Hitlers Double. Tatsachenroman. Walter Laufenberg

Hitlers Double. Tatsachenroman - Walter Laufenberg


Скачать книгу
sitzen. Im Schummerlicht ihres Arbeitsplatzes. Schulter an Schulter mit ihr, um besser sehen zu können, was auf dem Monitor ist. Oder man steht hinter ihr, hängt halb über ihr - und sieht in ihren Ausschnitt, sieht die beiden hellen Kuppen, zwischen denen man sich verstecken möchte, der Welt Ade sagen. Kuppen für jedermann. Wie soll man mit so einer Frau völlig vertraut werden? Mich vor ihr auszuziehen, dazu gehörte nicht viel. Auch mich nackt an sie zu pressen machte keine Schwierigkeiten. Ich konnte ihr ächzend und stöhnend, schwitzend und jubelnd meinen Samen spenden, dafür waren wir vertraut genug. Aber ihr zu sagen, was mein Geheimnis ist, wem ich auf der Spur bin, das ginge nicht. Dazu bedürfte es einer ganz anderen Art von Vertrautheit. Wenn unsere Geschlechtswerkzeuge zusammenfinden, das bedeutet noch wenig; erst wenn das eine Bewußtsein mit dem anderen Bewußtsein kann, wird es ernst.

      Ich versuche es noch einmal, jetzt aber ein bißchen vorsichtiger. Nicht mehr die Frage nach seinem Tod ansprechen. Ich weiß ja, daß Hitlers Tod nie zweifelsfrei festgestellt worden ist. Aber ihre Meinung zu den Nazis, zum Dritten Reich wäre mir wichtig.

      „Diese Deutschen, das waren ja keine dummen Leute. Was die alles erfunden haben.“

      „Ja, zum Beispiel das Fernsehen. Und das war in der Hitlerzeit“, kommt von Maggy die kompetente Auskunft.

      „Und künstliches Benzin haben sie hergestellt. Auch der Kunstdünger ist ihre Erfindung. Die mußten einfach erfinden auf Teufel komm raus, weil sie ja von allen Rohstoffquellen abgeschnitten waren.“

      „Und den meistverkauften Wagen der Welt haben sie konstruiert, den Volkswagen.“

      „Die Nazis haben auch die ersten Hubschrauber, die ersten Raketen und die ersten Düsenjets entwickelt. Und sie waren führend in der Atomforschung.“

      „Ist das wahr?“

      „Wenn ich’s dir sage.“

      „Toll.“

      Soweit kann ich das Thema mit Maggy besprechen. Aber dann heißt es: Bis hierher und nicht weiter. Was ich daraus für Konsequenzen ziehe, was das für meinen Zweifel am Selbstmord Hitlers bedeutet, das ist allein meine Sache. Und für mich steht fest: Wer so ein supertüchtiges Volk beherrscht hat, der muß auch in der Lage gewesen sein, einen verlorenen Krieg zu überleben.

      „Aber, - was interessieren dich plötzlich diese Deutschen?“

      „Ach, war doch nur so ein Gedanke. Das einzige, was mich jetzt interessiert, ist das Frühstück. Meine liebe, süße, kleine, großartige Maggy, es nützt alles nichts, ich habe Hunger.“

      Und schon steht Maggy auf. „Ich gehe zuerst ins Bad und mache dann den Kaffee“, sagt sie.

      Und ich kann nur staunen, zu was für Erfolgen mir meine Charmeoffensive verhilft. „Ach, eine Frage noch, Maggy“, rufe ich ihr hinterher. „Du nimmst doch hoffentlich die Pille oder?“

      „Keine Sorge, mein großer Liebhaber, ich nehme die Pille.“

      „Auch so eine geniale Erfindung“, versuche ich über die leichte Verstimmung hinwegzureden, die aus ihrer Antwort herausklang.

      Aus dem Bad kommt es dumpf: „Aber ausnahmsweise mal keine deutsche Erfindung. Der gute Mann, der uns diesen Schutz vor euch Kerlen geschenkt hat, ist Amerikaner.“

      8

      Das Jogging sollte ich beibehalten. Tut mir irgendwie gut. Und daß die Leute drüben am Hang sich an den Jogger gewöhnen, kann auch nicht schaden. Vor allem für den menschenscheuen Alten, diesen Jakob Wagner, und für seine beiden Hunde werde ich mit der Zeit so selbstverständlich, daß man sich allmählich menschlich näherkommen könnte. Muß doch herauszukriegen sein, ob der Mann ein alter Nazi ist, ob vielleicht sogar Adolf Hitler persönlich. Das wäre die Weltsensation. Das Alter des Mannes könnte stimmen. Die Handhaltung stimmt. Und ein Hundefreund war Hitler auch. Aber auch wenn er ihn nur nachahmt, wenn der Mann bloß Hitler spielt, wäre das ein toller Fall. Heute, beim dritten Mal, daß wir uns treffen, hat er mein „Guten Morgen“ mit einem leichten Kopfnicken beantwortet. Wenn das so weitergeht, mache ich in zwei Monaten mit ihm eine Flasche Whisky leer. Auf seinem Blumenbalkon mit weitem Blick über den Okanagansee. Jede Wette.

