TO DIE FOR - Gnadenlose Jagd. Phillip Hunter

TO DIE FOR - Gnadenlose Jagd - Phillip Hunter


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sich so seltsam verhalten hatte, und glaubte, einen Leibwächter zu brauchen. Er muss davon ausgegangen sein, dass ich Wind davon bekommen hatte, dass er meinen Namen mit Dreck bewarf.

      »Ich konnte Kendall noch nie leiden«, sagte King. »Hab ihm nie getraut. Er redet zu viel.«

      Eines von Daleys Kindern, ein kleines blondes Ding, kam ins Zimmer gerannt und blieb wie angewurzelt stehen, als es mich sah. Starrte mich mit großen Augen und offenem Mund an. Dann fiel ihm wieder ein, dass es Beine hatte, drehte sich um und rannte hinaus.

      Daley erzählte mir irgendwas, dass der Name des Kindes auf Holländisch etwas Bestimmtes bedeutete. »Meine Mutter war Holländerin, weißt du?«

      Etwas von dem, was King sagte, war hängengeblieben. Es passte nicht zusammen. Als Daley damit fertig war, mir seine Familiengeschichte zu erzählen, fragte ich King: »Letzte Woche?«

      »Hä?«

      »Du sagtest, er hat dir das letzte Woche erzählt.«

      »Ja. Nachdem ich dich im Boxklub gesehen hatte, rief ich ihn an und sagte ihm, dass wir dich gern bei dem Juwelier-Job dabei hätten.«

      »Das war vor der Sache mit dem Casino?«

      »Ja, klar doch.«

      Etwas Schweres drückte von innen gegen meinen Kopf.

      »Hast du Kendall gesagt, dass du mich wegen dem Juwelier getroffen hast?«

      »Nein.«

      Kendall!

      Kapitel 4

      Es ergab keinen Sinn. Kendall hatte King noch vor dem Casino-Job von mir abgeraten. Warum hatte er dann aber nicht Beckett gewarnt? Kendall war nicht dumm. Er hätte nicht riskiert, Beckett auflaufen zu lassen. Außerdem hatte Kendall mir gesagt, dass es der Überfall auf Ellis und der Tod von Simpson waren, die mich verdächtig aussehen ließen: Zwei Jobs, vier Tote, beide Male fehlte die Beute. Keine Frage, die Kombination ließ mich schuldig aussehen, oder vom Pech verfolgt, aber mich noch vor der Sache mit dem Casino schlecht machen – das ergab keinen Sinn.

      All das ging mir im Kopf herum, als ich die Treppen zu meiner Wohnung hinauf stapfte. Als ich die Tür öffnete, nahm ich schützend die Arme hoch. Keine Ahnung, warum ich das tat – wahrscheinlich aus Gewohnheit. Der erste Schlag landete auf meiner rechten Schulter. Der Schmerz schoss mir durch den Rücken und meine Rippen. Ich biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an. Der zweite Schlag kam von links. Ich bewegte mich schnell, wich zurück und nahm so dem Schlag die Kraft. Trotzdem traf er mich wie ein elektrischer Schock seitlich am Kopf. Alles drehte sich und verschwamm, aber daran war ich gewöhnt. Ich duckte mich und stürzte in die Richtung, aus der der Schlag gekommen war. Sah jemanden. Ich holte mit der Linken aus, spürte Knorpel, Fleisch und brechende Knochen, hörte ein Stöhnen und dann ein lautes Krachen. Rechts von mir blitzte etwas anderes auf. Ich machte einen Schritt zurück in die Türöffnung. Etwas rauschte vor mir durch die Luft. Ein Baseballschläger, wie ich jetzt sah. Mein rechter Arm war taub, und wenn ich die Linke benutzte, würde ich das Gleichgewicht verlieren. Ich stürmte mit der Schulter in den Mann hinein. Zusammen stürzten wir in die Küche, knallten gegen das Waschbecken am anderen Ende und zertrümmerten den Sperrholzschrank, als wäre er aus Streichhölzern. Ich griff nach seinem Hemd, seiner Haut, was immer ich zu fassen bekam. Hörte ihn schreien. Ich benutzte meinen Körper als Angelpunkt und warf den Mann über meine Schulter. Sah, wie eine graue Masse hart auf dem Boden landete. Hörte, wie die Luft aus ihm wich, in einem Schrei aus Panik und Schmerzen. Ich hob meinen Fuß und trat ihm gegen den Kopf. Ich stieß den Fuß wieder hinab, und wieder und wieder, legte mein ganzes Gewicht in jeden Tritt. Nach einer Weile hörte die graue Masse auf, sich zu bewegen. Schmieriges Zeug klebte am Boden. Mein Schuh war glitschig vom Blut. Es dauerte einen Moment, bis sich das Adrenalin verzog. Mein Arm pochte und war warm, aber das taube Gefühl war verschwunden. Ich stieg über die Sauerei und lief zurück in den Flur, wo der andere Mann auf dem Boden lag. Er bewegte sich nicht. Ich knipste das Licht an und schloss die Wohnungstür.

