Nell Gwyn. Charles Beauclerk

Nell Gwyn - Charles Beauclerk


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er habe sich meine Rückkehr inständigst gewünscht.« Sicherlich schwang eine gewisse Ironie in seiner Stimme mit, vielleicht auch ein wenig Bitterkeit, obwohl Charles es meisterhaft verstand, seine Gefühle zu verbergen. Die Hinrichtung seines Vaters sowie sein eigenes Leiden im Exil sind ganz gewiss nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Charles hat den Engländern niemals wieder aufrichtig vertraut, und obwohl er allen stets mit untadeliger Höflichkeit begegnete, hat er doch zu dem Volk, über das er herrschte, bis zum Ende seiner Tage eine seltsame Distanz bewahrt.

      Im Allgemeinen ließ der König keine Gelegenheit aus, seine Landsleute vor den Kopf zu stoßen, wenn auch unbewusst, aber sein natürlicher Wunsch nach Rache ließ sich nun einmal nicht unterdrücken. Für Charles hieß das, dass er mit seinem Verhalten von Anfang an klarstellte, dass er sich nicht an die in England geltenden gesellschaftlichen Konventionen halten würde. So wird z.B. berichtet, dass Charles seine erste Nacht in Whitehall in den Armen der neunzehnjährigen Barbara Palmer (geborene Villiers) verbrachte und dass er nicht an dem Erntedankgottesdienst teilnahm, der für diesen Abend in der Abtei von Whitehall anberaumt war, nur um schneller in ihre liebende Umarmung eilen zu können. (Ihr erstes Kind, eine Tochter, kam genau neun Monate später, am 25. Februar 1661, zur Welt.)

      Der Begriff »Restauration« ist in vielerlei Hinsicht missverständlich, denn 1660 bedeutete er auf gar keinen Fall die Wiederherstellung der Monarchie, wie sie vor dem Krieg unter Charles I. bestanden hatte. Die Cavaliers oder Royalisten, ganz gleich, ob sie sich in England oder zusammen mit dem König im Exil aufhielten, waren nämlich nicht diejenigen, die den alten Zustand wiederherstellten, sondern sie selber waren es, die erneut wieder eingesetzt wurden. Wie Churchill sagt, ging es bei der Restauration ebenso sehr um die Rückkehr des Parlaments wie um die Heimkehr des Königs, es ging somit um die Wiederbelebung der Verfassung oder, wie Maeterlinck es ausdrückt, um »den Geist des Bienenkorbes«. Wir haben es folglich mit dem Sieg der gemäßigten Kräfte zu tun, mit dem Sieg der Konstitutionalisten, deren Ziel nie in erster Linie der Krieg gewesen war. Allerdings waren die subversiven Elemente noch nicht ganz beseitigt. Wie Churchill meint, »hat die Restauration das erreicht, was Pym und Hampden ursprünglich angestrebt hatten. Sie hat mit den Exzessen Schluss gemacht, in die Letztere durch die Schärfe der Auseinandersetzungen, durch die Verbrechen und den Wahnwitz des Krieges hineingezogen worden waren. Jetzt hatten das Unterhaus und das Common Law auf Dauer gesiegt«.2 Im Bürgerkrieg hatten natürlich auf beiden Seiten gemäßigte Kräfte gekämpft, obwohl die Wahl, vor die sie sich gestellt sahen, eine künstliche gewesen war: Sie waren sowohl für das Parlament als auch für den König gewesen, denn nur beide zusammen garantierten Gesetz und Ordnung. Was wiederhergestellt werden sollte, war die Freiheit, die Freiheit unter dem Gesetz: jene Freiheit, die Dryden als »das einzige Vorrecht eines englischen Untertanen« bezeichnet hat.3

      Die Tatsache, dass der bekannteste damalige Konstitutionalist, Edward Hyde, Earl von Clarendon und gemäßigter Abgeordneter im Londoner Parlament unter Charles I., vom König im Exil zum Lordkanzler ernannt worden war, dass er die Deklaration von Breda verfasst hatte und jetzt als oberster Minister fungierte, bedeutete für das Volk ganz eindeutig, dass der König keineswegs die absolute Monarchie anstrebte. Die wahre Gefahr ging von einer ganz anderen Seite aus. Wie Clarendon in seinen Erinnerungen selber schreibt, hatten die achtzehn Jahre des Bürgerkriegs und der Diktatur das Land traumatisiert, und eine ebensolche Bedrohung ging nun ebenfalls von den Menschen aus, die in der Zeit von 1642 bis 1660 herangewachsen waren, denn ihnen fehlten die natürlichen Bindungen und Loyalitäten, die eine zivilisierte Gesellschaft ausmachen. Er geht sogar so weit, vom Zusammenbruch der bürgerlichen Gesellschaft zu sprechen, und meint, dass noch im Jahr 1660 der Geist der Revolution seinen Schatten auf das politische Leben in England warf.

