Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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sind nicht zufällig in Ihrem Besitz?«

      Tonio dachte an die letzten Filme. Ja, da war eine ganze Serie dabeigewesen.

      »Nein«, erwiderte er. »Aber Sie können morgen in meine Galerie kommen und als Ausgleich für Ihren Verlust andere Fotos von Alberti aussuchen.«

      »Sie sind sehr entgegenkommend«, sagte Heiko überrascht, und diese Überraschung brauchte er nicht zu spielen.

      Er dachte plötzlich nicht mehr an Marisa, sondern an seine berufliche Zukunft. Wollte er sich alles zerstören, um ihr gefällig zu sein?

      »Ich danke Ihnen für dieses Gespräch. Ich komme gern morgen in die Galerie.« Und für sich dachte er, daß Marisa schön dumm gewesen sei, die Ehe mit diesem Mann aufs Spiel zu setzen. Er mußte jetzt nur überlegen, wie er sich möglichst elegant aus der Affäre ziehen konnte.

      *

      Marisa dachte nicht daran, sich der Einsamkeit hinzugeben. Sie konnte sich auch nicht entschließen, ihr Haar zu färben, nachdem sie die Gebrauchsanweisung gelesen hatte. Der Gedanke, sich in irgendeiner Weise unvorteilhaft zu verändern, war ihr ein Greuel. Sie war es schließlich gewohnt, immer nur zum besten Coiffeur zu gehen, nur die schicksten Kleider zu tragen, und sie war stets darauf bedacht, ihre Wirkung auf Männer zu erproben. Wer wollte sie in diesem Betrieb, der auf der Insel herrschte, schon suchen und gar finden? Nachdem sie ihr Haar unter einem bunten Kopftuch versteckt und eine große Sonnenbrille aufgesetzt hatte, war sie am Strand herumgewandert. Und sie hatte bald einige sehr interessante Männer gesichtet.

      Sie legte ihr Strandkleid ab und ging ein paarmal mit erlernter und gekonnter Anmut durch das seichte Wasser, bevor sie sich dann im Sand niederließ, sich voll bewußt, daß ihr Körper ihr Kapital war. Nur auf Heiko wollte sie sich auch nicht verlassen. Auf diesen Gedanken war sie bereits gekommen.

      Lange blieb sie nicht allein.

      »Hallo, kennen wir uns nicht?« sagte eine Männerstimme, und ein gebräunter, sehr ansehnlicher Mann ließ sich neben ihr nieder.

      »Kann schon sein«, erwiderte sie, »aber ich habe ein schlechtes Gedächtnis. Und an manche Begegnungen erinnere ich mich ungern.« Sie betrachtete ihn durch die dunklen Gläser. Er sah gut aus. »Aber ich kann mich wirklich nicht erinnern«, fuhr sie fort. Das Lächeln, das sich um ihre Lippen legte, war keineswegs abweisend.

      »Gibt es einen Hinderungsgrund, daß wir uns kennenlernen?« fragte der Fremde.

      »Ich sehe keinen. Ich bin erst angekommen«, erwiderte sie. »Und wenn Sie nette Begegnungsorte bereits erforscht haben, lasse ich mich gern informieren.«

      »Fein. Zum besseren Kennenlernen würde ich jetzt eine kleine Segelpartie vorschlagen. Hier am Strand ist ziemlich viel Betrieb.«

      »Und sehr heiß ist es auch. Ich dachte immer, an der Nordsee wäre es kalt«, sagte Marisa.

      »Mit Ihnen kam die Sonne«, sagte er. »Ich heiße Jobst, genügt das vorerst?«

      »Okay, ich heiße Isa.« Sie wußte sehr genau, wann ein Mann sich nicht festlegen wollte, und ihr konnte das nur recht sein. Jedenfalls konnte der Tag noch ganz amüsant verlaufen.

      *

      So schnell wie Stimmungen wechseln konnten, so schnell wechselte das Wetter oft an der See. Plötzlich tauchten Wolken am Horizont auf und waren viel schneller zu einer dichten, düsteren Decke geworden, als zu ahnen war. Und gerade nach einem so heißen Tag kam rasch ein Gewitter auf. Für Marisa sollte ein amüsantes Abenteuer zum Verhängnis werden. Bevor sie es überhaupt begriff, erfaßten meterhohe Wellen das kleine Segelboot, in dem sie durchglüht von der Sonne und träumend von einem Mann, der so ganz ihren Sehnsüchten entsprach, eingeschlafen war.

      Und plötzlich war nur noch Wasser um sie herum. »Halt dich fest, Isa!« schrie der Mann. »Wir sind gleich an Land!« Sie hörte die Stimme noch, aber die Wellen schlugen schon über ihr zusammen. Sie klammerte sich instinktiv am Boot fest, wollte schreien von grauenvoller Angst bewegt und konnte es nicht mehr.

