10 Galaktische Abenteuer Box 4. divers
wich Grissom aus. »Vielleicht habe ich genau die Informationen, nach denen Sie suchen.«
»Vielleicht«, meinte Jericho abweisend, »bist du aber auch nur ein Aufschneider, der uns für dumm verkaufen will. In diesem Fall solltest du dich mit Lichtgeschwindigkeit verdünnisieren, bevor ich meine guten Manieren vergesse.«
»Nicht doch!«, wehrte Grissom ab. »Ich weiß mehr als Sie glauben. Schließlich bin ich einige Zeit auf der ›Commonwealth‹ mitgefahren, bis –« Er stockte plötzlich.
»Bis was?«, hakte Nici nach.
»Ist ein verflixt großer Kahn«, erwiderte Shane Grissom, »mit ordentlich Platz für allerlei zwielichtige Fracht.«
»Aus Regierungskreisen wird berichtet, dass der Pott bis obenhin vollgeladen war, als er gesunken ist«, war Jerichos Interesse geweckt.
Shane Grissom äugte ihn neugierig an.
»Sie arbeiten für die Regierung?«, erkundigte er sich schwach.
»Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete Jericho barsch.
»In den Medien ist noch kein Ton vom Verschwinden der ›Commonwealth‹ verlautet worden. Woher also haben Sie Ihre Informationen?«
»Ich hab sie eben. Das wird wohl reichen.«
»Nun gut«, lenkte Grissom ein. »Kann mir auch egal sein. Wichtig ist nur, dass endlich ans Tageslicht kommt, was auf dem Schiff transportiert wurde, woher es stammt und wofür es gedacht ist.«
»Sie wissen es nicht?«, schaltete Nicoleta sich ein. »Sagten Sie nicht, Sie seien ein Besatzungsmitglied gewesen?«
»Das stimmt. Doch Captain Jorge Blunt hat sich nie dazu geäußert. Vermutlich wusste er es selbst nicht. Er hat sich immer damit herausgeredet, wir würden gut für unseren Job bezahlt und hätten keine Fragen zu stellen. Anfangs habe ich mich damit zufriedengegeben, doch die Umstände haben mich schwanken lassen. Schließlich hielt ich es für das Beste abzumustern.«
»Umstände?«, fragte Jericho ungeduldig. »Welche Umstände? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!«
»Ich muss Sie doch höflichst bitten, Ihre gute Kinderstube nicht zu vergessen«, sagte der Schwarzgekleidete forsch. »Ich bin der einzige ernstzunehmende Informant, den Sie in ganz Galveston finden werden. Zudem zwingt mich niemand dazu, Ihnen Auskünfte zu geben.«
»Willst dir wohl ein saftiges Taschengeld verdienen«, schloss Jericho.
Shane Grissom zeigte sich nachgiebig.
»Gegen eine kleine Aufwandsentschädigung hätte ich natürlich nichts einzuwenden.« Er sah sich um. »Müssen wir das auf offener Straße besprechen? Ich nehme an, Ihr Geplänkel hat einiges Aufsehen erregt. Ich möchte nur ungern den Cops in die Arme laufen.«
»Er hat recht«, sagte Nici. »Wir sind nicht in den Wastelands. Hauen wir ab!«
Grissom rückte seinen Stetson gerade.
»Ich weiß ein Plätzchen, an dem wir ungestört sind.«
»Soll mir recht sein«, nickte Jericho. »Aber dann lässt du die Katze aus dem Sack …«
*
Fünf Minuten etwa schlenderten sie durch Nebenstraßen und lichtlose Gassen, bis sie ein Gebäude erreichten, das einer klassischen Hafenspelunke alle Ehre machte. Auf dem Gehsteig lagen komatöse Zecher, eine Scheibe des Hauses war eingeschlagen; ein paar Meter weit auf dem löchrigen Asphalt lag ein Stuhl, der wohl während einer handgreiflichen Auseinandersetzung hindurchgeflogen war. Nah beim Eingang waren zerbrochene Flaschen verteilt und eine Unmenge Scherben. Der ausgelaufene Fusel hatte dunkle Flecken auf der Straße hinterlassen und bildete einen nett anzusehenden Kontrast zu dem hellen Brei, der in mehreren Pfützen aus Erbrochenem schwamm. Es konnte noch nicht allzu lange her sein, dass an diesem Ort reger Betrieb geherrscht hatte.
