Gedichte. Gustav Schwab

Gedichte - Gustav  Schwab


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      Du kämmtest alle Locken

      Dir von der Stirne klar,

      Und pflücktest weiche Flocken

      Aus deinem Seidenhaar.

      Du liefst, die gelben Schlingen,

      So licht, wie Flachsgespinnst,

      Zur Trödelbank zu bringen,

      Nahmst klingenden Gewinnst.

      Der Flucht im Ehrenrocke

      Gedenk, der Polenflucht,

      Trugst du zum Opferstocke

      Der Demut Silberfrucht.

      Nun stützest in der Kammer

      Dein unbelocktes Haupt: –

      Wird Alles denn zu Jammer,

      Was Jugend hofft und glaubt?

      Doch freut sich deiner Milde

      Gewiß ein düstrer Held;

      Dein Scherflein, o Mathilde,

      Wirkt nicht wie kühles Geld;

      Sein warmer Glanz blickt heiter

      In der Verzweiflung Nacht,

      Daß vor dem ernsten Streiter

      Die Hoffnung plötzlich lacht:

      Die goldne Lockenfülle

      Bestralt ihr Angesicht;

      Ihm dämmert ohne Hülle

      Der Zukunft Morgenlicht.

      Erinnerungslied an ein Brautpaar

      October 1832.

      Gedenket ihr des Blütenkranzes,

      Der unsre Karawan' umfing,

      Als sie im Blau, voll Sonnenglanzes,

      Am frühlingsgrünen Berge hing?

      Wir athmeten in Wehmutstille

      Die duftende Vergänglichkeit,

      Betrübt, daß keines Gottes Wille

      Nur Einer Blüte Dauer leiht.

      Doch, während wir im Sinnen lagen,

      Da hatte leis den Blütenthron

      In zweien Herzen aufgeschlagen

      Die wunderbare Liebe schon.

      Ach! jener Rosenschmuck der Bäume

      Gärt trüb als Most im Keller längst,

      Indeß du Blume holder Träume

      Noch hell am Lebensbaume hängst.

      Die Blüte mag im Lenze fallen,

      Der Sommer mag mit goldner Frucht,

      Der Herbst im Nebel fürder wallen,

      Der Winter weilen in der Flucht:

      Wo Liebe blühet in zwei Leben,

      Bleibt doch der Frühling ewig wahr; –

      Hört ihr's die ferne Harfe beben,

      Ihr Liebenden, am Traualtar?

Dichterbitte

      Wenn zum andernmal ein Baum

      Spät im Sommer lächelnd blüht:

      Werfet ihr den Stein auf ihn,

      Weil er nicht in Früchten glüht?

      Dünkt euch nicht der duft'ge Glanz

      Lieblicher als Fleisch und Saft,

      Rührt euch die Vergeudung nicht

      Hoffnungsloser Lenzeskraft?

      Nun dann scheltet nicht ein Herz,

      Dessen Herbst noch Blüten treibt,

      Keinen, der im Spätling noch,

      Fruchtvergessen, Lieder schreibt. –

      Wanderlieder eines Mannes

      1. Ausmarsch

      Dein Kessel, brodemvolle Stadt,

      Liegt dampfend unter mir,

      Frisch, wie mich Gott geschaffen hat,

      So wandr' ich singend hier.

      Mir ist, wie dem Versunkenen,

      Der aufstieg aus der Gruft,

      Mir, wie dem halb Ertrunkenen

      Beim ersten Athem Luft.

      Ich blicke hinter mich; der Dampf

      Ballt zu Gestalten sich,

      Und werdender Gespenster Kampf

      Entspinnt sich schauerlich.

      Ein Kohlenaug', ein Beingesicht,

      Ein Ries', ein Zwerg, in Streit;

      So tauchen aus dem Dämmerlicht

      Geiz, Ehrgeiz, Hochmut, Neid.

      Sie bäumen sich, sie ringen wild,

      Sie schwanken auf und ab,

      Im Dunst erzeugt sich das Gebild,

      Im Dunst sinkt es zu Grab.

      Ich sehe nichts von Häusern mehr,

      Ich seh' nur dies Gewühl:

      Jetzt merk' ich, warum mir so schwer

      Da drunten ist, so schwül.

      Wer weiß, welch schlimmer Geist an mir

      Zu böser Stunde zerrt,

      Und richtigen Gedanken schier

      Den Weg ins Herz versperrt?

      Durchströme mich, o Gottes Luft,

      Und stärke meinen Sinn;

      Durchathme mich, o Blütenduft,

      Bis ich geläutert bin!

      2. Die Alß

      O blau Gebirg, dort winkst du ja

      Mit frischer Jünglingsmahnung;

      Mit allen Nebeln bist du da,

      Mit aller Sonnenahnung.

      Geheimnißreich senkt sich dein Hang

      Voll unentdeckter Falten.

      Und doch – wie oft hat sie mein Gang

      Mit raschem Schritt gespalten!

      Kein Wald senkt sich in Thalesschoos,

      Der mir nicht schon gerauschet,

      Kein Bächlein springt aus Fels und Moos,

      Das ich nicht einst belauschet.


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