Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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von mir wenden würden.«

      »Ach was, jeder Mensch macht doch mal eine Krise durch, so oder so. Man ist von einem Wege abgeraten und sucht einen anderen. Es kommt doch nur darauf an, daß man ihn findet und nicht in einem Graben landet. Ich war auch einmal ein schwankendes Rohr im Wind. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich davon erzähle. Ich habe noch nie mit einem Menschen darüber gesprochen, selbst mit Donna nicht, die wie eine Mutter zu mir ist. Ich hatte auch mal hochfliegende Träume. Nicht, was das Malen anbetrifft. Das gehörte dann nur zur Therapie. Es war ein Mann, ein Märchenprinz in meinen Augen.« Sie waren zu einer Lichtung gekommen, die den Blick aufs Tal und einen Hügel freigab.

      »Da unten, da ist unser Hof«, sagte sie. »Er war es. Und das da droben, das ist das Schloß. Der junge Baron war mein Märchenprinz, und er ließ sich herab, der Bauerntochter einen Traum zu erfüllen.«

      »Sie haben ihn geliebt, Franzi«, murmelte Tonio.

      »Ja, ich habe ihn geliebt, aber für ihn war ich ein Spielzeug, ein Zeitvertreib. Und dann bekam ich ein Kind. Sie sollen sich über mich keine Illusionen machen, Tonio. So heil war meine Welt auch nicht. Deshalb erzähle ich Ihnen das.«

      »Und was wurde mit dem Kind und dem Märchenprinzen?«

      »Der Märchenprinz heiratete eine Prinzessin und leugnete, daß es sein Kind sei. Und das Kind starb drei Monate nach der Geburt. Es starb in einem Heim, weil Franziska Ostmann nicht den Mut hatte, sich zu ihrem Kind zu bekennen. Und es hat sehr lange gedauert, bis ich aus dem Abgrund einen Weg fand. Ich sollte besser sagen, daß Donna mich emporgezogen hat. Sie hatte das Haus ge kauft. Sie fand mich eines Tages hier an dieser Lichtung, als ich meinem verpfuschten Leben nachtrauerte. Ich malte das Schloß. Sie hat mich mit zu sich genommen und dann zur Insel der Hoffnung. Es ist jetzt fünf Jahre her und seit dieser Zeit ist Malen meine Therapie, über das hinwegzukommen, was mich quält.«

      »Sie haben den Mann nicht vergessen«, sagte Tonio.

      »Es ist nicht der Mann. Das ist vorbei. Es ist das Kind, das ich verleugnet habe. Ein Kind braucht Liebe. Nun können Sie abwägen, wer mehr Last mit sich herumschleppt, Sie oder ich. Sie haben sich von mir auch ein ganz anderes Bild gemacht, das weiß ich.«

      »Sie haben zu sich selbst gefunden, Franzi«, sagte Tonio leise. »Deshalb konnte ich mir kein falsches Bild von Ihnen machen. Und jetzt ist mir klar, woher die Reife kommt, die sich in Ihren Bildern ausdrückt.«

      »Vielleicht bin ich auf dem Wege, dem richtigen Weg«, sagte sie sinnend. »Es ist ein beschwerlicher Weg, Tonio.«

      »Wer weiß das besser als ich. Ich bin gerade erst bereit, ihn einzuschlagen. Sie sind mir um einiges voraus, aber vielleicht können wir ihn dann einmal gemeinsam gehen.«

      Es war ihm fast unbewußt und gedankenverloren über die Lippen gekommen, aber Franzi schien nicht einmal verwundert zu sein.

      »Ja, vielleicht«, sagte sie leise. Da griff er nach ihrer Hand, und so gingen sie den Weg zurück, schweigend und doch mit einer keimenden Hoffnung im Herzen.

      *

      Tonio fuhr am nächsten Morgen zurück. Wohlverpackt ruhten Bilder von Franzi und ihrem Vater im Kofferraum. Unwillkürlich dachte er unterwegs, welch unersetzlicher Verlust entstehen könnte, wenn ihm jemand in den Wagen fahren würde. Noch waren die Bilder ja nicht versichert. Das mußte er sofort in die Wege leiten, und so war er den ganzen Tag über beschäftigt. Mehrmals läutete das Telefon, aber er nahm es nicht ab. Offiziell war die Galerie ja geschlossen. Als er abends heimkam, stand vor dem Haus ein Wagen mit Hamburger Nummer. Nur flüchtig nahm Tonio Notiz davon, als er aber die Gartentür aufschloß, stieg Heiko Hansen aus und kam rasch auf ihn zu.

      »Verzeihung, spreche ich mit Herr Erben?« fragte er höflich.

      »Ja, worum handelt es sich?« fragte Tonio.

