Nell Gwyn. Charles Beauclerk

Nell Gwyn - Charles Beauclerk


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Träumen in sein Königreich heimkehrte. Unter der fast monarchischen Herrschaft des Lordprotectors hatte die republikanische Bewegung viel von ihrer Kraft eingebüßt, und obwohl es immer noch nicht ungefährlich war, in der Öffentlichkeit vom König jenseits des Meeres zu sprechen, hegten doch immer mehr Menschen insgeheim den Wunsch, er möge zurückkehren. Als dann im Mai 1659 Olivers Sohn Richard die Macht aus der Hand glitt und er sich über den Kanal davonmachte, wurde im Parlament unweigerlich der alte Ruf nach dem König wieder laut.

      Kapitel 2

      Die Restauration

      Cromwell war am siebten Jahrestag der Schlacht von Worcester gestorben, jener Schlacht, in der er den damals einundzwanzigjährigen König Charles II. besiegt hatte. Da der Gestank seiner verfaulenden Milz sowohl den Künsten der Einbalsamierer als auch der Bestatter trotzte, wurde Cromwell schon wenige Tage nach seinem Tod in einer privaten Zeremonie beigesetzt. Wie es dem königlichen Brauch entsprach, fertigte man daraufhin ein wächsernes Abbild des Lordprotectors an, das in Somerset House im Kerzenschein feierlich aufgebahrt wurde. Eben diesem erwies die Öffentlichkeit die letzte Ehre. Gegen Ende der zweiten Woche rückte man dann die Wachspuppe von Old Noll mit ihren Glasaugen wie einen Kranken in eine aufrecht sitzende Position und setzte ihr eine kaiserliche Krone aufs Haupt. Welch eine Ironie, jetzt, im Tod, erhielt er sie endlich, die Königswürde, nach der er sich ein Leben lang gesehnt hatte! Am Tag der Beisetzung selber, fast zwei Monate nach dem Tod des Lordprotectors, wurde sein ganz in schwarzen Samt gekleidetes und mit allen Insignien der Königswürde (Krone, Zepter und Reichsapfel) ausgestattetes wächsernes Abbild in einer offenen Karosse zur Westminster-Abtei kutschiert. John Evelyn war dabei. »Es war der fröhlichste Trauerzug, den ich je sah, denn abgesehen von den Hunden, die von den barbarisch johlend, saufend und Tabak schnupfend durch die Straßen ziehenden Soldaten verscheucht wurden, heulte niemand.«

      Olivers Nachfolger im Amt des Protectors war sein dritter Sohn Richard, der im Volk allgemein als Tumbledown Dick bekannt war, der sehr wenig Verlangen nach Macht verspürte und noch weniger dazu fähig war, Macht auszuüben. Auf Druck der Streitkräfte, des Council of State und schließlich des Parlaments selber wurde er im Mai 1659 seines Amtes enthoben. Zwar fügte er sich ausgesprochen bereitwillig, traute sich aber nicht, den Palast von Whitehall zu verlassen, weil er fürchtete, wegen seiner Schulden verhaftet zu werden. Schließlich gelang es ihm zur Zeit der Restauration, sich über die Grenze nach Frankreich abzusetzen, wo er unter dem Namen John Clarke lebte. Es ist schon eine seltsame Fügung, denn genau wie König Charles II. führte er nahezu zwanzig Jahre lang ein unstetes Wanderleben auf dem Kontinent, bevor es ihm im Jahr 1680 gestattet wurde, in die Heimat zurückzukehren.1

      Als Charles am 25. Mai 1660 unter den Jubelrufen »Gott schütze den König!« in Dover an Land ging, hörte man seinen jüngsten Bruder, den Herzog von Gloucester, rufen: »Gott schütze General Monk!« Ohne Monk oder den »guten alten George«, wie ihn seine Soldaten nannten, hätte die Restauration wohl noch eine ganze Weile auf sich warten lassen. Nach dem fehlgeschlagenen royalistischen Aufstand vom August 1659 waren die Machtverhältnisse im Land unklar. Die Armee unter General Lambert stellte zwar eine Bedrohung dar, war aber desorganisiert und das Rumpfparlament wie stets äußerst unzuverlässig. Es stand außer Frage, dass Monk, der Oberbefehlshaber von Schottland und Sympathisant des Rumpfparlaments, der Einzige war, der die Ordnung wiederherstellen konnte. Selbst der König hatte sich nach dem Scheitern des zweiten Protektorats mit Angeboten an Monk gewandt, doch die Zeit war noch nicht reif gewesen, und der General hatte es abgelehnt, die königlichen Schreiben in Empfang zu nehmen.

