10 Galaktische Abenteuer Box 4. divers

10 Galaktische Abenteuer Box 4 - divers


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      »Herrgott noch mal!«, polterte Rosgard los. Genau dieser Ausruf ließ Jericho mitten im Lauf stoppen. Er sah die verzweifelten Versuche seines Widersachers und setzte zum Sprint auf ihn an.

      »Bist wohl den Umgang mit Waffen nicht gewohnt«, rief er zu ihm hinüber, duckte sich unter heranrasenden Strahlenschüssen weg und riss Rosgard kraftvoll zu Boden. Spielend leicht entwand er ihm das Gewehr und packte es mit festem Griff. Den kurzen Lauf presste er dem Wissenschaftler gegen die Stirn.

      »Fast zu schön, um wahr zu sein«, zischte Jericho und grinste gehässig.

      »Sie drücken nicht ab!«, spie ihm Rubin Rosgard entgegen. Er hoffte insgeheim darauf, dass Denford Sucksbee eingreifen würde, doch sein engster Mitarbeiter rührte keinen Finger. Er war der Überzeugung, dass jedes Eingreifen von ihm Rosgards unweigerlichen Tod zur Folge haben könnte.

      »Du hast recht, Hackfresse«, sagte Jericho verächtlich und zog den Gewehrlauf nach rechts weg. »Ein Schuss in den Kopf würde mich um den ganzen Spaß bringen.« Hart packte er Rosgard am Kragen und zerrte ihn auf die Füße. Mit der flachen Hand schlug er ihm ins Gesicht, holte mit dem anderen Arm weit aus und schleuderte Rosgard gegen einen Konsolenschrank. Die Armaturen zerbarsten unter dem Aufschlag. Rubin Rosgard schrie auf und rollte haltlos über ein Pult zu Boden. Gleichzeitig fuhren Energieanzeigen hoch; irgendwo blinkte eine holografische Anzeige auf, die man auch ohne Kenntnis der fremden Technik als Warnsignal deuten musste.

      »Verdammter Narr!«, schrie Rosgard auf. »Die Energiekontrollen sind zerstört! Der Meiler produziert einen Überschuss, der nicht zu regulieren ist!«

      »Wird ein schönes Feuerwerk«, freute sich Jericho, schenkte Sucksbee, der seine Chance zum Angriff witterte, ein mildes Kopfschütteln, und hob das Strahlengewehr auf.

      »Jetzt komm schon rüber, Jerri!«, rief Nici aufgebracht. »Oder willst du, dass wir alle draufgehen?«

      Als sie erleichtert erkannte, dass Jericho sich in Bewegung setzte, stieß sie mit Naud durch das Transportgitter und löste sich innerhalb von einer Sekunde auf.

      Zufrieden folgte ihr Jericho im Laufschritt, das Gewehr wie einen wertvollen Schatz in den Armen haltend.

      Unter dem Wüten von Rubin Rosgard entmaterialisierte er …

      *

      »Das ist nicht der Korridor, durch den wir reingekommen sind!«, hatte Jericho mit einem flüchtigen Rundblick erkannt.

      »Kunststück«, belehrte ihn Nici. »Wir haben schließlich auch einen anderen Ausgang genommen.«

      Naud in ihre Mitte genommen rannten sie den langen Gang hinunter. Sie hatten nicht einmal die Hälfte zurückgelegt, als an seinem Ende furchterregende Kreaturen um die gewundene Ecke jagten.

      »Bleibt hinter mir!«, befahl Jericho und trat vor. Er legte das Gewehr an und gab einige Salven ab. Mit der Präzision von chirurgischen Skalpellen fraßen sich die Energiestrahlen durch die Meute aus grausam entstellten Körpern, zerschnitten die Leiber und trennten Gliedmaßen ab. Gelbgrünes Blut spritzte und verdampfte noch in der Luft. Gequälte Schreie hallten grauenerregend durch den Korridor. Die nachrückenden Bestien trampelten rücksichtslos über ihre verstümmelten und toten Artgenossen und wurden von Jericho gnadenlos niedergemetzelt. Erst als der Boden mit Leichen, Halbtoten, Armen, Beinen und Fleischbrocken übersät war, senkte Jericho die Waffe.

      »Worauf wartet ihr?«, forderte er Nici und Naud auf, ihm zu folgen. »Schwingen wir uns ins Aero-Car und drehen Rosgard ’ne lange Nase.«

      Angewidert wateten Nici und der Junge durch die Leichenteile. Hin und wieder zuckten einzelne Gliedmaßen, aber eine Bedrohung stellten sie nicht mehr dar.

      »Ekelhafter Pamp!«, schimpfte Nicoleta und begutachtete oberflächlich ihre nackten Füße.