      »Hansen von der Agentur Tietjen und Hansen«, stellte sich Heiko vor. »Ich habe versucht, Herrn Alberti zu erreichen, leider vergeblich. Er hatte uns eine Bildserie offeriert, die leider nicht bei uns eingegangen ist. Da ich zufällig in München bin, wollte ich mich einmal erkundigen, warum es diesmal nicht geklappt hat.«

      »Alberti ist plötzlich verstorben«, sagte Tonio reserviert.

      »Oh, das ist eine böse Überraschung!« Heiko spielte den Betroffenen überzeugend. »Das ist auch fatal für uns. Wir hatten Alberti schon einen beträchtlichen Vorschuß überwiesen.«

      »Um was für eine Serie handelte es sich?« fragte Tonio.

      »Um Aktaufnahmen, durchaus seriöse«, erwiderte Heiko. »Sie sind sicher informiert.«

      »Nicht genau, aber wir können uns darüber unterhalten«, sagte Tonio in einer plötzlichen Eingebung.

      »Sehr freundlich, Herr Erben, aber ich will Sie jetzt nicht stören, ich kann morgen wiederkommen.«

      »Sie stören nicht«, erwiderte Tonio, der sich noch nicht ganz schlüssig war, was er von diesem jungen Mann halten sollte, aber er sah auch eine Möglichkeit, noch in Erfahrung zu bringen, was Rolf Alberti für Geschäfte mit Marisas Bildern gemacht hatte.

      Heiko blickte sich unauffällig im Hause um. »Sie wohnen wunderschön«, stellte er fest, »stadtnah und doch fast ländlich – ein schöner Besitz.«

      »Ich habe das Haus nur gemietet«, erklärte Tonio. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.« Er war immer darauf bedacht, daß man seine finanziellen Möglichkeiten nicht zu hoch einschätzte, schon gar nicht dann, wenn er es mit Fremden zu tun hatte. Wie gut das in diesem Fall war, ahnte er allerdings nicht.

      Heiko hatte Tonio eingehend gemustert und für sich bereits festgestellt, daß er eigentlich überhaupt nicht zu Marisa paßte.

      »Was kann ich Ihnen anbieten?« fragte Tonio.

      »Vielleicht ein Bier?« Heiko gab sich bescheiden. Er verstand es, einen recht seriösen Eindruck zu machen.

      Tonio schenkte zwei Gläser ein. »Herrn Tietjen habe ich mal kennengelernt«, sagte er beiläufig. »Ist die Agentur nur an Aktfotos interessiert?«

      »Aber nein. Leider hat uns Alberti keine anderen angeboten. Aber sein Aktmodell war besonders attraktiv. Wäre es jetzt zu haben? Wir haben gute Fotografen, die auch bestens zahlen würden. Tietjen ist zur Zeit in Australien. Ich möchte die Agentur etwas ummodeln. Vielleicht ist einiges aus Albertis Nachlaß verkäuflich.«

      »Das könnte sein. Ich stelle meine Galerie ausschließlich auf Malerei um«, erwiderte Tonio.

      »Oh, das ist interessant. Da werde ich mich gern einmal umschauen. Aber vorerst zu Alberti. Woran ist er denn gestorben? Er war doch noch ziemlich jung.«

      »An Unfallfolgen«, erwiderte Tonio arglos. »Darf ich fragen, wie Sie mit ihm ins Geschäft kamen?«

      »Ich kannte ihn nicht persönlich. Tietjen hatte persönlichen Kontakt zu ihm. Er hatte auch die Verbindung zu den ausländischen Kunden, die sich für Albertis Aufnahmen interessierten. Alberti hatte wohl zur Auflage gemacht, daß die Aufnahmen nur ins Ausland verkauft werden dürften. Sie hatten doch nicht etwa einen Exklusivvertrag mit ihm?«

      »Nicht für Aktfotos«, erwiderte Tonio.

      »Aber Sie kennen das Modell«, sagte Heiko. »Eine sehr schöne Blondine. Da kann mancher Mann schwach werden.«

      »Eine Hülle kann trügerisch sein«, meinte Tonio geistesabwesend.

      »Ich handle mit Fotografien«, sagte Heiko lässig. »Die Originale interessieren mich nicht. Da zahlt man meist als Mann drauf. Sie nehmen mir diese Bemerkung nicht übel?«

      »Durchaus nicht. Sie betrachten dies sehr realistisch. Ich nehme an, daß Alberti mit den Fotos recht gut verdient hat.«

      »Das kann man wohl sagen. Allerdings zahlen wir diesmal gewaltig drauf, wenn wir die Serie nicht mehr bekommen.«

      »Wieviel Vorschuß haben Sie ihm gezahlt?« fragte Tonio.

      »Dreitausend. Mit Scheck. Er wollte keine Überweisung,


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