      Der Kerl am Boden war jung, um die zwanzig, mit kurzrasierten blonden Haaren. Stämmig wie ein Bodybuilder, aber er sah zu frisch aus, um in vielen Kämpfen gewesen zu sein. Er war rückwärts in einen flachen Tisch gekracht. Ein Loch war in der Gipskartonplatte am Boden, wo er mit dem Kopf aufgeschlagen war. Sein Genick war verdreht, Blut tropfte aus einer Wunde über seinem Auge. Sein Atem ging flach, sein Gesicht war aschfahl. Wahrscheinlich war sein Genick gebrochen. Um ihn musste ich mir keine Sorgen mehr machen, also ging ich zurück in die Küche. Der Mann hier war älter und kleiner. Mehr konnte ich nicht erkennen. Er lag mit dem Gesicht nach unten in einer dicken tiefroten Pfütze aus Blut. Ich schob meinen Fuß unter sein Gesicht und drehte ihn herum. Seine Augen standen offen. Er atmete nicht mehr.

      Ich ging ins Bad, schälte mich aus meiner Jacke und zog mein Hemd aus. Meine Waffe fiel klappernd zu Boden. Die hatte ich vergessen. Ich besah mir im Spiegel meine Schulter, bewegte sie, massierte sie, bewegte den Arm auf und ab. Dort, wo sich ein Bluterguss bilden würde, hatte sich die Haut bereits verfärbt, aber es war nichts gebrochen. Ein Schmerz fuhr durch meinen Kopf und für einen Augenblick wurde mir schwindelig. Ich spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht, dann ging ich ins Schlafzimmer und schnappte mir eine Reisetasche aus Leder. Damit lief ich von Zimmer zu Zimmer und packte das Wichtigste ein: was zum Anziehen, Trockenfutter.

      Ich verließ die Wohnung, um ein paar Sachen zu holen, die ich unter den Holzdielen auf dem Treppenabsatz gebunkert hatte. Von unten starrte Akrams Großmutter mit großen Augen und den Händen vor dem Mund zu mir herauf. Sie war total erschrocken, plapperte etwas, das ich nicht verstand, drehte sich um und lief die Treppenstufen hinunter. Ich zog den Teppich zurück und löste eines der Dielenbretter. Darunter lag ein Päckchen, aus einem schwarzen Müllsack und mit Klebeband handlich zu etwa der Größe eines gebundenen Buches zusammengeschnürt. Ich schnappte mir das Paket, schob das Holzbrett und den Teppich wieder an ihren Platz und ging zurück in die Wohnung. Ich öffnete das Päckchen und schüttete dessen Inhalt in die Ledertasche: eine Smith & Wesson M10 .38 Special, zwei Päckchen Munition – jeweils eines für jede meiner Pistolen –, ein Schalldämpfer für die Makarov und fünftausend Pfund in Zwanzig- und Zehnpfundnoten.

      Ich stellte die Reisetasche an der Wohnungstür ab und sah mich um. Es machte mir nichts aus, mein altes Leben zurückzulassen. Putzen war zwecklos. Ich hätte Stunden damit zubringen können, meine Spuren zu verwischen und würde doch etwas übersehen. Die Wohnung lief ohnehin auf einen anderen Namen. Seit ich bei den Paras aufgehört hatte, benutzte ich meinen wirklichen Namen nicht mehr. Solange ich mich nicht schnappen ließ, war alles okay. Ich musste mich unauffällig verhalten und für eine Weile untertauchen. Ich brauchte ein anderes Auto. Wenn diese Kerle Coles Männer waren, würden sie sehr schnell wissen, was für einen Wagen ich bislang fuhr.

      Zurück in der Küche untersuchte ich die Taschen des toten Mannes. Ich kramte fünfhundert Pfund in neuen Fünfzigpfundscheinen und noch mal hundert aus benutzten Zwanzigern hervor, einen Ring mit verschiedenen Schlüsseln, davon ein Autoschlüssel, und eine Bankkarte auf den Namen Brian Dirkin. Ich nahm das Geld und die Schlüssel an mich und überlegte, mir Dirkins Wagen zu schnappen, aber der würde genauso heiß sein wie meiner, sobald man seine Leiche fand. Und dem Gesichtsausdruck von Akrams Großmutter nach zu urteilen würde das nicht allzu lange dauern.

      Der Junge im Flur hatte sich nicht bewegt. Ich stand da und sah für einen Moment auf ihn hinunter. Er hatte ein schwarzes Tattoo in Form eines Tribals auf seinem rechten Oberarm. Etwas zwickte mich in einer der hintersten Ecken meines Verstandes, und ich hatte das Gefühl, als wollte es mich vor irgendetwas warnen. Wie etwas Furchtbares, das auf mich lauerte.

      Ich hockte mich neben ihn und durchsuchte seine Taschen. Da war ein Kondom, ein Taschenmesser, und wie bei Dirkin fünfhundert Pfund in Fünfzigern und hundert Pfund in gebrauchten Zwanzigern. Das war eigenartig. Ich verglich beide Bündel Fünfziger miteinander und überprüfte die Seriennummern. Fortlaufend nummeriert. So wie es aussah, hatte jemand diesen Männern Tausend Scheine bezahlt, damit sie mir auflauerten.

      Ich fragte mich, wie weit sie wohl gegangen wären. Waren sie dafür bezahlt worden,


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