Hart's Bay: Wo unsere Zukunft beginnt. E. P. Davies

Hart's Bay: Wo unsere Zukunft beginnt - E. P. Davies


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Rain zurück. »Passt bei mir. Cher wird vermutlich bis um fünf oder sechs offen haben.«

      »Das ist genug Zeit, um zu einem befriedigenden Ergebnis für uns beide zu kommen«, sagte Colt. »Zumindest hoffe ich das.«

      Rain hatte seine Erwartungen hochgeschraubt, indem er Colt dazu gebracht hatte, zu ihm zu fahren, aber irgendwie gefiel es ihm. Er hielt die Zügel in der Hand. Wenn er entschied, sie kurzzeitig aufzugeben, nur um der Erregung willen… Nun, niemand musste wissen, welches Spiel er spielte.

      Niemand außer Colt, dessen stechender Blick Rain so mühelos zu durchschauen schien.

      »Das hoffe ich auch«, sagte Rain. »Wir sehen uns nachher.« Mühsam legte er auf. Seine Hände zitterten, als er sein Handy einsteckte.

      Dies war mit Abstand der mutigste Schritt seines Lebens, inklusive seiner Flucht nach Colorado, ohne auch nur eine Nachsendeadresse zu hinterlassen. Nun konnte er nur hoffen, dass er nicht im Begriff war, sein Leben gründlich zu versauen.

      Nur kein Druck also.

      Kapitel Vier

      Colt

      Die knorrigen Kiefern und Schierlingstannen gingen in Zedern über, als der Staatsforst im Rückspiegel verschwand und das Meer in der Windschutzscheibe auftauchte.

      Colt fuhr wie auf Autopilot, seine Gedanken flogen. Zum Glück hatte er heute frei. Er würde seinen Job nicht aufgeben, bevor er ein regelmäßiges Einkommen aufzuweisen hatte – oder zumindest, bis er die Bauarbeiten beaufsichtigen musste.

      Die Fahrt von Portland nach Hart's Bay ging schnell. Das war einer der Gründe, warum er diese Stadt ausgesucht hatte und keine weiter südlich an der Küste. Weit genug von Cannon Beach entfernt, um nicht direkt mit ihm in Konkurrenz zu stehen, und nah genug an Tillamook, so dass er mit der nahen Touristenpopulation werben konnte, sobald er die fertigen Geschäftsräume vermieten konnte. Nah an der Küstenstraße, die für Surfer und Familienurlaube so wichtig war.

      Es war der perfekte Ort. Er hatte nur nicht erwartet, dass er dort auch auf den perfekten Mann stoßen würde.

      In beiden Gesprächen hatte Rain Colt aus dem Konzept geworfen. Er war nie zuvor jemand Vergleichbarem begegnet. Er hatte sich durch den halben Staat gevögelt und auch ein paar feste Partner gehabt. Keiner von ihnen hatte so sein Interesse geweckt – so viel Widerstand geleistet, während er zeitgleich verbal mit ihm tanzte.

      Es war ihm unmöglich, sich nicht zu fragen, ob Rain im Bett genauso sein würde. Und im Leben und Geschäft. Aber hinter geschlossenen Türen waren die Menschen anders, als wenn sie sich der Welt zeigten.

      Colt musste es wissen. Er war eisern pragmatisch, daher war er nie zuvor Tagträumen und Fantasien zum Opfer gefallen wie jetzt. So, wie er aufgewachsen war – von einer Pflegefamilie in die nächste geschoben –, hatte er schnell erfahren, dass die Familie und ein weißer Gartenzaun nichts bedeuteten.

      Aber Rain? Er weckte in Colt den Wunsch, mehr über ihn zu erfahren. So sehr, dass er sich seinen pompösen Anzug und die glänzenden schwarzen Schuhe angezogen hatte – die größte Anschaffung, die er sich von seinem Erbe geleistet hatte, abgesehen vom Leasing seines Autos – und nach nur einem Anruf an die Küste gefahren war.

      Colt bremste ab, als er die Grenze von Hart's Bay erreichte, und ließ den Blick über die bescheidenen Häuser und heruntergekommenen Läden in der Umgebung gleiten.

      Er hielt nicht an, bis er den Parkplatz neben dem Marktplatz erreicht hatte, neben der Kunstgalerie. Auf einer Seite führte eine kurze Straße zu den Lagerhäusern und zum Hafen und auf der anderen befand sich das lebendige, grüne kleine Viereck inmitten von vier Holzgebäuden. Von jeder Ecke des Platzes gingen Straßen ab.

      Es war ein idyllischer kleiner Ort. Hell gestrichene Häuser, auch wenn sich die Farbe ablöste, und so winzig, dass er tatsächlich Leute entdeckte, die zu Fuß gingen, statt ihre Autos zu nehmen.

