Hart's Bay: Wo unsere Zukunft beginnt. E. P. Davies

Hart's Bay: Wo unsere Zukunft beginnt - E. P. Davies


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ihm genau das ermöglichen würde. Vielleicht zu schnell, aber das war besser als zu langsam.

      Colt mochte ihn verrückt machen, aber er würde ihm nicht subtil drohen, ihm wegen seiner Arbeit, seines Liebeslebens oder aus einem anderen dämlichen Grund sein Erbe vorzuenthalten. Es ging ihm eindeutig ums Geld, aber das kam Rains Zielen ebenfalls entgegen.

      Was noch besser war: Die Bauphase wäre für Rain eine großartige Ausrede, um Abstand zu seiner Familie zu halten – besonders zu Grandpa, von dem er überzeugt war, dass er Rain inzwischen in die Schublade der bösen Harts einsortiert hatte und ihn nun hasste.

      Vielleicht hätte er Floyd mit seinen dummen Aktionen auflaufen lassen sollen. Aber andererseits… ihn sich in Würde aus dem öffentlichen Leben zurückziehen zu lassen, verminderte das Risiko von hässlichen Grabenkämpfen und in die Welt gesetzten Gerüchten. Trotz all seiner Fehler hatte er viel für Hart's Bay getan – jedenfalls vor Rains Geburt.

      Es war an der Zeit, dass die jüngere Generation die Verantwortung übernahm. Den Anfang bildete ein Anruf bei dem Mann, der in den letzten achtzehn Stunden durch Rains Gedanken und Träume gegeistert war.

      Verflucht, dies war entweder der größte Fehler oder die größte Gelegenheit, der er sich je gegenübergesehen hatte, und Rain würde erst erfahren, was genau, wenn es zu spät war.

      ***

      »Colt hier.«

      Die knappe, geschäftsmäßige Stimme, die durch die Leitung drang, ließ Rain schaudern. Oder vielleicht war es auch nur die Brise. Er lehnte an einem der Poller, die man in den Beton des Hafens getrieben hatte, dicht neben einem der tieferen Anleger, an denen die Schiffe früher den Fisch gelöscht hatten.

      Als die Fischbestände in sich zusammengebrochen waren, war seine Familie gezwungen gewesen, das Geschäft dichtzumachen, das die Stadt angetrieben hatte, und danach war alles schiefgelaufen.

      »Hey«, zwang Rain sich zu antworten. Die plötzliche Nervosität in seinem Bauch war ungewöhnlich. Er hatte an Geschäftstreffen teilgenommen, bevor er auch nur seinen Namen schreiben konnte. Doch nie war es um seine eigenen Angelegenheiten gegangen. »Hier ist Rain.«

      Er hatte erwartet, dass Colt sich nicht an ihn erinnern würde. Oder wenigstens, dass er so tat. Eine plötzliche Welle der Dankbarkeit rollte durch ihn hindurch, als er auf dieses Spiel verzichtete.

      »Ooh«, sagte Colt stattdessen mit warmer Stimme. »Hattest du Gelegenheit, dir Gedanken zu machen?«

      »Hatte ich.« Rains Mund war trocken. Er rieb mit dem Fuß über den Anleger. Sein Blick war auf die Wellen gerichtet, die in die Höhe geschleudert wurden, während sich feine Gischt über dem Wasser bildete.

      Allmählich wurde seine Kleidung feucht, aber das machte ihm nichts aus. Er hatte sein Auto bewusst am Hafen beim Marktplatz abgestellt und war die fünf Minuten zum Haus seines Großvaters gelaufen. Die frische Luft tat ihm gut.

      »Und?«, bohrte Colt nach. Die leichte Anspannung in seiner Stimme verriet Rain, wie begierig er seine Antwort erwartete. Dadurch fühlte Rain sich deutlich besser, als er sagte, was er loswerden wollte.

      »Ich würde mich gern heute treffen. Lass uns darüber reden, wie wir die Sache zum Laufen bekommen können.«

      Colt zischte leise und Rain konnte sich genau das triumphierende Lächeln um seine dünnen Lippen vorstellen. Seltsamerweise nervte es ihn nicht, dass Colt reagierte, als hätte er einen Sieg errungen. Das sollte es. Stattdessen fuhr ein Schauder durch Rain, heiß und viel zu tief. Er rollte die Zehen in den Schuhen ein und drückte sie gegen den Beton, während er sich auf die abgerundete Oberseite des großen, runden Pollers schob.

