10 Galaktische Abenteuer Box 4. divers
und drehte sich langsam zu der Stimme hin.
»Riecht nach Ärger«, flüsterte Nici. Unwillkürlich legte sie die Handflächen auf ihre beiden COLT M2011 G.
»Wenn Sie nicht trinken oder vögeln wollen, machen Sie sich schleunigst vom Acker.« Der Kerl hinter der Theke war um die vierzig, gut genährt vom eigenen Bier, stoppelbärtig und mit fettglänzender Haut. Seine Hände verharrten irgendwo unter dem Tresen, als könnten sie jederzeit einen verborgenen Alarmknopf auslösen.
»Keine Hektik, Meister«, entgegnete Jericho, blieb entgegen seiner Gewohnheiten gelassen und zeigte seine leeren Handflächen. »Ich will nur ein paar Auskünfte. Nicht mehr.«
»Die bekommen Sie bei uns nicht«, antwortete der Schankwirt widerborstig. »Bei mir gibt’s Bier, harte Sachen und Weiber.«
»Kein Bedarf«, winkte Jericho ab. »Ich interessiere mich für Schiffe.« Leutselig fügte er hinzu: »Das ist doch eine Hafenkneipe, nicht wahr?«
Unmerklich zuckte der linke Arm des Wirtes unterhalb der Theke. Starr blieb er stehen und verschränkte nun seine Arme vor der Brust.
»Falls Sie Streit suchen, können Sie den haben, Mister.«
»Und was willst du dagegen machen, Schwuchtel?«, funkelte Jericho ihn kampflustig an. »Haste über’n Alarmbutton deine Schlägerhoschis gerufen?«
Der Kerl hinter dem Tresen gab keine Antwort. Das musste er auch nicht, denn in diesem Moment flog die Tür der Bar auf, und drei fleischige Kolosse stampften herein.
Jericho wiegte den Kopf und hob eine Braue.
»Siehste!«, zischte Nici. »Das haben wir jetzt davon!«
Die drei Fleischberge schoben sich weiter vor. Einer wandte den Kopf in Richtung des Wirtes.
»Macht der Typ Stunk?« Er wiegte ein Eisenrohr in seinen Pranken.
»Nehmt ihn euch vor«, sagte der Keeper. »Das Landei stellt ’ne Menge dämliche Fragen. Der Weißkopf schreit geradezu nach Prügeln.«
Mehr wollten die drei Schläger nicht hören. Einer rasselte mit seiner Eisenkette, der Schmerbäuchige neben ihm hieb mit einem kurzstieligen Hammer immerzu spielerisch in seine Handfläche. Der Dritte im Bunde ließ die Eisenstange in der Hand kreisen, als wäre sie lediglich ein netter Zeitvertreib und nicht dazu bestimmt, einem Gegner den Schädel einzuschlagen.
»Lasst mal sehen, was ihr auf der Pfanne habt«, provozierte Jericho siegessicher. »Speckarme und Fettbäuche lassen mich nämlich nur kotzen und nicht vor Angst zittern.«
Gleichzeitig sprangen die drei vor, und sie legten eine Schnelligkeit und Gewandtheit an den Tag, mit der Jericho nicht gerechnet hatte. Aus der Luft kam das Eisenrohr herangedroschen, während der in der Mitte befindliche Kerl die Eisenkette losschnellen ließ. Die wickelte sich um Jerichos Unterschenkel, der in derselben Bewegung weggerissen wurde und den Söldner hart zu Boden gehen ließ. Im letzten Augenblick noch konnte er dem Schlag des Eisenrohrs ausweichen, das dicht neben seinem Kopf die Fußbodenkacheln zertrümmerte. Jericho zog kraftvoll das Bein an, das von der Kette umschlungen war, und zerrte den Dicken auf sich zu, der dabei das Gleichgewicht verlor und einen wuchtigen Stiefeltritt abbekam, den Jericho mit dem freien Bein ausführte. Sofort rollte er sich, getragen vom eigenen Schwung, zur Seite, wälzte sich auf den fettleibigen Kerl, der wie ein Sack Pudding aufgeschlagen war, und rammte ihm den Ellbogen mitten ins Gesicht. Der Nasenknochen krachte laut und wurde zertrümmert. Eine Rolle rückwärts brachte Jericho außer Reichweite des dritten Angreifers, der seinen Hammer schwang und damit die Luft quirlte. Geschickt landete Jericho auf den Füßen, stieß sich ab und bohrte dem Hammerakrobaten den Kopf in die Eingeweide. Als dieser über ihm zusammenklappte, hebelte Jericho ihn über sich hinweg und ließ auch ihn auf die Kacheln krachen. Doch da war Mister Eisenrohr bereits heran, hieb seine Waffe in Jerichos Seite, dass dieser aufstöhnte, und setzte zweimal mit blitzartiger Geschwindigkeit nach. Jericho ging in die Knie und stützte sich mit beiden Armen am Boden ab. Einen flüchtigen Moment lang drohte der Schmerz ihm die Besinnung zu rauben. Er erwartete den nächsten Schlag, der ihn vermutlich außer Gefecht gesetzt hätte. Stattdessen donnerte ein Schuss los – und in den darauffolgenden Schrei mischte sich das Platschen einer Unmenge Blut, das sich halb über Jericho und halb über den Boden ergoss. Ein weiterer Schuss folgte, dann das Poltern eines Hammers und der dumpfe Aufschlag eines schwergewichtigen Körpers.
