Hitlers Double. Tatsachenroman. Walter Laufenberg

Hitlers Double. Tatsachenroman - Walter Laufenberg


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seine imaginäre Robe und setzt zu einem alles vernichtenden Plädoyer an, heftig schnaufend. Da bleibt kein Stein auf dem anderen von den Wohnblocks, die Winters hochgezogen hat. „Mieseste Qualität alles. Und dann noch durch die eigene Hausverwaltungsfirma die Mieter ausquetschen lassen bis aufs Blut. Mafiamethoden. Das betrifft doch auch unsere liebe Wirtin. Ich wette, die wußte bisher noch gar nicht, daß der ehrenwerte Billy H. Winters es ist, der ihr die Daumenschrauben angesetzt hat. Ihr Vermieter.“

      „Nein, das wußte ich nicht“, gesteht Helga, mehr verwirrt als sie es in dieser Situation sein dürfte.

      „Ich aber auch nicht, ehrlich gesagt“, gibt Winters sich betroffen. „Ich weiß doch nicht, wer alles in meinen Häusern wohnt und wer sich da vielleicht nicht ganz wohl fühlt.“

      „Vom Sich-Wohlfühlen spricht der Blutsauger, der Gangster, der es wagt, mich als Winkeladvokaten zu beschimpfen!“ Schon will der Anwalt sich in höchster Erregung auf seinen Gegner stürzen.

      „Aber, aber meine Herren! Nur keine Aufregung. Bitte, bitte. Ich lasse Sie doch nicht auf dem Trockenen sitzen. Oder haben Sie das etwa schon mal erlebt bei Helga?“ Damit steht die Wirtin zwischen den Streitenden, legt dem Anwalt die Hand auf die Schulter und drückt ihn so sanft wie unwiderstehlich auf seinen Stuhl. „Kaffee mit Milch gefällig“, sagt sie dann betont dienstbeflissen. Und: „Bitte sehr“, beugt sie sich tief über die Kaffeetasse des Anwalts, greift in ihr Spreewälder Mieder und holt die rechte Brust heraus. Von unten mit der ganzen Hand drumgefaßt und von oben mit abgeknicktem Daumen kräftig dagegen gehalten - die blauen Äderchen unter der weißen Haut der Brust fast so deutlich wie auf ihrem Handrücken, erschreckend, so rabiat gequetscht zu sehen, was so verletzlich ist, und diese drei dicken grau-weißen Tropfen auf ihrem Zeigefinger - da plötzlich springen zwei Strahlen, haarfeine Milchstrahlen aus der gepressten Knospe. Den einen Strahl richtet sie geschickt in die Tasse, der andere geht weit daneben auf den Tisch. Und der Kaffee, der ihre Brust naßdampft, wird bläßlich, so verlegengehorsam, wie nie zuvor ein Milchkaffee ausgesehen hat.

      „Sie wollten ihn auch mit Milch, nicht wahr“, wendet Helga sich Billy H. Winters zu und läßt damit die Stille erst auffällig werden, die eingetreten ist.

      „Ja, richtig“, kommt es kleinlaut. Und während Helga sich über die Tasse des Bauunternehmers, ihres Vermieters, wie sie jetzt weiß, beugt und ihre Brust neu in den Griff nimmt, hört sie: „Mir auch bitte.“ Und: „Mir natürlich auch.“

      Nur die Wirtin selbst trinkt den Kaffee schwarz. Aber sie bleibt dabei stumm wie die anderen, die heiße Tasse mit beiden Händen umklammert, als brauchte sie etwas zum Sichdranfesthalten. Auch die vier Herren halten ihre Tassen in den Händen. Halten sie als hätten sie Angst, daß ihnen der bläßlich-weiße Kaffee gestohlen wird. Diese argwöhnischen Blicke, mit denen einer den anderen abtastet. Und kein Wort. Bis es ans Kassieren geht. „Den Kaffee berechne ich nicht“, sagt Helga, „der war unbezahlbar. Im übrigen - meine Herren, um das Kind sollten Sie sich keine Gedanken machen. Das Kind ist weit weg, drüben in Deutschland. Bei seinem Vater, der leider keine Aufenthaltsgenehmigung für die Staaten kriegt. Ich aber, ich bin glücklich, Sie bald wieder hier am Tisch vereint zu finden.“

      Mit einem ungewöhnlich förmlichen: „Ich danke für Ihren Besuch, gute Nacht, meine Herren“ läßt sie die vier Milchbrüder hinaus. Zu Cherrytree aber noch unter der Tür: „Nicht alles, was sich pressen läßt, ist für die Presse, wenn ich bitten darf.“

      10

      „Du kommst aber spät. Und wie Du den Hang zum Haus heruntergefahren bist, das sah schon sehr alkoholisiert aus.“

      „Du brauchtest nicht auf mich zu warten.“

      „Ich kann nicht einschlafen, wenn du nicht da bist.“

      „Red keinen Quatsch, Bill. Ich war zwei Monate nicht da, und du willst mir doch wohl nicht einreden, daß du deshalb zwei Monate nicht geschlafen hättest. Dafür siehst du zu erholt aus.“

      „Mach dich nur noch darüber lustig, daß ich die ganze Arbeit allein hatte. War gerade schwer genug ohne dich. Und dann kommst du endlich nachhause und spielst mir die Unberührbare vor.“

      „Bill, jetzt reicht’s. Geh in dein Zimmer und schlaf!“

      „Ich habe auf dich gewartet, Helga.“ Plötzlich dieser weiche Ton. Den kennt sie. Und sie weiß, damit soll sie weichgeknetet werden.