      »Perfekt«, sagte Colt. »Kommst du her?«

      »Das hängt davon ab, wo hier ist.«

      »Portland. Forest Park, um genau zu sein. Wir haben einen guten Starbucks in der Nähe. Ich lade dich zu einem schicken Latte ein.«

      Rain unterdrückte gerade rechtzeitig sein Schnauben. Das klang nach einer reichen Gegend. Die Fahrt selbst war nicht das Problem, das Verhalten sehr wohl. »Wenn wir hier etwas aufbauen wollen, müssen wir uns auch hier treffen.«

      »Warum? Ich habe das Gebäude gesehen.«

      Rain schüttelte den Kopf. Gott, er war an Konfrontationen gewöhnt, aber normalerweise verhielt er sich dann abwehrend und wurde wütend, nicht… begeistert. »Weil wir hier etwas entwickeln, nicht in Forest Park. Dies wird für ein paar Monate das Zentrum deines Universums sein.«

      Einen Augenblick herrschte Schweigen und als Colt wieder sprach, lag widerwilliger Respekt in seiner Stimme. »In Ordnung. Ich verstehe. Bei dir. Heute Abend?«

      Oh, er hätte von heute Nachmittag sprechen können, da es nicht einmal zwei Uhr war. Aber das tat er nicht und Rain vermutete, dass es Absicht war.

      Heute Abend löste eine andere emotionale Reaktion bei ihm aus. Das Wort setzte jeden Nerv in seinem Unterschoß-Gehirn in Flammen und nicht in dem, das er benutzen sollte.

      »Heute wäre super. Kein Grund, es hinauszuzögern«, sagte Rain knapp.

      »Gib mir eine Adresse.«

      »Die Bar, in der wir uns kennengelernt haben?«, schlug Rain vor. Im Vorübergehen warf er einen Blick in die entsprechende Richtung und sah, dass sie offen war. Cher öffnete, wann immer sie Lust hatte, also konnte man sich nie darauf verlassen. »Es gibt eine ruhige Ecke. Es ist so früh, dass wir sie vermutlich bekommen können.«

      »Ich sagte bei dir, nicht in deiner Bar. Es sei denn, du wohnst dort. Es gibt schlechtere Entscheidungen«, sagte Colt gedehnt.

      Rain schauderte. Die Vorstellung, einen nahezu Fremden in sein Haus einzuladen – von Colt, der sein kleines Wohnzimmer ausfüllte und sich auf seiner Couch ausstreckte, ganz Sexappeal und maßgeschneidertes Hemd…

      Keine Chance. Er war schon in der Öffentlichkeit kaum in der Lage, die Hände von diesem Mann zu lassen, und Colts Flirten machte es nicht leichter. Sich privat zu treffen, wäre ein Desaster.

      »Warum bei mir?«, gab Rain eine Gegenfrage zurück, um seine Verteidigung oben zu halten.

      Es funktionierte nicht. Colt lachte nur leise. »Ich dachte, du hättest behauptet, dass einem in der Bar viele neugierige Blicke folgen? Unnötig, die örtliche Presse aufmerksam zu machen, bevor das Geschäft besiegelt ist.«

      Rain sog scharf die Luft ein. Oh, er war gut. Und einen Moment war Rain kurz davor zuzustimmen. Verdammt, Colt war heiß, selbst wenn er mit ihm spielte. Zum Glück besaß Rain ein bisschen gesunden Menschenverstand, der seinem Schwanz nicht das Reden überließ.

      »Nee. Cher's Kneipe wäre ein besserer Treffpunkt, solange wir die Details besprechen. Abgesehen davon weißt du schon, wo sie liegt.«

      Colt lachte in sich hinein. »Dort werden wir auch nicht so schnell abgelenkt, falls das deine Sorge ist.«

      Sein Benehmen sollte wirklich nicht so heiß sein. Als ob er glaubte, dass Rain bereit war, ihn jederzeit anzuspringen. Was… stimmte. Verdammt, wie hatte Colt mit so wenigen Worten die Situation auf den Punkt gebracht? Er war viel zu gut darin, andere Menschen zu lesen.

      Rain leckte sich die Lippen. »Das sollte für dich auch ein Thema sein.«

      »Sollte es«, stimmte Colt zu und seinem Tonfall nach scherzte er nicht. Dann klang er wieder leichtherziger. »Dann seh ich dich also in… oh, eineinhalb Stunden?… im Cher's.«

      Puh. Das gab ihm wenigstens genug Zeit, nach Hause zu fahren und sich umzuziehen, bevor Colt ankam. Dann konnte er in die Bar gehen und den stillen Ecktisch belegen, an dem es am unwahrscheinlichsten war, dass man ihre Verhandlung belauschte.

      Wenn die Angelegenheit sich hinzog, konnten sie Millies Restaurant in der Stadt besuchen, um etwas mehr Ruhe zu haben, oder wieder am Hafen entlanggehen. Eine Menge Gelegenheiten, bei denen sie trotzdem in der Öffentlichkeit blieben.

      Denn er musste in der Öffentlichkeit bleiben, wo er


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