Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
viele Collies so heißen. Ich werde ihn Kaspar nennen.«
»Aber der Collie ist ein Mädchen«, machte ihr Vater sie auf das Geschlecht des Hundes aufmerksam.
»Ach so. Nun, dann taufe ich ihn Cora. Nicht wahr, das ist doch ein hübscher Name?«
»Ja, Nina, der Name passt zu dem Hund. Ich glaube, du musst ihn jetzt in den Garten führen. Dort auf der Truhe liegt ein Halsband und auch eine Leine. Am besten ist es, wenn deine Cora sich von klein auf an die Leine gewöhnt.«
Nina sah ihren Vater selig an und verließ mit dem Hund das Haus.
Linda wurde es ganz seltsam ums Herz, als sie nach so langer Zeit zum erstenmal wieder ihr Schlafzimmer betrat. Dunkelrote Rosen leuchteten ihr vom Toilettentisch und vom Nachtkästchen entgegen.
»Peter, du bist so gut zu mir. Ich habe deine Güte nicht verdient«, sagte sie leise und drehte sich nach ihm um.
»Linda, wahre Liebe verzeiht alles. Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben.«
»Peter, trotzdem fühle ich mich zutiefst beschämt.« In ihren Augen glänzten Tränen.
»Das sollst du aber nicht, Linda. Du musst daran denken, was für eine Freude du Nina und mir mit deiner Heimkehr bereitet hast.«
»Habe ich das auch wirklich?«
»Was für eine Frage!« Er nahm sie in die Arme und küsste sie.
»Hallo, Mutti, Vati!«, rief Nina von der Tür her und riss sie in die Wirklichkeit zurück. Der kleine Collie zerrte spielerisch an der Leine. »Ich wollte euch noch etwas sagen.«
»Ja? Was gibt es?«, fragten beide wie aus einem Mund.
»Nun muss ich noch ein Brüderchen bekommen.«
Verdutzt blickte sich das Ehepaar an.
»Wieso ein Brüderchen?«, fragte Linda verwundert.
»Weil Pünktchen mir erzählt hat, wenn ihr euch versöhnt, bekomme ich einen kleinen Bruder.«
»Und wann wünschst du dir ein Brüderchen?«, fragte Peter amüsiert.
»Am liebsten schon heute«, erwiderte Nina prompt.
»Verschieben wir es doch lieber auf morgen«, entgegnete Linda mit einem schalkhaften Lächeln.
Das anschließende Gelächter ihrer Eltern war Nina ein Rätsel. Es ist schon ein Kreuz mit den Erwachsenen, dachte sie beleidigt und rief: »Komm, Cora, wir laufen wieder in den Garten.«
Laut fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.
»Geht es Mutti besser?« Angstvoll waren die großen ausdrucksvollen Augen der kleinen Antje auf Prof. Klaus Martell gerichtet.
»Ja, Kleines. Heute Abend kannst du sie schon für eine Viertelstunde besuchen.«
»Ach, Vati, ich habe so schreckliche Angst gehabt. Bloß gut, dass du selbst ein Doktor bist und unsere Mutti gesund machen kannst. Schwester Inge hat gesagt, jetzt kriegt sie kein Baby mehr. Stimmt das wirklich? Wir hatten uns doch alle so auf das Baby gefreut.« Die Stimme der Achtjährigen zitterte.
Klaus Martell zog die Kleine an sich und strich ihr über das krause Haar, das in zwei Zöpfchen geflochten war. »Schwester Inge hat leider recht, Antje. Mutti hat das Baby verloren. Du musst tapfer sein und darfst ihr nicht zeigen, dass du traurig bist. Sie ist sehr unglücklich.«
Antje begann zu weinen. Die ausgestandene Angst und Aufregung brachen sich nun Bahn. In der Nacht hatte der Professor seine Frau hinüber in die Klinik gebracht. Antje war von der ungewohnten Unruhe im Hause erwacht und hatte blass und stumm zugesehen, wie man die totenbleiche Mutter auf einer Trage aus dem Hause transportiert hatte. Niemand hatte Zeit gefunden, das verstörte Kind zu beruhigen und zu trösten. Denn bei Hanna Martell hatte akute Lebensgefahr bestanden. Jede Minute hatte gezählt.
