Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Sophienlust eingetroffen. Nur Nick, Henrik und Pünktchen waren noch nicht da.

      »Dabei ist es schon dunkel«, stellte Denise leicht besorgt fest.

      »Sie kommen schon!« Der Ausruf kam von Vicky, die Ausschau aus einem der Fenster in der Halle gehalten hatte.

      »Gott sei Dank! Herr Dr. Hille, ich glaube, Sie können jetzt zu Nina gehen«, sagte Denise, als Schwester Regine auf der Treppe erschien. »Vielleicht sollten Sie und Fräulein Snyder heute in Sophienlust übernachten«, schlug sie freundlich vor.

      »Das wäre nett, aber ich muss morgen um neun auf dem Gericht sein.«

      »Und ich möchte morgen nach den Staaten zurückfliegen«, erklärte Lucy.

      »Am liebsten würde ich das Kind mit nach Hause nehmen.« Peter erhob sich und folgte der Kinderschwester. Als Lucy ihm folgen wollte, hielt Denise sie sanft am Arm zurück. »Fräulein Snyder, bitte, bleiben Sie unten«, bat sie.

      »Ja, natürlich.« Leicht befremdet sah Lucy Denise an.

      »Frau Hille ist hier.«

      »Linda Hille?«

      »Ja, Fräulein Snyder. Sie hatten mir doch damals erklärt, Sie wollten Schicksal spielen. Ich glaube fast, das Spiel ist aufgegangen.«

      »Soll das heißen, dass Linda Hille Tonio verlassen hat?«

      »Ganz recht.«

      Lucy überfiel bei dieser guten Nachricht ein tiefes Glücksgefühl. Am liebsten hätte sie die ganze Welt umarmt. »Bitte, ist es möglich, dass ich hier sofort ein Taxi bekomme, das mich nach Frankfurt zurückfährt? Ich glaube, ich werde dort dringend gebraucht«, fügte sie leiser hinzu.

      »Ich rufe sogleich Herrn Müller an. Er hat ein Taxiunternehmen in Bachenau. Für Extrafahrten hat er stets etwas übrig.«

      Lucy folgte Denise ins Büro. Der Taxiunternehmer versprach, sofort einen Wagen zu schicken.

      »Am besten, ich verlasse Sie jetzt«, sagte Lucy. »Grüßen Sie bitte alle noch einmal herzlich von mir. Auf Wiedersehen, Frau von Schoenecker, und noch einmal vielen Dank für alles.«

      »Ich habe es gern getan. Und ich wünsche Ihnen viel Glück.« Denise reichte dem Mädchen die Hand.

      »Das kann ich gebrauchen. Aber ich glaube, es wird alles gut werden. Für Nina, für ihre Eltern und auch für mich.«

      Denise begleitete die junge Amerikanerin noch die Freitreppe hinunter. Lucy nickte ihr noch einmal lächelnd zu. Dann ging sie zum Parktor, um dort auf das bestellte Taxi zu warten.

      Denise kehrte ins Haus zurück und ging zu Linda, die mit dem Rücken zu ihr am Fenster stand, als sie eintrat.

      »Frau Hille, wenn Sie wollen, können Sie jetzt Nina sehen«, sagte Denise mit einem geheimnisvollen Lächeln.

      »Und ob ich will.« Linda drückte die Zigarette aus. Dabei klopfte ihr Herz zum Zerspringen.

      »Kommen Sie.« Denise führte die junge Frau in das obere Stockwerk hinauf.

      *

      Peter saß am Bett seiner Tochter und redete beruhigend auf sie ein. Aber Nina schien ihn nicht einmal zu hören. Sie blickte an ihm vorbei zur Tür, als erwarte sie, dass jeden Moment ihre Mutti dort auftauchen würde.

      »Nina, wie ich sehe, willst du durchaus nicht bei mir bleiben«, sagte Peter schließlich traurig. »Gut, dann darfst du bei deiner Mutter leben.«

      »Ach, Vati, ich will aber, dass ihr beide beisammenbleibt und dass ich Eltern habe«, erwiderte sie leise und sah ihn nun endlich an.