      Schon Charles I. hatte in seiner Rede auf dem Schafott deutlich gesagt, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem Parlament von, wie er sie nannte, »üblen Kräften« fehlgedeutet und übertrieben worden waren, von Männern, deren angebliches Eintreten für die Freiheiten des Volkes nichts anderes war als ein Trick, um an die Macht zu gelangen. Diese Leute hatten die Mehrheit seiner gesetzesfürchtigen Untertanen getäuscht und den Krieg herbeigeführt; ihnen lag nichts daran, lediglich die königlichen Vorrechte zu beschränken, nein, sie waren durch und durch Republikaner. Und diese Männer waren mit der Restauration nicht verschwunden, sie hatten nur ihre Kleider und ihre Ausdrucksweise gewechselt und warteten ab, bis ihre Zeit wiederkäme. Und wir werden sehen, dass ihre subversive Tätigkeit erneut spürbar wurde, sobald Clarendon im Jahr 1667 seines Amtes enthoben worden war. So geht es zu auf der Bühne der Politik.

      Das Theater ist eine gute Metapher für die oberflächlichen, aber auch für die tiefer gehenden Veränderungen, die die Restauration mit sich brachte, und dieser Vergleich sagt auch einiges aus über Charles’ amüsierte, recht verschmitzte Art, mit den einhelligen Bekundungen der Zuneigung umzugehen, die ihm bei seiner Rückkehr entgegengebracht wurden. In aller Eile wurden Schiffe umgetauft und königliche Wappen erneuert (d.h. man entfernte die Insignien der Protektoratszeit), die Mode zeigte sich wieder elegant, die Maibäume wurden aus den Lagerschuppen hervorgeholt, und die Theater öffneten erneut ihre Tore. Charles war entschlossen, all das zu genießen, solange es währte, war aber gleichzeitig realistisch genug, um zu wissen, dass sich die Lage sehr rasch wieder ändern konnte, ja ändern würde. Er war ganz gewiss ein Mann, der viele Rollen zu spielen verstand, und deshalb wollen wir uns an dieser Stelle fragen, was für ein Mensch der dreißigjährige, frisch auf den Thron gehobene König eigentlich war, denn sein Charakter und seine Lebenseinstellung sind für unsere Geschichte von wesentlicher Bedeutung.

      Zunächst sei daran erinnert, dass das Jahr 1660 eigentlich schon das zwölfte Jahr von Charles’ Regentschaft war. Das ist wichtig, denn es bedeutet, dass die übrigen europäischen Monarchen seiner Zeit ihn mit Missachtung, ja Verachtung behandelt hatten, obwohl er doch bereits während der Zeit seines Exils ein regierender Monarch mit einem regelrechten, wenn auch dezimierten Hof war. Es lässt sich wohl kaum ermessen, wie schwer die Demütigungen vonseiten derjenigen auf ihm lasteten, von denen er zu Recht Achtung, wenn nicht sogar Unterstützung hätte erwarten dürfen. Von seinen königlichen »Vettern« ignoriert und in die Verbannung geschickt, war Charles gezwungen, ein mittelloses Wanderleben zu führen. Und das ist keineswegs eine romantische Übertreibung, wissen wir doch aus den Berichten von Clarendon und anderen Kavalieren, dass es selbst dem König oft an Nahrung, Wärme und sauberer Kleidung mangelte.

      Die Wochen nach der Schlacht von Worcester, in denen sich Charles verborgen halten musste und während deren viele seiner katholischen Untertanen ihm eine ungewöhnliche Loyalität bewiesen, haben seine von Natur aus vorhandene Neigung noch verstärkt, die Menschen nach ihrem Charakter zu beurteilen und nicht nach ihrem Glaubensbekenntnis. Die heuchlerische und moralinsaure Langeweile seiner presbyterianischen Gastgeber in Schottland hingegen hatte ihn in seiner Abneigung gegen religiösen Fanatismus nur noch bestärkt. (Charles war der Ansicht, der presbyterianische Glaube sei »als Religion für einen Gentleman nicht geeignet«.) Genau wie sein Großvater mütterlicherseits, Heinrich IV. von Frankreich, von dem der berühmte Ausspruch stammt, Paris sei wohl eine Messe wert, konnte Charles religiöse Dogmen nicht ernst nehmen. Wie der Historiker Hesketh Pearson feststellt, »tolerierte er alle Glaubensüberzeugungen und stand allen gleichgültig gegenüber. Ihm war die persönliche Aufrichtigkeit wichtiger als irgendein Glaubensbekenntnis«.4 Charles’ ehemaliger Kaplan, Bischof Burnet, hat einmal gesagt, der König habe seinen eigenen Glauben bzw. seine eigene religiöse Philosophie, und das mutet uns heute ungewöhnlich modern an. Er glaubte, Gott würde einen Menschen niemals dafür verdammen, dass er das Leben mit allen Sinnen genieße, solange er damit anderen nicht schade, denn »das Einzige, was Gott verabscheut, sind Bosheit und die Absicht, Schaden zuzufügen«.5 Der König besaß, wie Burnet halb bewundernd feststellte, eine außergewöhnliche Selbstbeherrschung.

      Angesichts seiner frühen Erfahrungen verwundert es nicht, dass Charles eine eher zynische Auffassung von der Beständigkeit des Menschen und seiner dauerhaften Treue vertrat und dass er sich eisern vornahm, stets das eigene Interesse vor das der anderen zu stellen, ganz besonders dann, wenn er damit zum Wohl des Reiches beitrug. Und er hatte gelernt, dass die Menschen ihren König nur respektieren, wenn der seine Macht und Autorität auch geltend macht. All das Gold und die guten Wünsche, mit denen ihn ausgerechnet jene bei seiner Wiedereinsetzung überhäuft


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