Handbuch Fahrrad und E-Bike. Michael Link W.
der Reisefahrräder gibt es eine Besonderheit: Sehr verbreitet sind 26-Zoll-Räder. Sie haben kürzere Speichen als die 28-Zoll-Räder und sind daher stabiler, Speichenbrüche seltener. Die Ersatzteillage, auch bei den Reifen, ist zudem weltweit gut. Die kleineren Räder bieten den oft schwer beladenen Reiserädern zudem den Vorteil, dass sie agiler sind, das Fahrrad sich also etwas leichter dirigieren lässt als mit größeren Laufrädern. Zu den 26-Zoll-Rädern passen auch gut breite Reifen ab 50 Millimeter – die an größeren Rädern schon sehr wuchtig aussehen.
Am Reiserad sehr verbreitet: 26-Zoll-Räder
Eine etwas neuere Entwicklung stellen 27,5-Zoll-Räder dar. Der Trend stammt von den Mountainbikes. Die Größe soll die Wendigkeit des kleineren Formats mit der Spurstabilität der 28-Zoll-Räder verbinden. Der Markt hält zudem ein breites Angebot an sehr leichten und dennoch stabilen Felgen sowie den passenden Reifen in diesem Format bereit. Somit kann etwas Gewicht gespart werden. Viele dieser 27,5-Zoll-Felgen sind auf schlauchlose Reifen ausgelegt. Sie gelten als pannensicherer als solche mit Schlauch – auch ein Vorteil auf einer Reise.
Reiseräder haben in der Regel breitere Reifen, angefangen bei einem Minimum von 37 Millimetern und bei 26-Zoll-Reifen bis an die 50 oder 60 Millimeter heranreichend. Für diese Reifenbreiten müssen die Gabel und der Hinterbau des Fahrrads breit genug sein. Mit breiteren Reifen kann man den Luftdruck um etwa ein Atü absenken, wodurch die Traktion auf schlechtem Terrain besser wird, auch der Komfort erhöht sich damit leicht. In diesem Zusammenhang ist es ratsam, die passende Kombination aus Maulweite der Felge und Reifenbreite zu beachten – nicht jeder breite Reifen passt auf jede Felge (siehe Kapitel 4 „Laufräder, Felgen, Speichen, Naben“, ab Seite 108).
Die Reifen an Reiserädern sind zudem stark profiliert und gegen Pannen geschützt. Dafür haben die Hersteller in den vergangenen Jahren ziemlich wirksame Gummimischungen entwickelt, die mit harten Kunststoffeinlagen versehen werden und Durchstiche abhalten können.
Scheibenbremsen haben an Reiserädern die Felgenbremsen fast vollständig verdrängt. Nur wenige Hersteller, zum Beispiel Koga oder Poison, bieten noch Modelle mit Felgenbremsen an. Poison montiert immerhin die sehr effektiven Magura-Felgenbremsen. Die Dominanz der Scheibenbremsen liegt darin begründet, dass sie bei Nässe grundsätzlich eine bessere Wirkung haben. Zudem sind Reiseräder schwerer, Scheibenbremsen diesen höheren Anforderungen besser gewachsen. Dem größeren Gewicht tragen die Hersteller auch dadurch Rechnung, dass die Bremsscheiben mindestens einen Durchmesser von 180 Millimetern haben – an konventionellen Rädern beträgt er 160 Millimeter. Idworx verbaut an seinen Reiserädern auf Wunsch gar Scheiben mit 203 Millimetern Durchmesser. Sie dürften auch steilsten Abfahrten mit noch so viel Gepäck ihren Schrecken nehmen.