      »Weißt du, mein Kleines, das geht nicht.«

      »Pünktchen und Nick haben gesagt, dass bei einer Scheidung meist die Kinder die Hauptleidtragenden sind.«

      »Ja, Nina, das ist leider so.«

      »Dann verstehe ich nicht, warum sich Eltern trennen. Wir Kinder zanken uns doch auch manchmal und vertragen uns dann wieder. Warum geht das bei euch Großen nicht?«

      »Weil unsere Probleme schwerwiegender sind als eure.«

      »Nur, weil ihr das glaubt.« Nina setzte sich auf. Ihre Wangen waren hektisch gerötet, ihre Augen glänzten fiebrig. »Wenn ihr mich richtig lieb haben würdet, wäre alles viel einfacher. Dann würdet ihr nicht nur an euch denken.«

      Die Altklugheit seiner Tochter überraschte Peter. Er begriff, dass er Nina viel zuwenig kannte, weil er kaum daheim war. Linda dagegen war stets von morgens bis abends mit ihr beisammen gewesen. War es da ein Wunder, dass das Kind sich vor Sehnsucht nach seiner Mutter verzehrte? Er selbst würde Linda ja auch gern verzeihen, wenn sie das wünschte. Aber sie wollte doch nicht zu ihm zurückkehren.

      »Nina, ich muss jetzt fahren. Wenn du willst, hole ich dich Ende der Woche ab.«

      »Wenn ich nicht mit Mutti beisammen sein kann, will ich hierbleiben«, erklärte Nina mit einem Anflug von Trotz.

      »Nina, bitte …«

      Aber das Kind achtete nicht mehr auf ihn, sondern starrte wie gebannt auf die Tür. »Mutti«, flüsterte es dann. »Meine liebe Mutti …«

      Langsam drehte sich Peter um. Dann stand er auf. »Linda«, sagte er fassungslos. »Linda, wo kommst du denn her?«

      »Ich habe in der Villa angerufen, weil ich Nina sprechen wollte. Wally hat mir gesagt, was geschehen ist. Da habe ich mich sofort ins Auto gesetzt und bin hierhergefahren.«

      »Mutti! Mutti!«, rief Nina und schob die Bettdecke zurück.

      »Mein Liebling, bleib liegen.« Linda war schon bei ihr und setzte sich auf den Bettrand.

      »Muttilein! Liebe, liebe Mutti«, sagte Nina immer wieder und schlang ihre Arme um Lindas Hals. »Geh nie wieder fort von mir. Bitte, bitte, tu es nicht. Ich war so schrecklich unglücklich.«

      »Ich bleibe bei dir, mein Liebling.«

      »Vati, Mutti bleibt bei uns!«, rief Nina triumphierend.

      Peter stand dieser neuen Situation ratlos gegenüber. »Nina, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«

      »Vati, Mutti darf uns nicht mehr verlassen. Bitte, sage es ihr doch«, flehte Nina und begann wieder zu weinen.

      Linda suchte Peters Blick, und er nickte ihr kaum merklich zu. »Ninalein, du darfst dich jetzt nicht mehr so aufregen, sonst wirst du noch krank. Ich bleibe bei euch.«

      »Ganz bestimmt? Versprichst du es mir?« Nina trocknete ihre Tränen.

      Wieder blickte Linda ihren Mann an, und wieder nickte er ihr zu. »Ich verspreche es dir, Ninalein.«

      »Ach, Mutti, ich bin so glücklich. Seitdem du uns verlassen hast, hat niemand mehr Ninalein zu mir gesagt.«

      »Mein Ninalein«, wiederholte Linda zärtlich und wiegte ihre Tochter wie ein Baby in den Armen hin und her. »Du musst aber jetzt schlafen, damit du morgen wieder ganz munter bist.«

      »Aber du bleibst doch in Sophienlust?«

      »Ja, Ninalein.« Linda hoffte, dass sie das Kind nicht enttäuschen musste. Denn noch hatte sie keine Ahnung, wie alles weitergehen würde.

      Nina streckte sich mit einem glücklichen Lächeln aus. »Dann hat sich mein größter Wunsch doch erfüllt. Dann bin ich nicht umsonst fortgelaufen. Es ist alles genauso gekommen, wie Pünktchen es gesagt hat. Auf einmal bin ich so müde, dass ich kaum noch meine Augen aufhalten kann. Mutti, liebe, liebe Mutti.«

      Als Linda ihr Kind noch einmal an sich zog, standen ihre Augen voll Tränen. Peter stand stumm dabei und ließ keinen Blick von den beiden. Würde Linda wirklich bei ihnen bleiben?, fragte er sich bange.

      »Sie schläft«, flüsterte Linda und löste sich von Nina. Liebevoll deckte sie ihren Liebling zu. »Komm«, sagte sie dann.

      Peter folgte ihr auf den Gang


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