Der neue Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman - Michaela Dornberg


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dann hat er im Krankenhaus viel Zeit, über sich und sein Leben nachzudenken. Manchmal geschehen solche Dinge, um uns Einhalt zu gebieten.«

      »Wenn es so wäre, Frau Doktor, dann hätte dieser Sturz ja sogar etwas Gutes. Doch wie ich meinen Mann kenne, wird er nicht nachdenken, sondern das Krankenhauspersonal drangsalieren.«

      »Das wird nicht geschehen«, beruhigte Roberta die aufgeregte Frau, »alle Krankenhäuser sind unterbesetzt, da hat man überhaupt keine Zeit, sich um einen einzigen Patienten zu kümmern, auch nicht, wenn er Privatpatient ist.«

      Sie konnten sich nicht weiter unterhalten, denn vom Haus aus klang eine ungeduldige Stimme: »Verflixt noch mal, Dagmar, wo steckst du?«

      Dagmar Junge rannte voraus: »Ich komme schon, und ich habe die Frau Doktor dabei.«

      Er brummelte etwas vor sich hin, was man nicht verstehen konnte, Roberta folgte Frau Junge, und wenig später stand sie vor dem Patienten, der mit einem gequälten Gesichtsausdruck auf dem Sofa lag.

      Roberta begrüßte ihn mit den Worten: »Herr Junge, was machen Sie denn für Sachen?«

      Dann begann sie ihn zu untersuchen, gründlich, und es dauerte nicht lange, da konnte sie Entwarnung geben. Er hatte sich nichts gebrochen, sondern sich starke Prellungen zugezogen. Dafür musste er nicht ins Krankenhaus, das konnte zu Hause behandelt werden.

      Die arme Frau Junge tat Roberta jetzt schon leid, die würde mit ihrem unleidlichen Ehemann einiges auszustehen haben. Für ihr Wohlbefinden wäre es besser gewesen, er hätte sich etwas gebrochen und wäre erst einmal ins Krankenhaus gekommen, doch so gemein durfte man nicht sein, und sie als Ärztin schon gar nicht.

      Sie redete Herrn Junge ins Gewissen, und da er eine ganze Menge von ihr hielt, hoffte sie, dass ihre Worte auf fruchtbaren Boden gefallen waren.

      Zumindest zeigte er Einsicht, und das war ja schon mal etwas. Und er bedankte sich ganz herzlich bei Roberta.

      Es dauerte eine Weile, ehe sie den Patienten versorgt hatte, doch das Gespräch mit ihm hatte natürlich länger gedauert, und es war eine geraume Zeit vergangen, ehe Roberta wieder in ihr Auto steigen konnte, um nach Hause zu fahren.

      Sie hatte sich ihre freien Stunden wahrlich ganz anders vorgestellt, allein schon die Fahrt nach Hohenborn wegen des Umtausches war ein Anfang für sie gewesen. Aber so war nun mal das Leben, voller Überraschungen, ihr Leben. Doch sie wollte nichts davon missen, und sie wollte nichts daran ändern. Sie war Ärztin aus Berufung und Leidenschaft, da nahm man freiwillig einiges in Kauf.

      Ob nun mit oder ohne Alma, sie würde auf jeden Fall zu den Andonis gehen. Im ›Seeblick‹ war es immer schön, und heute gab es diesen besonderen Anlass. Da wollte sie dabei sein und das Beisammensein mit ihren Freunden genießen. Sie würde öfters als sonst in den ›Seeblick‹ gehen, nahm sie sich zudem vor. Denn bald war die schöne Zeit vorbei, und wer wusste denn schon, wer den ›Seeblick‹ übernehmen würde.

      Doch darüber musste sie sich jetzt keine Gedanken machen. Noch waren Roberto und Susanne da, und wie hieß es doch so passend? Man musste an das Heute denken, denn das allein war es, was zählte, denn das Gestern war vorbei, und das Morgen würde erst noch kommen.

      Als Roberta an der Stelle vorbeikam, an der sie mit ihrem Auto den Wagen von Lars gerammt hatte, fuhr sie langsamer.

      Er hatte ihr sofort gefallen, dieser Mann mit seinen unglaublich blauen Augen, und sie hatte damals nicht für möglich gehalten, was sich daraus entwickeln würde.

      War es Schicksal?

      Das würde Nicki sofort voller Inbrunst bejahen, doch sie war nicht Nicki und wollte deswegen auch nichts hineininterpretieren. Sie war in Eile gewesen, weil sie sich verspätet hatte, und in einem Augenblick der Unachtsamkeit war es geschehen.

