Der neue Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman - Michaela Dornberg


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machst, Stella ist die, die in Stockholm schon richtig angekommen ist. Sie hat Freunde gefunden, und die trifft sie ständig, wenn die Kinder nicht daheim sind. Und das finde ich auch gut, Jörg muss beruflich erst so richtig Tritt fassen, da muss er sich wegen seiner Frau wenigstens keine Sorgen machen oder gar Schuldgefühle haben.«

      Sie lächelte ihren Mann an.

      »Um Jörg und seine Familie müssen wir uns keine Sorgen machen, er ist halt rücksichtsvoll, unser Sohn, und er würde sich für uns gern Zeit nehmen, die er nicht hat. Ach, Werner, ich finde es so schön, dass du daran gedacht hast, mit unserer Jüngsten und mir nach Stockholm zu fahren. Schon allein das macht mich glücklich. Fahren wir halt zu einem anderen Termin. Stockholm läuft uns nicht davon.«

      Der Professor war noch immer ganz geplättet, mit Inges Reaktion hätte er wirklich nicht gerechnet. Nun, vielleicht hätte sie anders reagiert, wäre sie diejenige gewesen, die mit Jörg telefoniert hätte. Auf ihn hatte sein Sohn einen merkwürdigen Eindruck gemacht, ihn schien etwas sehr zu belasten. Aber daran wollte er jetzt wirklich nicht rühren. Vielleicht war Jörg ja auch äußerst überarbeitet, oder er hatte einen schlechten Tag gehabt. Wie man da drauf war, das kannte er von sich nur zu gut.

      »Es muss ja nicht Stockholm sein«, meinte er, »wir können eine andere Kurzreise machen.«

      Inge war ganz gerührt.

      »Werner, Liebling, nach unserer Auseinandersetzung hätte ich wirklich nicht geglaubt, dass du dir tatsächlich mehr Zeit für mich und Pamela nehmen würdest. Du ziehst es durch, und du planst sogar Überraschungen. Das finde ich fabelhaft. Und sei nicht traurig, dass das mit Stockholm in die Hose gegangen ist. Und eine andere Kurzreise. Werner, mir reicht es schon, dass du da bist. Ich genieße es, mit dir Kaffee zu trinken, mal in die Oper zu gehen oder ins Theater. Wir haben bereits eine ganze Menge unternommen. Ich genieße es so sehr, nicht ständig Koffer für dich packen zu müssen.«

      »Inge, ich gebe ja zu, dass ich ein bisschen übertrieben habe. Mir bekommt es auch ganz gut, kürzerzutreten. Auch am Schreibtisch bekommt man gute Ideen, die der Wissenschaft dienlich sind, bessere sogar, weil ich mir für meine Gedanken mehr Zeit nehmen kann.«

      »Und all die Kongresse, Meetings, zu denen du unbedingt reisen musstest, Werner?«, erkundigte Inge sich.

      Werner überlegte einen Augenblick, dann entschloss er sich, ehrlich zu sein. Es saß ihm noch jetzt in den Knochen, als Inge drauf und dran gewesen war, Konsequenzen zu ziehen.

      »Für meine Arbeit ist das alles nicht notwendig, es dient wohl eher meiner Eitelkeit. Und davon kann sich niemand frei machen. Es tut gut, bewundert und hofiert zu werden und es auch sofort gesagt zu bekommen.«

      »Danke für deine Ehrlichkeit, Werner«, sagte Inge leise, »ich habe mir schon so etwas gedacht. Aber das hast du doch überhaupt nicht nötig. Du bist ein weltweit anerkannter Wissenschaftler, der Bahnbrechendes geleistet hat. Du hast Bewunderung überhaupt nicht nötig. Meist stimmt ja doch nicht, was einem gesagt wird. Nicht jeder Mensch ist aufrichtig, viele wollen dir nur schmeicheln, weil sie sich davon etwas erhoffen.«

      Er lachte.

      »Meine Inge«, rief er, »typisch, dass du so etwas herausbringst. Vergiss bitte nicht, dass jeder Mann gern bewundert wird.«

      Sie blickte ihn sehr ernst an.

      »Werner, ich werde dich niemals bewundern, aber ich werde dir immer wieder sagen, wie sehr ich dich liebe. Du bist der Mann, den ich von Anfang an wollte, du bist der Vater meiner Kinder. Werner, ich bin so froh, dass es zwischen uns wieder stimmt, dass wir einen Weg des Miteinanders gefunden haben. Es ist gut, dass wir die Notbremse gezogen haben, denn wir waren dabei, uns zu verlieren.«

      Seine Inge!

      Er konnte nicht anders, er stand auf, ging langsam auf sie zu, zog sie zu sich empor.