»Es ist schade, Antje. Aber vielleicht bekommt unsere Mutti nächstes oder übernächstes Jahr ein Baby. Im Augenblick wollen wir dankbar sein, dass ihr nichts zugestoßen ist.«
»Wird sie bald gesund sein? Ihr Gesicht sah ganz weiß aus in der Nacht.«
»Es wird nicht allzu lange dauern, Antje. Genau kann ich es heute nicht sagen. Vielleicht muss sie sich nachher ein bisschen erholen.«
Antje fasste allmählich Mut. »Die Hauptsache, es geht ihr dann wieder gut, Vati.«
»Ja, Kind. Aber jetzt musst du in die Schule.«
»Ich mag nicht, Vati.« Bittend schaute Antje zu dem Professor empor.
»Was willst du denn den ganzen Tag hier anfangen? In der Schule kommst du auf andere Gedanken. Heute Abend besuchst du dann Mutti.«
Antje fügte sich. »Aber es ist kein Frühstück da«, wandte sie nun unsicher ein.
»Lass dir in der Klinik Kakao und ein Butterbrot geben. Mittags kannst du auch drüben essen. Das ist das einfachste.«
»Ja, Vati.«
Antje holte ihre Schultasche und lief durch den Garten zum Klinikbau hinüber, denn sie musste sich beeilen, wenn sie rechtzeitig in der Schule sein wollte.
Klaus Martell sah dem Kind nach. Dann schloss er die Haustür und begab sich ins Wohnzimmer, wo er sich in einen der tiefen Ledersessel sinken ließ und müde den Kopf in die Hand stützte. Nun, da die unmittelbare Gefahr für seine geliebte Hanna vorüber war, kam bei ihm die Erschöpfung. Er hatte in der letzten Nacht nur eine Stunde geschlafen.
Ein Seufzer entrang sich seiner Brust. Die Fehlgeburt bedeutete auch für ihn eine herbe Enttäuschung. Wie sehr hatten Hanna und er sich einen Sohn gewünscht. Auch ein Töchterchen wäre ihnen willkommen gewesen. Nun war alle Hoffnung zerstört.
Klaus Martell zuckte nervös zusammen, als die Hausglocke ertönte. Unwillig stand er auf und ging zur Tür, um zu öffnen. Draußen stand Schwester Inge, seine tüchtige Oberschwester, mit einem Tablett.
»Sie müssen wenigstens frühstücken, Herr Professor«, erklärte sie.
Der Professor wusste, sie meinte es gut. Dass er im Moment keine Lust auf Toast, Ei, Schinken und Kaffee hatte, würde sie nicht verstehen.
»Danke, Schwester Inge. Das ist nett von Ihnen.« Er quälte sich die höfliche Antwort ab.
Schwester Inge achtete nicht darauf. Betulich trug sie das Tablett ins Esszimmer und deckte den Tisch für ihren Chef. Sie bestand darauf, dass er sich an den Tisch setzte und sie ihm die Tasse mit dem heißen Kaffee füllen konnte. Dann allerdings eilte sie davon, denn drüben in der Klinik wartete viel Arbeit auf sie.
Klaus Martell rührte nichts von dem, was auf dem Tisch stand an. Nicht einmal den Kaffee. Blicklos starrte er zum Fenster hinaus. Doch zwei Stunden später, als er mit seinen Ärzten Chefvisite abhielt, war ihm nicht mehr anzumerken, dass er eine anstrengende Nacht ohne Schlaf hinter sich hatte, die ihm persönlich eine große Enttäuschung gebracht hatte.
*
Hanna Martell rang sich ein Lächeln ab, als ihr Mann das Zimmer betrat. Sie sah immer noch blass und angegriffen aus, obwohl die Fehlgeburt nun schon drei Wochen zurücklag. Zwar hatte sie die Klinik schon nach acht Tagen verlassen können, doch machte sich der Professor um ihren Allgemeinzustand Sorgen. Auch Antje entging die Veränderung ihrer Mutti nicht. Sie klagte, dass es daheim nicht mehr so sei wie früher.
Klaus Martell beugte sich über Hanna und küsste sie. »Ich habe heute die genauen Untersuchungsbefunde vom Kollegen Heim bekommen, Hanna. Es ist alles in Ordnung mit dir.«
Müde hob sie die Schultern. »Davon war ich überzeugt, Klaus. Es ist nichts. Aber ich brauche wohl einige Zeit, um mich damit abzufinden.«
»Nimm es nicht so schwer, Hanna. Wir haben