»Keine Sorge«, sagte Shane Grissom. »Um diese Zeit ist nichts los. Wir werden ungestört sein.«
Sie traten ein. Der Geruch der vergangenen Nacht lag wie ein schweres Parfüm in der Luft, aber außer einem verschlafenen Barkeeper, der die Ankömmlinge nicht weiter beachtete, befand sich keine Menschenseele im Gastraum.
»Setzen wir uns«, forderte Grissom seine Begleiter auf.
»Ich hoffe, das wird kein Endlos-Smalltalk«, mäkelte Jericho. »Würde nämlich lieber noch ein paar Bars auseinandernehmen.«
»Sie sind ein Mann der Tat, ja?«, sagte Grissom anerkennend.
»Er ist ein großes, dummes Spielkind«, mischte Nici sich ein. »Und Galveston ist sein neuer Sandkasten.«
»Kommen wir wieder auf die außergewöhnlichen Umstände zu sprechen, von denen du geredet hast, Hoschi«, sagte Jericho zu Grissom und widmete seiner rumänischen Freundin einen scharfen Seitenblick.
»Wie wäre es vorher mit einer kleinen, ähm, Anerkennung …?« Grissom hob die Hand und rieb Daumen und Zeigefinger gegeneinander.
Jericho kramte ein paar Terra-Dimes hervor und knallte sie auf den Tisch. Shane Grissom hob den Stetson an, fuhr mit der Hand über die Scheine und zog sie auseinander.
»Ist recht wenig«, meinte er und verzog den Mund.
»Wir haben auch noch nichts bekommen!«, fauchte Jericho. »Bin doch kein Kreditinstitut.«
»Nun gut«, lenkte der Mann in Schwarz ein. »Sie sollen bekommen, wofür Sie zahlen.« Eine längere Pause folgte. Dann sprach Grissom weiter. »Während meiner Zeit unter Captain Blunt sind wir etwa zehn Mal von Galveston aus aufgebrochen. Wir hatten Fracht aufgenommen von Kolonnen aus dem Landesinnern, die wir die Küste hochtransportierten.«
»Wo haben Sie sie abgeladen?«, wollte Nici wissen.
»METROCITY III. Die Container wurden von einem Konvoi abgeholt. Das weitere Ziel ist mir unbekannt.«
»Ziemlich vage.« Nici kratzte sich am Kinn.
»Keinen müden Dime sind die Infos wert!«, wurde Jericho laut, packte Grissoms Hand, die die Scheine hielt, und wollte sie zur Seite biegen.
»Warten Sie!«, rief ihr geheimnisvoller Gesprächspartner. »Ich bin noch nicht fertig!« Er wollte seine Hand wegziehen, doch Jericho hielt sie eisern fest. »Die Wagenkolonne, die die MS ›Commonwealth‹ belieferte, stammt aus Midland. Dort gibt es einen riesigen Industriekomplex, eine ehemalige Erdölraffinerie. Ich bin sicher, Sie finden dort Antworten auf Ihre Fragen.«
»Wie weit ist Midland entfernt?«, fragte Jericho.
»Annähernd 750 Kilometer.«
»Woher wissen Sie, dass der Konvoi von dort gestartet ist?« Nicoleta Belà verengte die Augen und beobachtete jede Regung in Grissoms Gesicht. Der ließ sich aber nicht aus dem Konzept bringen.
»Einer der Fahrer hat es mir berichtet. Ich war neugierig, verstehen Sie?«
»Offenbar nicht neugierig genug«, versetzte Jericho. »Von dem Frachtgut haben wir immer noch keinen Dunst.«
»Der Schlüssel liegt in Midland«, beharrte Shane Grissom. »Glauben Sie mir. Mir selbst ist die Sache zu heiß geworden. Ich habe schnell herausgefunden, dass an dem Auftrag etwas faul ist. Nennen Sie es Instinkt oder Weitsicht – aber da wollte ich einfach nicht mehr mitmachen …«
Jericho zog seine Hand zurück.
»Behalt den Schotter«, sagte er großzügig. »Ist aber das Einzige, was du siehst.«
Shane Grissom widersprach nicht und ließ die Scheine rasch in einer Manteltasche verschwinden.
»In Ihrem Gleiter sind Sie in einer Stunde in Midland«, sprach Grissom an Jericho gewandt.
»Woher weißt du von unserem Gleiter?«, wurde Jericho hellhörig. »Spionierst du uns nach, Wichtel?«
»Ihre Ankunft war nicht zu übersehen«, entgegnete