Unsere Zukunft auf deiner Haut. E.M. Lindsey

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versetzt. Ich wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Zum Teufel, ich weiß es immer noch nicht. Ich meine, ich bin gut in Buchhaltung, aber es ist nicht so, als würde es mir irgendetwas bedeuten.«

      »Aber Eishockey hat dir etwas bedeutet«, sagte Sage.

      Niko schnaubte. »Alter, man lässt sich nicht von einhundertdreißig Kilo purer russischer Muskelmasse durch eine frostige Arena werfen, weil man nichts Besseres zu tun hat.« Er tippte mit den Fingern an sein Glas und überlegte, ob er sich ein zweites bestellen sollte. »Ich habe eine Weile gebraucht, um überhaupt wieder etwas zu fühlen, nachdem es vorbei war. Ich, äh…« Er leckte sich die Lippen und sah sich um, obwohl es ihm eigentlich egal war, ob jemand zuhörte. »Ich habe in meinem zweiten Collegejahr einen Kochkurs besucht, weil ich versucht habe, Stress abzubauen, und es hat sich herausgestellt, dass ich wirklich gut darin bin. Und es war das erste Mal seit dem Eishockey, dass ich in etwas gut war, das mir auch etwas bedeutet hat.«

      Sage wirkte verblüfft, aber nicht unbedingt überrascht. »Willst du daraus etwas machen?«

      »Ich denke darüber nach«, sagte er und war dankbar, dass Sage ihn nicht weiter ausfragte.

      Sie bestellten sich jeder noch ein Bier, und als sie ausgetrunken hatten, ging Sage mit ihm hinaus. Abends war die Frühlingsluft immer noch kühl, doch bei Weitem nicht so kalt wie noch vor ein paar Wochen. Niko zog seinen Pullover über und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.

      »Es war mein Ernst, als ich sagte, dass wir das hier öfter tun sollten«, sagte Sage zu ihm, als sie auf ihre Mitfahrgelegenheiten warteten. »Und das mit dem Tattoo war auch mein Ernst. Ich werde dich nicht verurteilen und ich würde gern sehen, ob uns vielleicht etwas einfällt, das sich für dich richtig anfühlt.«

      Niko nickte. »Ja. Warum nicht?«

      »Ich werde auch noch einmal mit Derek über dich sprechen. Vielleicht ist da nichts zwischen euch, aber ich denke, ihr beide habt es verdient, es wenigstens zu versuchen.«

      Niko wollte Nein sagen, aber sein Bauchgefühl riet ihm, es nicht zu tun. Vielleicht würde es ihn nicht in Dereks Arme führen, aber es könnte der Beginn von etwas sein ‒ Freundschaft oder Bekanntschaft. Er wollte unbedingt etwas Tieferes empfinden, als nur zu existieren, und vielleicht waren die Brüder sein Weg dorthin.

      »Ich komme vorbei«, versprach er schließlich.

      Sages Mitfahrgelegenheit kam zuerst an. Er winkte Niko zu, bevor er einstieg und um die Ecke verschwand. Niko überprüfte den Status seines Fahrers und sah, dass er noch zehn Minuten warten musste, aber die Zeit allein fühlte sich nicht mehr so erdrückend an.

      Kapitel 6

      Es war nicht so, als würde Sam keine Zeit mit seinen Freunden verbringen wollen ‒ sie waren das Einzige, was ihn davon abhielt, völlig zusammenzubrechen, verdammt, je beschissener sich die Dinge bei Maisys Fall entwickelten ‒, aber manchmal brauchte er einfach eine Pause. Manchmal wollte er einfach nicht darüber nachdenken, was außerhalb seiner Wohnung vor sich ging.

      Sam hatte den Ausdruck auf Dereks Gesicht gesehen, als er ihm erzählt hatte, was mit Maisys Erzeuger gerade lief, und das war das Letzte, womit er sich im Moment beschäftigen wollte. Derek war wahrscheinlich einer der wenigen Menschen, denen er voll und ganz vertraute, aber Dereks Wunsch zu helfen konnte einen manchmal etwas ersticken.

      Als er auf seine Terrasse floh, um ein wenig frische Luft zu schnappen, hörte er, wie sich die Tür einen Moment später erneut öffnete und schloss, und er drehte sich um, um demjenigen, wer auch immer es war, zu sagen, dass er sich verpissen solle. Nur, dass es weder Derek noch James oder Matty waren. Es war Niko, der neue Typ, den Derek mitgebracht hatte und der eindeutig während des Abendessens mit ihm geflirtet hatte. Und Sam wäre der größte Lügner der Welt, wenn er behaupten würde, dass er Niko nicht anziehend fand. Der Typ sah unglaublich gut aus. Muskulöse Arme, die er vielen Stunden im Fitnessstudio zu verdanken hatte, in Kombination mit der viereckigen Brille, die er trug, gaben ihm den Heißer-Bibliothekar-Look, den er unwiderstehlich fand.