      »Du hast die Notbremse ge­zogen, mein Herz. Ich war töricht genug, die ganzen Notsignale zu übersehen. Wir dürfen uns nicht verlieren, du bist mein Leben. Ohne dich wäre ich überhaupt nichts, dann wäre ich ein mittelmäßiger Wissenschaftler irgendwo an einer Uni. Du hast mir den Rücken freigehalten, du hast mir alle Steine aus dem Weg geräumt, dich um die Erziehung unserer fabelhaften Kinder gekümmert. Und ich habe alles immer einfach hingenommen.«

      Er küsste sie, sehr sanft und zärtlich und voller Liebe. Seine Arme umfassten sie, warm und fest.

      Sie waren wieder das starke Team, die Auerbachs, zu zweit gegen den Rest der Welt.

      Irgendwann lösten sie sich voneinander, er blickte ihr zärtlich in die Augen und flüsterte: »Ich liebe dich, du glaubst ja überhaupt nicht, wie sehr ich dich liebe. Ich hatte es vorübergehend leider ein wenig vergessen. Kannst du mir das verzeihen?«

      Sie konnte es. In jeder Ehe gab es Krisen, in denen man richtungslos herumschlingerte. Entscheidend war doch, dass man das Floß seines Lebens beizeiten wieder auf Kurs brachte und in ruhige Gewässer steuerte.

      Ihr Werner war schon ein toller Mann, und Inge war unglaublich stolz auf ihn, doch das musste sie ihm jetzt wirklich nicht sagen. Manche Dinge musste man einfach für sich behalten.

      Sie setzten sich wieder, und Werner vermied es, das Thema Jörg erneut anzuschneiden, und damit auch Inge es nicht tat, brachte er das Gespräch auf Hannes, ihren Jüngsten. Für Werner war es schwer zu verstehen, dass Hannes einfach keine Ambitionen zeigte, endlich mit einem Studium zu beginnen. Dass er so weit gegangen war, das Stipendium an der Columbia Universität in New York nicht in Anspruch zu nehmen, das würde ewig an seinem Vater, dem Professor nagen.

      »Inge, wenn Australien nicht am anderen Ende der Welt wäre, dann würde ich mit dir sofort dorthin fliegen. Vielleicht könntest du unseren Hannes dort zur Räson bringen, dort kann er uns nicht ausweichen, muss uns Rede und Antwort stehen. Hier gibt er uns keine Gelegenheit, hier macht er Stippvisiten, und wenn wir so richtig mit ihm reden wollen, dann geht er. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er durchaus ein paar Tage dranhängen könnte, er hat nur Angst vor der Konfrontation.«

      Inge wusste, wie sehr es Werner schmerzte, dass Hannes nicht studierte, sie hätte es ja auch gern gesehen, aber man konnte schließlich nichts erzwingen.

      »Werner, Hannes geht seinen Weg, da müssen wir uns überhaupt keine Sorgen machen. Und wenn es ein Weg ist, der uns nicht gefällt, dann müssen wir uns damit abfinden. Hannes ist klug, der weiß, was er tut.«

      Werner hätte jetzt gedacht, dass seine Frau sich wie immer, wenn es um Hannes ging, auf seine Seite schlagen würde. Ihre Antwort enttäuschte den Professor.

      »Inge, ich bitte dich, was ist das denn für ein Weg. Er ist unter seiner Würde. Ich hätte mir, weiß Gott, für meinen Sohn etwas anderes vorgestellt als zu tauchen und zu surfen und sich mit einem Surfbrett fotografieren zu lassen. Dafür hätte er kein solches Abitur hinlegen müssen. Was er jetzt in Australien so treibt, das ist in meinen Augen Perlen vor die Säue geworfen. Ein Abi mit Eins-Komma-Null, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.«

      Er kam einfach nicht darüber hinweg, doch Inge konnte das so nicht stehen lassen, ganz gleichgültig, was ihre Wünsche gewesen waren, sie musste die Tatsachen geraderücken.

      »Werner, ja, es ist toll, dass unser Hannes ein solches Abi gemacht hat, aber damit steht er nicht allein auf der Welt. Es gibt viele junge Menschen, die einen solchen Notdendurchschnitt haben. Wir sind nur hin und weg, weil Hannes, der anfangs durchaus nicht den Eindruck eines besonderen Schülers machte, das beste Abitur von unseren Kindern gemacht hat. Und was das Surfen und das Tauchen und die Fotografien betrifft, Werner, da bist du einfach ungerecht. Hannes ist Mitbesitzer einer Surf- und Tauchschule, die sehr angesagt ist, mit den Fotos in angesagten Fachzeitschriften verdient er nicht nur viel Geld, sondern er ist auch an der Entwicklung des Nachfolgebrettes von ›Sundance‹ mit beteiligt, und das wird entsprechend honoriert. Und sie bauen jetzt ein Therapiezentrum für Sportverletzungen.«

      »Ja, und sein Kumpel lässt sich als Therapeut ausbilden, warum nicht Hannes?«, begehrte er auf.

      Werner konnte manchmal so stur sein und wollte unbedingt recht behalten.

      »Das


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