen Rute.

      Nach dem Kaffee liefen die Kinder zum Tierheim. Es war ein langgestreckter Flachbau mit einer breiten zweiflügeligen Tür und hocheingelassenen Fenstern.

      Der Tierpfleger Helmut Koster begrüßte die Kinder und führte sie zu den einzelnen Boxen. Während sie sich dort über die Schimpansen Luja und Batu, über die Braunbärin Isabell und deren Kinder Taps und Tölpl, die unermüdlich die Rutsche hinuntersausten, amüsierten, erzählte Denise Andrea von Ninas Kummer.

      »Ich habe das Gefühl, irgendetwas stimmt bei den Hilles nicht. Frau Hille war doch so sehr um Nina besorgt, als sie das Kind zusammen mit ihrem Mann zu Beginn der Ferien nach Sophienlust brachte. Mir ist ihr Schweigen unverständlich.«

      »Wenn etwas geschehen wäre, Mutti, hätten wir das bestimmt erfahren.«

      »Das sage ich mir ja auch. Trotzdem bin ich in großer Sorge. Ich habe gestern mehrmals in der Villa angerufen und versucht, jemanden zu erreichen. Aber niemand hat sich gemeldet. Dabei haben sie doch Hausangestellte. Nina erzählte das.«

      »Das ist merkwürdig«, gab Andrea zu. »Am Dienstag fängt die Schule an. Bis dahin wird Nina bestimmt abgeholt werden.«

      »Wenn nicht, fahre ich nach Frankfurt und erkundige mich an Ort und Stelle, was los ist«, nahm sich Denise vor.

      »Ich begleite dich dann, Mutti. Hans-Joachim kann schon mal einen Tag ohne mich auskommen. Sieh doch, Mutti, die Kinder haben sich den Esel Fridolin vor den alten Gig spannen lassen.« Andrea deutete auf den Wagen und den Esel. Pünktchen und Nina saßen im Gig, Nick und Henrik liefen nebenher.

      Die Dackel, die bisher ruhig im Schatten der Terrasse auf dem Rasen gelegen hatten, sprangen bellend auf und liefen zu dem Gespann hin.

      Fridolin nahm ihr Gebell übel und setzte sich kurzerhand auf sein Hinterteil. Selbst Helmut Koster gelang es nicht, ihn zum Weitergehen zu bewegen. Erst als das Liliput-Pferdchen Billy und der alte Esel Benjamin angetrabt kamen, bequemte Fridolin sich endlich zum Aufstehen.

      An diesem fröhlichen Nachmittag vergaß Nina ihren Kummer. Sie ahnte nicht, dass es für sie für lange Zeit der letzte glückliche Tag sein sollte.

      *

      Am nächsten Morgen blickte Nina beim Frühstück immer wieder aus dem Fenster. Sie wusste, wenn Tante Isi und die Kinder recht behalten sollten, mussten ihre Eltern an diesem Tag kommen, um sie abzuholen. Ihr großer Koffer war schon seit zwei Tagen gepackt. Nur der kleine Koffer war noch leer. Sobald ihre Eltern dasein würden, würde sie die Sachen, die sie täglich brauchte, schnell dort hineingeben.

      Denise kam gleich nach dem Frühstück von Schoeneich herüber.

      »Bis jetzt haben wir immer noch keine Nachricht von den Hilles«, sagte Frau Rennert besorgt. »Hoffentlich sind die beiden nicht verunglückt.«

      »Dann hätte man uns benachrichtigt.« Denise schüttelte den Kopf. »Es muss etwas anderes sein. Aber was?«

      »Unser Auto kommt!«, rief Nina in diesem Augenblick jubelnd und stürmte aus der Halle. »Es ist unser Auto! Mutti! Vati!«

      Barri lief bellend hinter Nina die Treppe hinunter. Die anderen Kinder folgten ihr etwas langsamer.

      Nina blieb wie angewurzelt stehen, als sie sah, dass nur ihr Vater aus dem Wagen stieg. Ihre Enttäuschung hätte den hochgewachsenen Mann mit den ernsten dunklen Augen und den dunklen Haaren kränken müssen. Aber er schien nicht einmal zu bemerken, wie enttäuscht seine Tochter war.

      Nina hing sehr an ihrem Vati und bewunderte ihn auch, aber ihre Mutti liebte sie weit mehr. »Guten Tag, Vati«, sagte sie mit zuckenden Lippen und gab ihm einen schnellen


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