Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


Скачать книгу
bin sicher.« Er strich ihr Haar beiseite und wanderte mit seinen Lippen ihren Hals hinauf. »Was ist los?«, fragte er und versuchte, in ihr Gesicht zu sehen.

      Sie drehte sich zu ihm und sah ihn an.

      »Nichts ist los. Ich will es nur wissen. Stell dir vor, ich wäre keine Prinzessin. Würdest du mich trotzdem lieben?«

      »Ich verstehe nicht ganz«, gab er verwirrt zu. »Wenn du keine Prinzessin wärest, wärest du vielleicht ein völlig anderer Mensch. Vielleicht würden dir all diese zauberhaften kleinen Eigensinnigkeiten fehlen. Man weiß doch nie, welchen Weg man unter anderen Umständen genommen hätte.«

      »Du hast mich nicht verstanden. Stell dir vor, ich wäre eine Prinzessin, aber es wäre bedeutungslos für dich. Du würdest mich irgendwo treffen, und ich wäre am Anfang ganz eklig zu dir, unfreundlich und alles. Würdest du dich in mich verlieben?«

      »Na ja«, erwiderte er, immer noch sichtlich verwirrt. »Vermutlich nicht. Ich weiß nicht, ob ich mich in jemanden verlieben würde, der eklig und unfreundlich zu mir ist.«

      »Das glaube ich nämlich auch«, sagte sie, entzog sich ihm, stand auf und suchte sich etwas zum Anziehen. Sie hatte das dringende Bedürfnis, ein Bad zu nehmen, doch es ging gegen Morgen, alles schlief, und es würde zu viel Unruhe und Geflüster geben, wenn sie jetzt jemanden weckte.

      Arik warf sich auf den Rücken und strich sich mit den Händen übers Gesicht.

      »Prinzessin ... Lianna ... Hör mal, ich kann nichts dafür, wenn du gereizt bist. Ich kenne nicht einmal den Grund. Also lass es nicht an mir aus, ja? Ich bin fast drei Tage nicht aus dem Sattel gekommen, nur um dich zu sehen. Ich verdiene es nicht, Opfer deiner Launen zu werden.«

      »Wieso? Ich dachte, sie gefallen dir so gut. Meine zauberhaften kleinen Launen.«

      »Lianna, was ist los, bei allen Göttern?«

      »Nichts ist los. Und wenn dir mein Ton nicht gefällt, dann such dir doch einen anderen Schlafplatz.«

      Er setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett.

      »Gute Idee. Es wird in diesem Lager sicher Menschen geben, die mich nicht behandeln wie einen Prügelknaben.«

      Er stieg in Hosen und Stiefel, warf sich sein Hemd über, packte seine verbliebenen Kleidungsstücke und verließ türenknallend ihren Wagen. Sie sah zu und fühlte nichts als große Ratlosigkeit.

      Melnir Tiefgräber vernahm mit Freude, dass Eisenfels der Schmied von seiner unangekündigten Reise zurück war und die Schmiede wieder geöffnet hatte. Eisenfels war bekannt dafür, hin und wieder für einen unbestimmten Zeitraum einfach zu verschwinden, was die Geschäfte mit ihm erschwerte. Er war aber genauso bekannt dafür, der beste Schmied zu sein, den es in Hochstahl je gegeben hatte, und deshalb verzieh man ihm seine Eigenarten.

      Aus Höflichkeit ließ Melnir einige weitere Tage verstreichen, bevor er sich auf den Weg in die Oberstadt machte, um den Schmied aufzusuchen. Man wollte ja nicht mit der Tür ins Haus fallen.

      Als er in die schmale Hangstraße einbog, die zu der abseits gelegenen Schmiede führte, hörte er bereits das Wasserrad klappern, das den Blasebalg der Schmiede antrieb. Aus dem Schornstein stieg Rauch. Gut. Der Schmied hatte seine Arbeit bereits wieder aufgenommen.

      Die Tür des flachen Steinhauses stand halb offen. Sonnenstrahlen malten ein helles Dreieck auf den Steinboden. Melnir strich seinen langen Bart glatt, räusperte sich und trat ein.

      »Guten Morgen, Meister Eisenfels«, sagte er laut, um das Fauchen des Blasebalgs zu übertönen.

      Der Schmied stand an der Esse und stocherte mit dem Schürhaken in den glühenden Kohlen, die dem Anschein nach noch nicht genügend Hitze entwickelten. Er drehte sich erst zu seinem Kunden um, als dieser schon seine Begrüßung wiederholen wollte, weil er meinte, nicht gehört worden zu sein.

      »Guten Morgen«, sagte der Schmied und hängte den Schürhaken in seine Halterung zurück. Er wirkte müde.