»Schluss mit den Faxen!«, rief Nicoleta wütend. »Für Schulhofkeilereien hab ich nichts übrig!«
Schwerfällig drehte Jericho sich um. Misstrauisch betrachtete er den Kerl mit dem Eisenrohr, der stumm und starr vor ihm stand. Sein Gesicht war eine einzige blutende Wunde und zusätzlich durch ein großes Loch von der Kugel entstellt, die Nici ihm durch den Hinterkopf gejagt hatte. Der Fleischberg musste tot sein, aber irgendetwas hielt ihn noch aufrecht auf den Beinen. Erst jetzt begann er zu schwanken und kippte wie ein fettdurchsetztes Gebirge nach vorn. Beinahe hätte er Jericho unter sich begraben, wenn der nicht rasant zur Seite ausgewichen wäre.
Missmutig warf er einen Blick auf den Dicken, der die Kette ums Handgelenk geschlungen hatte und wimmernd am Boden lag. Zitternd tastete er nach seiner Nase und zuckte immer wieder unter Schmerzen vor der Wunde zurück. Der Hammerwerfer lag mit ausgebreiteten Armen gleich bei ihm. In seinem Rücken klaffte ein faustgroßes Loch.
»Haste noch mehr von der Sorte?«, fragte Jericho den Schankwirt frech. »Bin nämlich gerade erst warmgelaufen.«
Der Mann hinter dem Tresen hob abwehrend die Hände und duckte sich leicht.
»Ein kleines Dankeschön wäre nett«, brachte Nici sich in Erinnerung.
»Wieso?«, wunderte sich Jericho. »Hast doch den ganzen Spaß verdorben.«
Die Rumänin steckte ihren COLT ins Halfter.
»Du bist ein unverbesserlicher Ignorant! Und als Diplomat taugst du auch nicht.«
»Ich kann ja nicht nur Vorteile haben.« Jericho zwinkerte ihr schelmisch zu.
»Was machen wir nun?«, fragte Nici genervt. »Hast du noch ein paar von diesen tollen Ideen?«
Jericho brauchte nicht lange zu überlegen.
»Auf in die nächste Kneipe«, sagte er gut gelaunt. »Es gibt noch ’ne Menge zu tun.«
Gereizt stieß Nici die Luft aus, folgte dem Söldner jedoch.
Sonderlich weit kamen sie allerdings nicht …
*
Gleich vor dem Ausgang stellte sich Jericho und Nici ein Mann in den Weg. Er war herangehuscht wie ein Schatten, hager und mit einem langen schwarzen Ledermantel samt Stetson bekleidet. Unvorsichtigerweise packte er Jericho am Oberarm, um ihn aufzuhalten, und hätte dieser nicht sofort gemerkt, dass der Dürre für ihn keine Gefahr darstellte, er hätte ihm die vorwitzige Hand abgerissen und den Kerl ungespitzt in den Boden gerammt. So aber blieb er stehen und wartete, bis der Fremde sich zu erkennen gab.
»Sie sind am Leben«, wisperte der Schwarzgekleidete heiser. »Das kommt selten vor, wenn sich jemand mit den Arbuckle Brothers anlegt.«
»Aha«, machte Jericho, »die Speckklöpse haben auch einen Namen. Dann wird sich der, der noch übrig ist, wohl umbenennen müssen in ›Brother‹.«
»Sie haben zwei von denen getötet?«, kam es erstaunt.
»Ich war das!«, spielte sich Nici in den Vordergrund. »Mein Partner« – sie deutete mit dem Kinn auf Jericho – »fand es komisch, sich erst mal aufmischen zu lassen.«
»Dennoch – meinen Respekt.«
»Gibt’s irgendeinen Grund«, fragte Jericho, »dass deine Gischtklaue an meinem Arm klebt? Ich frage mich gerade, warum ich sie dir nicht mit dem kompletten Arm in den Hals stopfe.«
»Verzeihen Sie«, sagte der Hagere, und seine Hand zuckte augenblicklich zurück. »Mein Name ist Shane Grissom. Ich habe ein wenig an der Tür gelauscht und mitbekommen, dass Sie sich für die MS ›Commonwealth‹