      Heiko Hansen rief zu dieser Stunde wieder vergeblich an. Er hatte Marisa sprechen wollen. Er hatte ihr sagen wollen, daß er anderen Sinnes geworden sei.

      »Dann eben nicht«, sagte er, als er den Hörer wieder auflegte und fuhr zu Tonio Erben. Der hatte alte Fotoporträts von Rolf Alberti bereits abgenommen und einige Bilder von Franzi aufgehängt. Er sah Heiko vor dem Fenster stehen und öffnete die Tür.

      »Da sind Sie ja«, sagte Tonio. »Die Bilder von Alberti stehen im Hinterzimmer.«

      Heiko blieb vor Franzis Bildern stehen. »Schön, wunderschön«, sagte er. »Eine Neuentdeckung? Ich habe solche Farben noch nirgendwo gesehen.«

      »Ja, es ist eine Entdeckung«, sagte Tonio.

      »Sie haben ihren Preis«, sagte Heiko.

      »Sie sind unverkäuflich, wenigstens diese«, erwiderte Tonio. Er sah den Jüngeren nachdenklich an und entdeckte andere Züge in dessen Gesicht. »Sie sind sehr nachdenklich, Herr Hansen«, sagte er.

      »Ich muß Ihnen ein Geständnis machen, Herr Erben. Ich habe Ihre Frau kennengelernt und wollte auch Sie kennenlernen. Ich weiß, daß Albertis Aktmodell Marisa Erben heißt.«

      »Und nun wollen Sie Geld, damit es nicht publik wird«, fragte Tonio bitter.

      »Nein, ich möchte Ihnen jetzt nur sagen, daß sie auf Sylt ist und gar nicht daran denkt, sich das Leben zu nehmen. Nachdem ich Sie kennenlernte, habe ich nachgedacht. Sie und diese Frau, das paßt einfach nicht zusammen. Und ich will mir von einer solchen Frau das Leben nicht zerstören lassen. Ich lebe gern und ich arbeite nur, um so leben zu können, wie ich es mir vorstelle.«

      »Sie sind noch sehr jung«, sagte Tonio gedankenverloren.

      »Fünfundzwanzig.«

      »Wie sind Sie an Marisa geraten?«

      »Ich werde Ihnen alles erzählen. Sie wollte zu Hasso Tietjen und landete bei mir. So eine Frau hatte ich noch nie kennengelernt. Da kann man schon ins Schleudern kommen. Ich wollte sie heute anrufen und ihr sagen, daß aus unserer Zusammenarbeit nichts wird.«

      »Und warum wollten Sie das?« fragte Tonio.

      »Weil mir bewußt geworden ist, daß sie einem nur Unglück bringen kann. Sie sind ganz anders, als ich es mir vorstellte.«

      »Ja, dann reden wir mal ehrlich miteinander«, sagte Tonio. »Mich kann nichts mehr verletzen.«

      Und sie redeten lange, und als sie dann in Schweigen versanken, konnte Tonio das Gefühl haben, einem jungen Menschen, der noch nicht gewußt hatte, was er eigentlich wollte und vom Leben erwartete, einen Weg gewiesen zu haben, ohne daß dies in seiner Absicht lag.

      »Sind Sie bereit, mich mitzunehmen?« fragte Tonio. »Ich will nur mit Marisa sprechen und ihr die Möglichkeit geben, für immer aus meinem Leben zu verschwinden. Ich gebe Ihnen mein Wort, daß Ihnen daraus kein Schaden erwächst. Ich habe nur den Wunsch, frei zu sein, und nicht mehr fürchten zu müssen, daß sie auf irgendeine Weise wieder in mein Leben einbricht. Ich schenke Ihnen alle Bilder von Alberti, die ich noch besitze. Und Sie bekommen die dreitausend Mark dazu.«

      »Das war eine Täuschung«, sagte Heiko.

      »Dann bekommen Sie das Geld für die Vermittlung eines Gespräches mit Marisa.«

      »Ich werde sie anrufen. Sie wird kommen.«

      »Sie wird nicht kommen. Sie hat Angst vor der Polizei und vor einer Strafe. Fahren wir?«

      »Sie trauen mir? Sie haben keine Angst, daß ich Sie umbringen könnte?«

      Tonio lächelte. »Dazu hätten Sie schon Gelegenheit gehabt. So schlecht sind Sie doch gar nicht, Heiko. Und was habe ich schon zu verlieren? Nur mein Leben. Davon profitiert Marisa nicht. Ich habe gestern mein Testament gemacht. Alles, was ich besitze, erbt eine junge Malerin, ganz gleich, wann und wie ich sterbe. Aber ich bin bereit, Marisa die Mittel zu geben, einen neuen Anfang zu suchen, wenn sie in die Scheidung einwilligt.«


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