      Sam ertappte sich dabei, wie er sich an den Bro-Code klammerte, aber dieser Entschluss wurde durch Nikos aufmerksame und intensive Blicke auf eine harte Probe gestellt.

      »Du kannst mir ruhig sagen, dass ich mich verpissen soll«, sagte Niko und deutete mit dem Daumen über seine Schulter. »Ich habe nur… du siehst so aus, als bräuchtest du jemanden zum Reden, der nicht einer dieser Jungs ist.«

      Sam schnaubte und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht, während er sich gegen die feste Rückenlehne seines Rollstuhls sacken ließ. »Ist das so offensichtlich?«

      »Ich kann's nachvollziehen. Solche Tage hab ich auch, glaub mir. Wir müssen nicht darüber sprechen, was los ist, wenn du das nicht willst. Wir können einfach nur Müll reden.«

      Sam dachte einen Moment darüber nach, dann zuckte er mit den Schultern. »Hast du etwas Bestimmtes im Sinn?«

      Niko lächelte leicht und scharrte mit den Füßen. »Darf ich mich setzen?«

      »Tu dir keinen Zwang an. Hier draußen gibt es keine Stühle, aber du kannst dich auf den Zementboden hocken, wenn du willst.«

      Niko schien das nicht zu stören. Er streckte die Beine auf der Rampe aus und lehnte sich zurück auf seine Arme, damit er zu Sam aufschauen konnte. »Stehst du auf Sport?«

      Sams Mundwinkel zuckte und er fühlte, wie sich etwas Warmes in ihm ausbreitete. Die meisten Menschen hatten Angst, über etwas Körperliches mit ihm zu sprechen, als würde die Erinnerung daran, dass er keine der üblichen Sportarten mehr ausüben konnte, ihn wütend machen oder in eine Depression stürzen. Daher konnte er nicht anders, als zu genießen, dass Niko nicht um den heißen Brei herumredete. »Nicht besonders. Und du?«

      Niko zuckte mit einer Schultern. »Eishockey manchmal.«

      »Hast du eine Lieblingsmannschaft?«, fragte Sam.

      Niko biss sich auf die Lippe, als wollte er ein Lächeln verbergen. »Da ich hier wohne, müsste ich wohl Avalanche sagen, aber wenn ich ehrlich bin, interessieren sie mich eigentlich nicht besonders. Und, äh… ich bin in Jersey aufgewachsen, also habe ich mich immer den Devils gegenüber loyal gefühlt.«

      »Wer ist dein geheimes Lieblingsteam?«, fragte Sam mit einem winzigen Grinsen.

      Niko wirkte überrascht. »Woher zum Teufel weißt du, dass ich ein geheimes Lieblingsteam habe?«

      Sam verdrehte die Augen. »Ich bin mit Football aufgewachsen, Mann. Du warst nichts, wenn du nicht das Team deines Bundesstaats unterstützt hast. Aber ich habe auch schnell herausgefunden, dass Loyalität zu deinem Staat Schwachsinn ist und jeder ‒ und damit meine ich wirklich jeder ‒ ein Team hatte, dem er heimlich die Daumen gedrückt hat. Ich vermute mal, dass das nicht nur beim Football so ist. Also… welches ist es? Vertrau mir, dein Geheimnis ist bei mir sicher.«

      Niko lachte und schüttelte den Kopf, dabei fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht und stöhnte. Laut. »Na gut. Die Habs, weil Carey Price einfach der Hammer ist und ich wahrscheinlich mein linkes Ei hergegeben hätte, um mit ihm auf dem Eis zu stehen.«

      Sam blinzelte ein wenig überrascht, weil diese Worte klangen, als hätte es für Niko tatsächlich irgendwann die Möglichkeit gegeben. Aber etwas an seinem Tonfall sagte Sam auch, dass er nicht vollkommen ehrlich war. »Okay«, sagte er gedehnt, »und wer ist jetzt dein richtiges Geheimteam?«

      Niko lachte lauter und lehnte sich mit einem noch lauteren Stöhnen zurück. »Scheiße, du bist echt zu gut.« Er schaute zögernd zu seinen Füßen und holte tief Luft. »Wenn du es jemandem verrätst, mach ich dich kalt.«

      »Ehrenwort«, sagte Sam mit einem breiten Grinsen und legte sich die Hand aufs Herz.

      Niko leckte sich die Lippen, setzte sich auf und zog die Beine an, dabei lehnte er sich zu Sam. »Die Stars.«

      »Die sind aus Texas, richtig?«, sagte Sam, nachdem er tief in seinen Erinnerungen gekramt hatte.

      »Hm-mh, Dallas«,


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