      »Da wären wir«, stieß Colt aus und klappte die Sonnenblende herunter, um nach seinen Haaren zu sehen und sie noch einmal glatt zu streichen. Zeit, seine Maske zurechtzurücken, genau wie seine Haare. Er musste Colt Fuller sein, der Projektentwickler.

      Genau wie bei der Elternschaft ging es darum, Zuversicht auszustrahlen. Die Haushalte, in denen er wirklich gern gewesen war, waren diejenigen gewesen, in denen seine Pflegeeltern zu wissen schienen, was sie taten. Erst später war ihm aufgegangen, wie viel mit ihm zu kämpfen gehabt und nicht gewusst hatten, wie sie mit einem zurückgezogenen, eigensinnigen Jugendlichen wie Colt umgehen sollten.

      Er nickte knapp, klappte die Blende hoch und stieß die Wagentür auf. Um ein Haar erwischte er einen Passanten, der auf dem Weg vom Platz zu den Parklücken gewesen war. »Oh hallo! Entschuldigung.«

      Der Mann lachte überrascht auf und hob die Hände, während er der Tür auswich. Er hatte langes, rotes Haar, das ihm um die Schultern wehte. Nur ein Teil davon war zu einem Knoten zusammengebunden, der Rest hing ungebändigt herab. Er schüttelte den Kopf. »Kein Problem.« Er sah Colt prüfend an und Colt hatte den vagen Eindruck, dass sie sich kannten.

      Bitte lass mich nicht mit ihm geschlafen haben. Aber nein, entschied Colt, diese Haare würde er überall wiedererkennen.

      »Oh, warst du nicht bei der Eröffnung? Ich bin Ezra. Ich glaube, ich erinnere mich an dich.«

      Aha, einer der Künstler. Die Stadt war wirklich klein, wenn Ezra sich nach mehr als einem Monat noch an ihn erinnerte.

      Colt entsann sich, dass er sich mit jedem der Künstler der Kooperative bekannt gemacht hatte, um herauszufinden, wer sich als nützlichster Kontakt erweisen mochte. Am Ende hatte allerdings sein Verlangen nach psychischem Kontakt gewonnen. Sein Date für den Abend und er waren verschwunden, um sich ins Lagerhaus zu schleichen.

      »Ja, war ich. Eure Arbeiten haben mich beeindruckt«, gab Colt zu. Anerkennung, wo sie angebracht war. »Wie läuft die Galerie?«

      »Oh, großartig.« Ezra war außer Atem, trug ein altes T-Shirt und Jeans. Farbkleckse bedeckten seine Arme. Er musste also ein Maler sein. »Komm mal vorbei und schau dir an, was wir Neues haben. Wir wachsen schnell.«

      »Mache ich«, versprach Colt. Wenn alles glatt lief, war es gut möglich, dass er nächstes Jahr im fertigen Gebäude ohnehin Ezras Dienste benötigte. »Wir sehen uns.«

      Ezra winkte und Colt ging auf die Bar am Rande des Platzes zu. Es war ein schöner, frischer Tag und der kurze Spaziergang über den Platz war angenehm. Der Geruch des Meers lag ihm immer noch schwer in der Nase, aber kein anderer schien sich daran zu stören. Vermutlich wie es für ihn bei Kaffee war. Die meisten Leute betraten das Quaff und atmeten tief ein, aber ihm fiel kaum etwas auf.

      Dieses Mal betrat er Cher's End Table nicht auf der Suche nach Informationen, sondern weil er sich eine Zusage erhoffte. Eine Bar war ein merkwürdiger Ort dafür, musste er zugeben, als er die Tür aufstieß.

      Es war eine kleine Kneipe und nicht zu voll, genau wie bei seinem letzten Besuch. Überall standen Tische und weiter hinten gab es zwei Billardtische. Es sah nach einem Ort aus, an dem die Alten herumhingen und die Wirtschaft diskutierten, während sie rauchten und Bier herunterkippten.

      Aber an einem Tisch in der Ecke saß Rain. Sein dunkles Haar und das dunkelblaue Hemd zogen sofort Colts Blick an.

      Gott, er sah gut aus. Das Hemd betonte den satten Farbton seiner Augen, seine Haut glühte förmlich.

      Fuck. Gut aussehen traf es nicht. Er war hinreißend? Überwältigend? Colt suchte nach einem passenden Wort und versagte. Rain musste genau gewusst haben, was er tat, als er sich für ein Outfit entschieden hatte, das seine Vorzüge unterstrich, und Colt hatte eine Schwäche für ein hübsches Gesicht.

      »Hey«, brachte er heraus, als er auf den Tisch zuging. »Soll ich dir was zu trinken besorgen?«

      Mit einem leichten Grinsen deutete Rain vor sich. Seine weißen Zähne blitzten. »Hab ich schon erledigt.«

      »Oh. Richtig.« Colt räusperte sich und nickte.


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