Auch an Reiserädern oft verbaut: Scheibenbremsen
Große Wirkung: hydraulische Felgenbremse
Felgenbremsen bewirken zudem im Lauf der Zeit einen Verschleiß an den Bremsflächen der Laufräder, was zu Stabilitätsproblemen bis hin zum Bruch eines Laufrades führen kann. Dieses Problem verursachen Scheibenbremsen nicht. Scheibenbremsen an Reiserädern können mechanisch oder hydraulisch mit Öldruck betätigt werden. An der Frage, was sich an einem Reiserad besser eignet, scheiden sich die Geister. Hydraulische Bremsen wirken einen Tick vorteilhafter, da man etwas weniger Handkraft benötigt. Andererseits ist bei Ausfall des Systems die Reparatur aufwendiger – wer nimmt schon ein Entlüftungsset mit Ersatzbremsflüssigkeit mit ins Gebiet um den Himalaya? Da ist der Seilzug einer mechanischen Scheibenbremse leichter ersetzt.
Hydraulische Felgenbremsen erfordern auf sie abgestimmte Bremshebel
Die Randonneure sind die sportlichen Fahrräder unter den Reiserädern. Sie sind der Form nach einem Rennrad sehr ähnlich, die Rahmen hingegen langstreckentauglicher ausgelegt: Ein kürzeres Oberrohr und ein längeres Steuerrohr sorgen dafür, dass man nicht so gestreckt und nach vorn gebeugt sitzt wie auf einem Rennrad, sondern relativ aufrecht. Der Gepäckträger ist angeschweißt und mit bis zu 40 Kilogramm belastbar. Die Laufräder sind meist 28 Zoll groß, Reiserad-Spezialisten wie Velotraum bieten auch 26-Zoll-Räder an. Sie haben Schutzbleche und Lichtanlagen.
An manchen Rädern findet man pfiffige Details wie etwa einen Anschlagstop für die Gabel: Damit sie sich beim Abstellen des Fahrrads nicht so weit verdreht, dass vielleicht ein Schalt- oder Bremszug aus der Halterung gerissen wird, gibt es am Steuerrohr kleine Anschlagpunkte, die genau das verhindern. Zur Verbesserung der Stabilität eines voll beladenen abgestellten Fahrrads findet man an der Gabel oder dem Lowrider von Reiserädern häufig einen kleinen Seitenständer für das Vorderrad.
Klassisches Reiserad von Kona
Kettenschaltungen sind passend zum Rennrad-Flair dieser Modelle die erste Wahl – wenngleich es auch Nabenschaltungen mit Riemenantrieb an Randonneuren gibt, die allerdings etwas schwerer sind.
Randonneur oder Reiserad: der „Vättern“ von Norwid
Diese Reiseräder ähneln in ihrer Form am ehesten den Trekkingrädern und sind mit Diamant- oder Trapezrahmen erhältlich. Sie haben gerade oder leicht gekröpfte Lenker, oftmals mit Lenkerhörnchen, und eine Rahmengeometrie, die etwas weniger sportlich ist als die der Randonneure. Die Rahmen sind sehr stabil, die Gabeln auf breitere Reifen jenseits der 50 Millimeter ausgelegt. Auch hier sind die Gepäckträger angeschweißt, Schutzbleche aus Blech und stabil befestigt. Im Vorderrad dreht sich ein Nabendynamo, wo meist auch schon Lowrider für Packtaschen angebracht sind.
Ein auch für Reisen geeignetes Trekkingbike
An Schaltungen kommen alle Möglichkeiten in Betracht: von Kettenüber Nabenschaltungen mit Rohloff-Getriebe und Gates-Riemenantrieb bis hin zum edlen Pinion-Getriebe, das im Tretlager sitzt. Für flaches Gelände reicht die Nexus-Nabe von Shimano mit acht Gängen völlig aus, wenn es steiler werden soll, sind die Elf-Gang-Nabe Alfine oder eine Rohloff-Nabe eine gute Wahl. Die meisten Reiseradler setzen auf Nabenschaltungen, weil sie keine Wartung benötigen. Und ein Riemenantrieb zum Hinterrad spart das Putzen und Ölen einer Kette.
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