SNOW BONE. Guido Grandt

SNOW BONE - Guido Grandt


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wohlerzogene und intelligente Person dahinter sah.

      Vor allem die Studiobosse, die ihr versprachen, sie ganz groß rauszubringen, wenn sie mit ihnen die Besetzungscouch teilte, ekelten sie an. Das war auch einer der Gründe, weshalb sie bislang nur in zweitklassigen Filmen mitgespielt hatte, denn die großen Tiere in Hollywood waren wie die Geier. Sie stürzten sich auf jedes hübsche, junge Fleisch und warfen es nachher mit leeren und belanglosen Phrasen weg, und das im wahrsten Sinne des Wortes.

      Das war wohl der Preis der Schönheit. Dabei sehnte sich Britt nach einer starken Schulter, an die sie sich anlehnen konnte … nach einer richtigen Beziehung mit einem ehrlichen und treuen Mann, der sie nicht nur als Masturbationsvorlage sah, und vor dem es keine Geheimnisse gab … mit dem sie im Alltag durch dick und dünn gehen konnte und der nicht nur ihr Erscheinungsbild, sondern auch ihr Herz schätzte. Dass sie einem solchen Traumprinzen noch nicht begegnet war und sie deshalb auch noch keine längere Beziehung geführt hatte, belastete sie ungemein.

      Natürlich konnte sie nicht abstreiten, dass sie Sex liebte. Auch als Voyeurin, denn sie beobachtete oder belauschte gern andere dabei. So wie jetzt ihre Freunde im Nebenzimmer. Dabei stellte sie sich weniger vor, wie Tobey seinen Riesenprügel in sie hineinrammte, sondern etwas ganz anderes: Nämlich wie Veronica es ihr mit ihrer Zunge besorgte. Ja, Britt war bi und liebte es, mit anderen Frauen rumzumachen, aber das wusste niemand. Das war ihr kleines intimes Geheimnis, das sie bislang für sich behalten hatte.

      Allerdings ertappte sie sich unwillkürlich dabei, dass sie an Caleb Philbin, den attraktiven Hausmeister denken musste. Die eindeutigen Geräusche, die gerade durch die Wand zu ihr drangen, assoziierten vor ihrem geistigen Auge eine wahre Prachtnummer mit ihm. Sie stellte sich deshalb seinen nackten schlanken, drahtigen Körper vor, wie er sie mit den betörend blauen Augen geradezu auf das Kissen nagelte …

      Langsam bewegten sich Britts zierliche Finger hinunter zu dem glattrasierten Hügel zwischen ihren Beinen, um ihn zu streicheln. Weit spreizte sie die schlanken Schenkel. Ein gepresstes Stöhnen drang aus ihrem sinnlichen Mund. Gleich darauf drehte sie sich auf den Bauch. Noch immer hatte sie beide Hände auf ihrem Schoß und bewegte nun die Hüften auf und nieder. Die Muskeln ihres apfelrunden, straffen Gesäßes spannten und lockerten sich im immer schneller werdenden Rhythmus.

      Beinahe vollführte Britt einen akrobatischen Tanz. Als die Lustschreie aus dem daneben liegenden Zimmer lauter wurden, drehte sie sich wieder auf den Rücken. Ihre Zunge fuhr über ihre vollen Lippen, während sich ihr Unterleib abwechselnd gegen die Hände und das Bett presste, bis Schweiß von ihrer nackten Haut perlte. Das Spiel ihrer Finger wurde immer heftiger, sie sanken jetzt in die verborgenen Falten des weichen Fleisches an der erregendsten Stelle, und rieben ihre Klitoris immer wilder, gefangen in animalischer Lust. Ein kehliges Stöhnen drang aus ihrem halb geöffneten Mund, bis sie sich auf dem Gipfel ihrer Begierde erlöste. Sie kam zur gleichen Zeit wie ihre Freundin im Nebenzimmer, das konnte sie hören.

      Atemlos hielt Britt inne. Das Zittern ihrer Schenkel wurde langsam schwächer.

      Doch im selben Moment zerriss ein markerschütternder Schrei die von Lust und Sex erfüllte Atmosphäre.

       Das war Tobey!

      Gleich darauf hörte sie ein Wimmern und besorgte Worte von Veronica.

      Britt Eklunds wollüstige Gedanken verflogen abrupt. Zuerst wusste sie nicht, was sie tun sollte. Zu ihren Freunden hinübergehen, um nach dem Rechten zu sehen?

      Diesen Gedanken verwarf sie jedoch genauso schnell wieder, wie er aufgekommen war, denn kein Mann wollte von der Freundin seiner Freundin gesehen werden, wenn er weinte.

      Nein, das war alles andere als eine gute Idee und könnte ihrem freundschaftlichen Verhältnis für immer einen tiefen Knacks verpassen.

      Also blieb Britt einfach im Bett liegen, starrte auf die Schatten, die über die Zimmerdecke huschten, und verspürte auf einmal lähmende Todesangst.