      »Mein Name ist Melnir Tiefgräber. Ich habe einen Auftrag für Euch«, kündigte Melnir an. Der Schmied sah ihn an, als wären diese Worte schwer zu verstehen, nickte dann und wies mit der Hand auf einen kleinen Tisch, der mit zwei Stühlen an der Wand stand. Melnir nahm Platz. Der Schmied setzte sich ihm gegenüber, seine Bewegungen ließen jede Spannkraft vermissen. Hatte vielleicht einen schlechten Tag.

      »Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Reise«, sagte Melnir, entschlossen, die Regeln der Höflichkeit zu achten, die eine kleine Unterhaltung über dies und das verlangten, bevor man zum Geschäftlichen kam.

      »Hält sich in Grenzen.« Der Schmied sah hinunter auf seine riesigen Hände, die er auf der Tischplatte gefaltet hatte.

      »So ... äh ... nun, das ist bedauerlich, aber, nun ja, zumindest hattet Ihr gutes Wetter – wir hatten einen wunderbaren Herbst dieses Jahr ...«

      »Ich habe nicht sehr auf das Wetter geachtet.«

      »Äh ... ja.« Melnir verstummte hilflos. Natürlich nützte die schönste Höflichkeit nichts, wenn der andere nicht in der Stimmung war, sie zu erwidern.

      »Kommen wir also zur Sache«, sagte er schließlich und fühlte sich unhöflich. »Mein jüngster Sohn wird bald volljährig, und er hat den Wunsch geäußert, sich als Wache bei Feuerstein und Partner zu verdingen. Sie brauchen immer fähige Kämpfer, die ihre Handelszüge begleiten. Er soll aber eine vernünftige Waffe führen. Die Straßen sind unsicher heute, aber das wisst Ihr wahrscheinlich selbst am besten. Ich dachte an eine Streitaxt. Nicht allzu schwer. Doppeltes Blatt, wenn möglich, aber wendig in der Handhabung. Je nach Situation ein- oder zweihändig zu führen. Könnt Ihr so etwas machen?«

      »Eine Streitaxt?« Der Schmied fuhr sich mit den Händen übers Gesicht und wischte sich Haarsträhnen aus der Stirn. Melnir versuchte, nicht zu auffällig die hässliche gezackte Narbe anzustarren. Er hatte Eisenfels bisher nur aus der Entfernung gesehen und nie mit ihm gesprochen. Seine Bemerkung über die Unsicherheit auf den Straßen kam ihm angesichts eines solchen Zeichens taktlos vor.

      »Natürlich kann ich Euch eine Streitaxt machen«, sagte der Schmied.

      »Schön«, sagte Melnir. »Was soll Eure Arbeit kosten?«

      »Einfaches Blatt oder doppeltes?«

      »Wie ich soeben erwähnte«, sagte Melnir leicht ungehalten, »ein doppeltes. Trotzdem eine leichte Waffe, die sich auch einhändig führen lässt.«

      »Zehn Goldkronen«, sagte der Schmied.

      Melnir, der bereits gewohnheitsmäßig den Mund zu einem »Das ist ja ein Wucherpreis«, geöffnet hatte, schloss ihn wieder. Das war kein Wucherpreis, sondern eine sehr vernünftige Summe.

      Er war nicht höflich, und handeln wollte er offenbar auch nicht.

      Die Leute hielten ihn nicht umsonst für eigenartig.

      »Ich akzeptiere den Preis«, sagte er schnell, ehe der Schmied es sich anders überlegte.

      »Gut«, sagte der Schmied.

      Eine Pause entstand, in der Eisenfels an Melnir vorbei ins Leere starrte. Melnir fragte sich, ob er seine Anwesenheit vergessen hatte.

      »Bis wann wird die Axt fertig sein?«, erkundigte er sich. »Überdies möchte ich vielleicht noch einige Verzierungen angebracht haben. Das Familienwappen vielleicht. Wann soll ich wieder kommen?«

      »Kommt in einer Woche«, sagte der Schmied. »Wir besprechen dann alles Weitere.«

      Melnir verabschiedete sich und war froh, als er aus der warmen Schmiede wieder hinaus an die frische Luft kam. Er war bereits ein ganzes Stück gegangen, ehe ihm auffiel, dass er nicht einmal eine Anzahlung hatte leisten müssen.

      Seltsamer Bursche, dieser Schmied. Es stand nur zu hoffen, dass seine Arbeit wirklich so gut war wie ihr Ruf.

      Es war ihr Vater, der Lianna gegen Mittag des nächsten Tages aus dem Bett holte. Sie wusste, wie spät


Скачать книгу