      Nach dem Laufen sofort heim und unter die Dusche. Und so erfrischt, schnell gefönt und mit Deo unter den Armen in meine Reporterkluft gestiegen, die immer die schwierige Balance zwischen salopp und teuer halten muß, und ab zum Sender. In der Redaktionskonferenz ahnt kein Mensch, daß ich schon seit zwei Stunden tätig bin.

      Kaum hat die Konferenz begonnen, sagt Pineladder: „Mister Harrison und Mister Anthony werden uns mal wieder für drei Tage verlassen. Sie fahren nach Osoyoos und versuchen, etwas herauszukriegen über Schmuggler, die über die grüne Grenze Rauschgift aus den USA zu uns hereinbringen. Oder auch illegale Arbeiter. Notfalls tut es schon das typische Gespräch mit dem Sheriff. Wenn da aber nichts drinsteckt, dann machen Sie eine Chose über den Tagestourismus an unserer Südgrenze, soher und soher. Falls Sie auch da nichts Brauchbares finden, sollten Sie auf jeden Fall einen stimmungsvollen Bericht aus der Wüste mitbringen. In der Art: Pocket Desert ist immer eine Reise wert. Also mit allem, was dazugehört. Sand, richtige Sanddünen, Eidechsen und Schildkröten und Klapperschlangen und Kakteen, und darüber kreist ein Geier. Das muß den Leuten ans Herz gehen. Sind schließlich die einzigen Wüstenflecken, die wir in Kanada haben.“

      Ein Dreitageauftrag, da brauche ich nicht gleich aufzuspringen und die Sitzung zu verlassen. Ich kann bis zum Ende sitzen bleiben. Ich muß mit Pineladder sprechen. Als ich mit ihm in sein Büro gehe, scheint er das für selbstverständlich zu halten. Er hat also schon damit gerechnet, daß ich ihn zur Rede stellen werde.

      „Sie schicken mich in die Wüste, Mister Pineladder.“

      „Ja, so könnte man das auch ausdrücken.“

      „So auch? Wie denn sonst noch?“

      „Ich nehme Sie aus der Schußlinie.“

      „Bangemachen gilt nicht.“

      „Sie sind ein verfluchter Dickkopf, Harrison. Wenn ich Ihnen gesagt habe, Sie sollten das lassen - Sie wissen, was ich meine -, dann war das schon mehr als eine Dienstanweisung. Das war ein väterlicher Rat.“

      „Väter wissen durchaus nicht immer alles besser.“

      „Ich bin Ihnen keine weitere Erklärung schuldig. Aber ich gebe Sie Ihnen trotzdem. Weil ich nicht will, daß Ihnen was passiert. Sie sind ein guter Reporter - und noch so jung, da kann ...“

      „Zu einem guten Reporter gehört, daß er nicht losläßt, wenn er den Gauner am Mantelzipfel hat.“

      Dieses Doggengesicht, wie es sich verdüstert. Wie ihm die Lefzen noch weiter herabhängen als gewöhnlich. Und dieser Hundeblick, auf den ich hereinfallen soll. „Harrison, der Fall ist zu groß für Sie. Etliche Nummern zu groß. Ich habe von oben, von unseren Eignern, eine eindringliche Ermahnung erhalten, Sie so zu verdonnern, daß Sie auch nicht einen einzigen Schritt weitergehen in der Sache.“

      „Was Sie hiermit getan haben. Besten Dank - und auf Wiedersehen. Ich mache mich auf den Weg in die Wüste.“

      Väterlicher Rat. Daß ich nicht lache. Pineladder sollte als Abteilungsleiter das Format haben, daß er nicht bei jedem kleinen Furz seiner Oberen in die Hose macht. Wenn ich diese Story im Kasten habe, dann werde ich sein Chef. Aber die nächsten Tage wird Jakob Wagner mich entbehren müssen. Und seine Schäferhunde werden dumm gucken, wenn ich nicht da bin. So habe ich wenigstens Zeit zum Nachdenken. Das muß ganz cool durchdacht werden. Wenn der Mann Hitler wäre, dann müßte er wenigstens noch annähernd so aussehen wie Hitler. Das tut er jedoch nicht. Diese komische Nase. Andererseits - ein anderes Aussehen anzunehmen und nicht nur eine andere Identität, das dürfte für einen totalitären Herrscher kein Problem sein. Schon Siegfried, dieser sagenhafte Held der Deutschen, ist im Nibelungenlied unter fremdem Namen aufgetreten. Von einer Tarnkappe gedeckt. Aber - das ist bloß Literatur, es gibt bis heute keine Tarnkappen. Daß die Nazis auch die Tarnkappe entwickelt hätten, davon habe ich nie gehört. Aber wer weiß. Zuzutrauen ist den Burschen ja alles.

      Der


Скачать книгу