      „Du kennst die Vereinbarung, Bill. Du kannst in meinem Haus wohnen. Aber mehr ist nicht drin. Ich bin eine verheiratete Frau. Ich weiß, welcher Mann zu mir gehört. Und wenn Paul auch im Moment noch weit weg ist, dann ...“

      „Du sagst es. Der andere ist weit weg. Und ich bin hier. Und du bist eine Frau. Eine blühende Frau. Und diese schöne Mainacht ist unsere Nacht.“

      Sie wehrt meine Umarmung energisch ab, flieht hinter den großen Eßtisch, schreit mich an: „Du bist wohl verrückt. Ich habe vor drei Wochen geboren. Ich stehe voll in der Milch. Da kann ich alles andere besser gebrauchen als einen Kerl im Bett. Ruhe brauche ich, daß du es weißt! Ruhe, nur Ruhe!“

      „Natürlich werde ich dich ganz zart anfassen, nur ganz zärtlich lieben. Ich weiß doch Bescheid, Helga. Aber wir beide, wir wissen auch, das ist unsere Chance. Weil nichts passieren kann. Wir brauchen uns nicht vorzusehen. Ein milchendes Weib ist ein Geschenk des Himmels, ha, ha, ha.“

      „Du bist ja betrunken.“

      „Ich habe nur einen ganz kleinen Schluck genommen. Habe mir etwas Mut antrinken müssen für dich, liebe Helga, - liebste Helga.“

      Immer noch behende, entwischt sie meinen gierig fuchtelnden Armen. Dreimal um den runden Eßtisch. Dann will sie raus aus dem Wohnzimmer. Und schafft es. Mit wenigen Sätzen die Treppe hinauf und in ihr Schlafzimmer. Und hat ruck-zuck von innen abgeschlossen.

      Doch kaum, daß sie aufatmen kann, kaum daß ihr der Gedanke kommt: Nicht einmal mehr auf die Toilette kann ich jetzt, da fliegt die Tür auf, gegen die ich mich so vehement geworfen habe, daß ich mit ihr ins Zimmer geschleudert werde. Da habe ich Helga auch schon in meinen Raffarmen, da werfe ich mich mit ihr aufs Bett, da presse ich ihre Brust, daß sie aufschreit, reiße an ihrem Mieder - Spreewälder Tracht.

      Was ich in meinem angetrunkenen Zustand nicht mitbekomme: Helga gelingt es gerade noch, unter ihr Kissen zu greifen. Ihren Peacemaker in die Hand zu nehmen. Peacemaker, immer hat sie diesen Ausdruck für albern gehalten. Jetzt schlägt sie den Revolver aus der aufgezwungenen Umarmung heraus mit voller Wucht auf meinen Hinterkopf. Mit dem Erfolg, daß ich mich hochbäume, sie erstaunt anstarre, dann erschrocken zurückschnelle und mit einem schweren Aufstöhnen neben dem Bett auf den Teppich falle. Der Peacemaker hat ganze Arbeit geleistet. Helga steht da und betrachtet ihren Gegner, der auf dem flauschigen Bettvorleger liegt, bewußtlos. Und macht sich klar: Das ist noch kein Frieden. Jetzt haben wir erst richtig Krieg. Jetzt muß ich mir ganz schnell was einfallen lassen.

      Sie beugt sich über den Bewußtlosen und öffnet seinen Gürtel, zieht ihn mit einem Ruck raus aus allen Schlaufen und bindet ihm damit die Füße zusammen. Mit dreifachem Knoten. Dann nimmt sie den Gürtel ihres Morgenmantels, der neben der Tür hängt, und knotet ihn genauso fest um seine Handgelenke. „Fester kann ich nicht. Und ganz fachmännisch ist das wohl auch nicht. Aber fürs erste wird das genügen. Sei froh, Kerl, daß du nicht an eine rabiatere Frau geraten bist. Da würde dir ganz was anderes passieren. Ja, das hast du nicht erwartet, daß du so verschnürt wirst. Aber mich nimmt keiner mehr mit Gewalt. Auch kein Bill Pandosy.“

      Worüber ich wieder zu mir komme, mich verwirrt umsehe, dann mühsam aufrappel. Die Hose rutscht mir auf die Füße, wie ich auf Helga zugehen will, mit den kleinen Tippelschrittchen, die die provisorische Fesselung mir erlaubt. Aber Helga steht weit genug weg von mir, den Revolver mit beiden Händen umkrallt und auf mich gerichtet. „Hau ab! Hau sofort ab, wenn dir dein Leben lieb ist! Sonst drück ich ab.“

      „Wie soll ich so abhauen?“

      „Nun hoppel schon los. Mach, daß du in deinen Wagen kommst und fahr ab. Und laß dich hier nie mehr sehen!“

      Ich


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