Gedichte. Gustav Schwab
Zaubert her mir, was ich will.
Meine Röhre kann ich drücken
Ruhig in das Futteral,
Darf mich nicht zur Ferne bücken:
Schneegebirg' ist überall!
4. Hayingen auf der Asp
Sei mir willkommen, Städtchen
In dieser schlimmen Zeit!
Hat dich Aprilgestöber
Auf das Gebirg verschneit?
So finster und so enge
Mag wohl kein andres sein,
Es nimmt der Straßen Länge
Dein kleines Rathhaus ein.
Und niest einmal die Schildwacht
An deinem obern Thor,
Gleich schallt ein helles Prosit
Vom untersten empor!
Doch bin ich armer Wandrer
An deinem Obdach froh,
So durstig ist kein Andrer,
Und müde keiner so.
In einer grauen Stube
Reichst du mir Speis' und Trank;
Dir thaun die Phantasieen
Des Dichters auf zum Dank.
Die Thore will ich zimmern
Aus ew'gem Cedernholz,
Ein goldnes Dach soll schimmern
Auf Thurm und Kirche, stolz.
Ich pflanze Bäum' und Reben
Auf deiner kahlen Au,
Und über alles wölb' ich
Des Sommerhimmels Blau.
Dann zahl' ich meine Zeche;
Leb' wohl, du sel'ger Ort!
Ich muß durch Berg und Fläche
In Schnee und Regen fort!
5. Im Bergwirthshaus
Braunes Bier und saure Gesichter!
Saures Bier, brauner Augen Lichter,
Hell und freundlich, treu und gut: –
Wirtin, mir wird wohl zu Mut!
6. Liedsinger politische Zeitung
Wahrlich, auch die Zeitungsblätter
Haben heut' Aprilenwetter,
Gestern blies noch gar zu lind,
Gar zu lau darin der Wind.
Selig hießen die Monarchen,
Daß die Kriegesfurien schnarchen;
Heut' in dieser Sturmesnacht
Plötzlich sind sie aufgewacht.
Mahmud sitzt im Kaisersaale,
Ali's Kopf steckt auf dem Pfahle,
Und aus finstrer Wolke Sitz
Stürmt der Hagel, schießt der Blitz.
Auf zum Kampf, ihr Erdengötter!
Doch ist nur Aprilenwetter,
Und im Osten führt der Mai
Goldnes Morgenrot herbei.
7. Auf der Bergheide
Laß dich den Schnee durchdringen,
Laß dich den Sturm durchwehn:
Denn, kann die Lerche singen,
So kannst du wohl noch gehn!
8. Im Lauterthal
Was lachen mich die Männer,
Die schmucken Mägdlein aus,
Daß ich so eifrig schaue
Nach dem zerfallnen Haus?
Daß ich so sehnlich folge
Des Flusses krummem Lauf,
Daß ich so rüstig steige
Den hohen Berg hinauf?
Sie mögen es nicht glauben,
Daß mir durch Thal und Höhn
Die Lust den Schritt beflügelt
Bei dieser Stürme Wehn;
Sie loben Stadt und Ebne
Und schielen halb mit Neid
Auf meine weichen Hände
Und auf mein städtisch Kleid.
Ihr Männer des Gebirges!
Es thut mir herzlich weh,
Daß ihr die Nahrung kärglich
Abzwinget eurem Schnee;
Daß euren schlanken Töchtern
Die Last den Rücken beugt,
Und euer Berg dem Durste
Kein Tröpfchen Weins erzeugt.
Doch däucht mir noch viel bittrer
Als euer Durst und Schweiß,
Daß euer Geist vom Schönen,
Von Gottes Bild nichts weiß.
Die Noth, an der ihr zehret,
Der euer Leib sich bückt,
Hat euch ins Herz gefressen,
Hat euch den Sinn erdrückt!
In Seiner Leidenswoche
Durchwandl' ich dieses Thal:
Er kennet jeden Kummer,
Er heilet jede Qual!
Geb' Er dem Jahre Segen,
Daß es euch tränkt und speist,
Und löse dann die Binde
Von dem verhüllten Geist!
9. Abschied vom Gebirge
Schnee und Blüte hängt am Baum,
Doch gewinnt die Blüte Raum,
Lacht sich von den Flocken
An der Sonne trocken.
Das Gebirg liegt hinter mir,
Ferne winkt der Ebne Zier,
Mai hat sie durchwoben;