      ***

      Von alldem bekamen Ned Harlan und seine Verlobte Laura Kelly nichts mit, denn zur selben Zeit befanden sie sich weit weg von dem Schrecken in der ersten Etage, in der ihre Zimmer lagen. Die beiden hatten ihre zugewiesene Räumlichkeit nämlich verlassen, schlichen gerade über den breiten, mit kurzflorigem Teppichboden ausgelegten Flur und gelangten so über die Treppe hinunter ins Foyer.

      Ned und Laura wollten sich das Hotel noch einmal genauer ansehen, und zwar ohne Führung des missbilligenden Hausmeisters. Schließlich konnte man nie wissen, ob er seinen Gästen nicht noch ein paar Räume vorenthalten hatte. Vor allem aber interessierten sie sich für die Speisekammer, damit sie überprüfen konnten, ob Philbin ihnen hinsichtlich der Nahrungsvorräte nicht vielleicht doch einen Bären aufgebunden hatte.

      Die wellenförmig verlaufende Lichtwand in der quadratischen Lobby war nun ausgeschaltet und die Kristall- und Stahl-Kronleuchter an der hohen Decke waren auf ein Minimum gedimmt. Der schwache LED-Schein erhellte die Umgebung gerade so weit, dass sie sich orientieren konnten. Im Kamin glühten die letzten Holzscheite. Als Ned seine Hand auf die Lehne eines der Sofas in der Lounge legte, spürte er die angenehme Wärme des Leders.

      Zusammen mit seiner Verlobten durchquerte er nun die Eingangshalle sowie den anschließenden Korridor, von dem Konferenzsaal, Bankettraum, Café und Bistro, Hotelrestaurant, Speisesaal, Cocktailbar und Nachtclub abzweigten.

      Ihr erstes Ziel, das sie über eine weitere Treppe gegenüber vom Speisesaal oder mit dem Lift erreichen konnten, war die Hauptküche und damit auch die Vorratslager im Versorgungs- und Personaltrakt im Untergeschoss. Sie entschieden sich für die Treppe, um keinen Lärm zu verursachen. Unten angekommen standen sie in einem weiteren Flur. Geradeaus, das konnten sie aufgrund der an den Wänden angebrachten Richtungsschilder lesen, ging es zu den Personal-, Verwaltungs- und Technikräumen. Natürlich waren alle verwaist, weil niemand außer ihnen hier war. Bis auf den Hausmeister und seine Frau natürlich, deren Quartier ebenfalls hier unten lag. Ned und Laura mussten also extrem leise sein, um sie nicht aufzuwecken.

      Als sie sich nach links zur Küche wenden wollten, hielt der beleibte Bankangestellte jäh inne, denn etwas anderes hatte seine Neugier entfacht. Der lange und breite Korridor vor ihnen mündete nämlich in einen mit rot-gelbem Plastikband abgesperrten Bereich.

      »Da hinten gibt’s bestimmt etwas Interessantes zu sehen, sonst wäre da keine Absperrung«, flüsterte Ned seiner Verlobten zu. »Lass uns mal nachschauen, bevor wir die Vorratsräume suchen.«

      Ohne Lauras Antwort abzuwarten, schlurfte er den nur mit einer Notbeleuchtung erhellten Flur entlang, der hier unten nicht mit edlen Teppichen ausgelegt war, sondern mit einem zweckmäßigen Linoleumboden. Nur widerwillig folgte ihm seine Verlobte vorbei an den verschiedenen Räumen. Gleich danach fing der abgesperrte Bereich an.

      Als wären sie Zuschauer eines Verkehrsunfalls, standen Ned und Laura vor dem Plastikband und starrten darüber hinweg. Allerdings war das, was sie sahen, recht unspektakulär. Es handelte sich lediglich um eine dunkle, wacklig aussehende Wendeltreppe, die in die Tiefe, wahrscheinlich in das Kellergewölbe, führte.

      Doch je länger Harlan und seine Verlobte auf die Stiege starrten, desto mehr verschwammen das Geländer und die Stufen vor ihren Augen und schienen sich in Wellenformen zu bewegen. Ganz so, als hätten sie auf unheimliche Art und Weise ein Eigenleben entwickelt.

      Die Angst kam urplötzlich wie der Schneesturm, dem sie gerade erst entflohen waren, über sie. Unbestimmt und gnadenlos. Eisige Schauer durchrieselten sie. Auf einmal schien die ganze Umgebung von Tod und Fäulnis ausgefüllt zu sein.

      Entsetzt wollte sich Laura von der schwindelerregenden Wendeltreppe abwenden, doch da streifte sie etwas Kaltes aus dem Nichts. Laut kreischte sie auf.

      Bevor Ned sie deswegen zur Rede stellen konnte, spürte auch er den sonderbaren Windstrom aus der Tiefe. Wie ein Schatten kroch er Stufe für Stufe hinauf und tanzte und flüsterte in der Finsternis. Etwas fürchterlich Böses und Abstoßendes lauerte dort.

       Es ist nicht tot, was ewig liegt!

      Der tosende Luftstrudel zerrte nun an den


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