      Obwohl …

      Musste man eigentlich immer alles mit dem Verstand betrachten? Nickis Version war auf jeden Fall schöner. Es konnte doch sein, dass sie sich begegnen mussten, und das Schicksal ging manchmal seltsame Wege. Lars und sie …

      Sie wurde sehnsuchtsvoll, und sie war froh, als sie das Doktorhaus vor sich sah. Und an der Gartentür stand Alma, das war kein Zeichen, sie hatte gerade Sachen in die Biotonne gebracht.

      Rasch erzählte Roberta ihr die Neuigkeiten, und sie freute sich, dass Alma mit in den ›Seeblick‹ gehen würde.

      »Ach, Frau Doktor, ich kann den Tag kaum erwarten, da wir im Doktorhaus Kinder haben werden«, rief sie, weil es für die gute Alma feststand, dass Lars Magnusson und ihre Chefin bald heiraten würden, und dann kamen Kinder, das gehörte sich so. Und sie hatte ja auch schon mehr als nur einmal erlebt, wie ihre Chefin mit Kindern umging.

      Roberta stimmte mit Alma meistens überein, doch sie fand, dass Alma das jetzt nicht hatte sagen müssen, das war so unnötig gewesen wie ein Kropf.

      *

      Wenn man so lange zusammen war wie Professor Werner Auerbach und seine Frau Inge, da kannte man sich.

      Inge merkte sofort, dass Werner sich mit etwas beschäftigte. Hatte er wieder Sehnsucht nach seinem unruhigen Leben, das ihn kreuz und quer durch die ganze Welt führte, und er traute sich nicht, ihr das zu sagen?

      Der Burgfrieden war hergestellt, Werner verhielt sich großartig, er war wie ausgewechselt, und Inge genoss das ungewohnt neue Leben an seiner Seite. Und wie er sie dafür bewundert hatte, wie sie diesem Verbrecher gegenübergetreten war. Er hatte ihr sogar Blumen gekauft.

      Hatte er von der Zweisamkeit, dem Leben mit ihr und Pamela genug?

      Werner merkte, dass seine Frau ihn prüfend anblickte. Sie hatten gemeinsam gegessen, Inge hatte etwas Besonderes gekocht, etwas, was er mochte. Pamela war mit den Großeltern über Nacht verreist, weil es irgendwo eine Ausstellung gab, die sie unbedingt sehen wollten.

      Er trank etwas von seinem Rotwein, dann erkundigte er sich: »Ist etwas bei Jörg? Hast du etwas gehört?«

      Sofort war Inge alarmiert, sie war, auch wenn sie längst groß waren, wie eine Glucke, die schützend ihre Flügel über ihre Kinder ausbreitete.

      »Wieso? Wie kommst du darauf, Werner?«, wollte sie wissen, und er ärgerte, dass er überhaupt etwas gesagt hatte. Er kannte doch seine Inge. Doch jetzt musste er da durch, denn sie würde so lange weiterbohren, bis sie die Wahrheit kannte.

      »Ich wollte dich und Pamela mit einer Kurzreise nach Stockholm überraschen. Es gibt da einen besonders günstigen Flug, und da dachte ich, dass wir Jörg, Stella und die Kinder besuchen könnten.«

      Inge begann sich zu freuen, warum druckste er so herum? »Werner, das ist eine großartige Idee, aber wieso sagst du ›wollte‹?«

      Werner ließ sich Zeit mit seiner Antwort, und er wusste auch, warum. »Ich habe Jörg angerufen, schließlich können wir ja nicht einfach bei ihm so ins Haus schneien.«

      Das sah Inge ein, das würde sie auch nicht tun.

      »Und Jörg war bestimmt begeistert und hat sich riesig gefreut«, rief Inge. »Wir haben uns ja, seit sie weg sind, nicht mehr gesehen.«

      Um Zeit zu gewinnen, trank Werner etwas von seinem Wein, dann sagte er leise, und es tat ihm ja so leid, es seiner Frau sagen zu müssen: »Inge, unser Sohn hat uns mehr oder weniger ausgeladen.«

      Jetzt war es gesagt!

      Werner wartete förmlich darauf, dass Inge zusammenbrechen würde. Nichts geschah, kannte er seine Frau doch nicht so gut, wie er immer geglaubt hatte?

      »Werner, eigentlich ist es zu verstehen. So lange wohnen sie schließlich noch nicht in Stockholm, da ist alles neu, Jörg hat in der Firma zu tun, die Kinder müssen sich mit neuen Freunden beschäftigen, mit einer fremden Sprache, einem fremden Land.«

      Nachdem Werner sich von seiner Überraschung erholt hatte, sagte er: »Vielleicht hat ja Stella Probleme, sich einzuleben. Sie ist ja eher bodenständig, und wenn …«

      Inge unterbrach ihren Mann.

      »Werner,


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