      Dann löste Lambert das Rumpfparlament auf, und Monk machte sich am 1. Januar 1660 halb aus Neigung, halb schicksalsergeben von Edinburgh auf nach Süden. Sein Ziel war es, die Freiheit und die Rechte der drei Königreiche »vor Willkür und Usurpation durch Tyrannen« zu beschützen. Auf seinem Weg nach London wurde Monk immer wieder mit Petitionen für ein freies Parlament bedrängt, doch er weigerte sich zu erklären, für wessen Seite er eintrat. Charles, der nervös wartend in Brüssel bereitstand, nahm durch seine Vermittler Kontakt zu ihm auf, und es entwickelte sich ein stilles Einvernehmen zwischen den beiden Männern. Monk genoss eine so große Autorität, dass sich die Menschen der Wucht seiner schweigenden Mission nicht gerne widersetzten. Das Land lag unter einer dichten Schneedecke, und der General starrte schweigend in die Stille, wie in einem Traum gefangen. (»Er ist ein schwarzer Mönch [Monk]«, schrieb Lord Mordaunt, »und ich kann nicht in ihn hineinblicken.«)

      Im Februar 1660 traf Monk in London ein. Die Stadtväter weigerten sich, Steuern zu zahlen, wenn nicht ein freies Parlament einberufen werde. Monk ergriff seine Chance. Er beriet sich mit seinen wichtigsten Offizieren und wandte sich dann in einem Schreiben an das Rumpfparlament, in dem er es aufforderte, per Dekret all jene Parlamentsmitglieder zurückzurufen, die durch Oberst Pride in seiner Säuberungsaktion von 1648 ausgeschlossen worden waren. Des Weiteren solle die erste und einzige Handlung des neu zusammengetretenen Parlaments darin bestehen, seine eigene Auflösung zu beschließen. Auf diese Weise wäre der Weg offen für ein freies Parlament. Und obwohl sich zu dem Zeitpunkt noch niemand dazu äußerte, bedeutete ein freies Parlament so gut wie sicher die Rückkehr des Königs.

      Sobald die Nachricht von Monks Schreiben bekannt wurde, gingen die Londoner auf die Straße und feierten. Ganze Ochsenhälften wurden auf der Straße über offenem Feuer gebraten, und die Stadtglocken läuteten in einem fort. Jetzt hatte die Tyrannei der Militärherrschaft ein Ende und es galt wieder das Civil Law. Doch um seine volle Souveränität zurückzuerhalten, verlangte das Parlament nach dem königlichen Funken. Im Commonwealth hatte man versucht, den Gedanken durchzusetzen, die Macht des Parlaments gehe vom Volke aus, doch für eine Nation, die sich zu allererst an der Bibel orientierte, war die Autorität des Parlaments letztendlich göttlichen Ursprungs: und Sinnbild des Göttlichen blieben der Thron und sein Inhaber. In der Zeit des Commonwealth hatte es lediglich abstrakte Prinzipien gegeben, denen das Volk gezwungenermaßen die Treue halten musste; jetzt aber konnte es seine Treue aus freien Stücken erneut dem rechtmäßigen König schenken, dem Symbol für die Hoffnungen, die Ziele und die Einheit des ganzen Volkes.

      Tief in der Psyche der Nation hatte sich ein neuartiges Verhältnis von Souverän und Volk herausgebildet, und eben dieses goldene Band führte schließlich zu dem, was das britische System auszeichnen sollte: zur konstitutionellen Monarchie.

      Erst Ende März, bei seinem Zusammentreffen mit Sir John Grenville, dem Gesandten des Königs, offenbarte Monk eindeutig, auf wessen Seite er stand. Nun begann zwischen den beiden Männern, die das Schicksal zueinandergeführt hatte, jener Briefwechsel, der schließlich zu Charles’ uneingeschränkter und bedingungsloser Wiedereinsetzung führte. Auf Monks Rat hin verließ Charles die Spanischen Niederlande und reiste ins holländische Breda, wo er mit Hilfe des Lordkanzlers Edward Hyde, des späteren Earl von Clarendon, die zu Recht gerühmte Erklärung von Breda aufsetzte. Mit diesem vielsagenden Dokument gewährte er jenen, die gegen seinen Vater gekämpft hatten, Straffreiheit (mit Ausnahme derer, die an der Hinrichtung beteiligt gewesen waren), und er erklärte die »Freiheit des Gewissens«, damit »niemand behelligt oder infrage gestellt werde, nur weil er in religiösen Dingen eine andere Auffassung vertritt, sofern diese nicht den Frieden im Königreich gefährdet«. Zusätzlich sandte er Schreiben an beide Häuser des Parlaments.

      Sobald das Parlament die Schreiben des Königs in Empfang genommen hatte, wurde er am 1. Mai einstimmig zur Rückkehr nach England aufgefordert, um dort gekrönt zu werden. Zusätzlich wurde ihm die Summe von 50000£ für seinen persönlichen Bedarf zugesprochen. Dieser Monat Mai des Jahres 1660 muss dem König, seiner Familie und seinen Anhängern im Exil wie ein Traum vorgekommen sein oder zumindest doch wie eine fantastische Charade. Am 15. Mai begab sich Charles auf Einladung der Generalstände, die ihm ihrerseits die Summe von 30000£ gewährten, nach Den Haag, wo Abordnungen des Ober- und des Unterhauses ihn schon erwarteten. Während seines Aufenthaltes dort traf eine weitere Delegation der Stadt London ein, die eine Truhe mit 10000£ in Gold mit sich führte. Charles und seine Brüder, die Herzöge von York und Gloucester, die so lange Zeit auf Reichtum hatten verzichten müssen, weideten sich an dem Anblick des Geldes. Es folgten acht Tage voller Bankette und Empfänge zu Ehren des Königs, und aus allen Teilen Europas strömten Leute nach Den Haag, die sich sein Wohlwollen sichern wollten. Minister Henry Coventry schrieb von London aus an den


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