      »Irgendwie müssen wir uns orientieren«, gab Jericho zu bedenken. »Die Zeit sitzt uns im Nacken, und ich hab keine Ahnung, wo der Gleiter steht.«

      Der Gang endete an einem schwarzsilbernen Schott. Jericho hatte Mühe, es aufzuziehen, und als die drei hindurch waren, fanden sie sich in einer riesigen Halle wieder. Sie wurde gesäumt von mehreren Etagen aus Laufstegen, Treppen und Leitern, die mehrere Dutzend Meter in die Höhe ragten. Überall verliefen Rohrleitungen. An der Decke zeigte sich ein engmaschiges Netz kleiner und großer Pipelines sowie gebündelter Kabelstränge, dazu ein ausladender Schienenkran.

      »Wohin jetzt?«, fragte Nici. Sie sah Naud an. »Was sagt deine innere Stimme?« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bemerkte sie, dass ihre Frage überflüssig gewesen war. Der Vierzehnjährige war blass geworden; ein unmerkliches Zittern hatte seinen Körper erfasst.

      »Etwas ist hier«, hauchte er ängstlich. »Etwas Böses …«

      Ein länglicher Schatten tauchte hinter den Gerüsten auf, wand sich gleich einem wirbellosen Insekt und verschwand sofort wieder.

      »Da!«, schrie Nici. »Da hinten!«

      Jericho blickte in die Richtung, in die ihr ausgestreckter Arm zeigte.

      »Ich sehe nix«, brummte er. »Verlieren wir keine Zeit. Wir durchqueren die Halle und schauen, wo wir auskommen. Kann sein, dass wir direkt nach draußen gelangen.«

      Der Söldner blieb wachsam und pirschte sich mit vorgehaltener Waffe auf das gegenüberliegende Ende der Halle zu. Nici blieb ihm dicht auf den Fersen, richtete ihren Blick nach links und rechts, dann wieder voraus. Allmählich gewann sie den Eindruck, sich tatsächlich getäuscht zu haben. Erst als sie sich nach Naud umdrehte und diesen wie gelähmt weit hinter sich entdeckte, den Kopf in den Nacken gelegt, wurde sie auf etwas aufmerksam, dass sich hoch über ihnen auf einem quer verlaufenden Steg unterhalb des Krans befand.

      »Jericho …«, flüsterte sie und tippte ihrem Gefährten auf die Schulter. »Da oben …«

      Eine unförmige Masse wand sich in luftiger Höhe. Ihre Bewegungen waren fließend, aber es war auf Anhieb nicht zu erkennen, worum es sich handelte. Stumpfe Glieder züngelten aus der Masse hervor, und feucht glänzendes Gelee tropfte metertief auf den Untergrund, spritzte auseinander und bildete Pfützen aus zäher Flüssigkeit.

      »Tentakel«, sprach Jericho seinen ersten – und einzigen – Gedanken aus. »Da hockt ein fieser, hungriger Mutant und brütet irgendeine Schweinerei aus.«

      In überlegener Pose und mit feinem Hang zur Theatralik richtete er sein Gewehr in die Höhe.

      »Mach schon, Jerri!«, drängte Nici und hatte ebenfalls ihre COLTs gezückt. »Sonst werden unsere Hintern in die nächste Umlaufbahn gesprengt!«

      Die Strahlenwaffe hatte keinen Abzug, sondern lediglich einen Schieberegler. Zudem erzeugte das Gewehr starke Vibrationen und ein heftiges Kribbeln in den Armen. Vermutlich waren es diese Umstände gewesen, die Rosgard die Handhabung erschwert und daneben hatten schießen lassen.

      Noch bevor Jericho allerdings feuern konnte, erwischte ihn ein mörderischer Schlag in den Rücken. Nur die starke Panzerung der Nano-Rüstung verhinderte, dass ihm sämtliche Wirbel gebrochen wurden. Keuchend ging der Söldner zu Boden; das Gewehr schlitterte meterweit fort.

      Im Reflex drückte Nici mehrmals ab, sah jedoch nicht mehr, welchen Schaden ihre Geschosse anrichteten, denn da musste sie bereits unter einem heranjagenden Tentakel hinwegtauchen. Naud hatte sich zu Boden fallen lassen und robbte außer Reichweite der peitschenden Krakenarme.

      Während Jericho sich mühsam aufrichtete, einen weiteren Hieb einsteckte und sich mehrfach überschlug, hetzte Nici zu dem Strahlengewehr, hämmerte beim Rennen die letzten Kugeln aus ihren Magazinen und hielt die schwingenden Tentakel auf Distanz. Immer mehr griffen aus dem Dunkel hinter den Laufstegen nach ihnen, und es wurde stets schwieriger, ihnen auszuweichen.

      Erstaunlich schnell schien Jericho sich erholt zu haben, warf sich gegen einen der rumpfstarken Fangarme und krallte seine Finger hinein. Die Spitzen bohrten sich in das nachgiebige Fleisch und rissen Stücke heraus. Doch schon wurden seine Beine von armdicken Pseudopodien umschlungen; auch der Hals wurde ihm zugeschnürt.


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