DAS EXPERIMENT (ein Whitney Steel Roman). Kim Cresswell

DAS EXPERIMENT (ein Whitney Steel Roman) - Kim Cresswell


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geräumigen Schlafzimmer des Lofts knipste Whitney die Lampe an und plumpste in Bauchlage auf ihr ungemachtes Bett. Um neun Uhr morgens waren jegliche physischen Überbleibsel der Nacht längst verschwunden. Das Polizeiteam hatte seine Arbeit erledigt, Blake war gegangen, doch mentale Bilder schlugen ihr ins Gesicht. Sie hatte letzte Nacht überlebt, doch beim nächsten Mal stünde das Glück vielleicht nicht auf ihrer Seite. Und das nächste Mal würde schon bald kommen. Zu bald. Nathan würde dafür sorgen.

      Sie hatte sich während des Angriffs gut verhalten. War ruhig geblieben. Hatte auf den Moment gewartet, ab dem es kein Zurück mehr gab. Niemand würde wissen, dass sie tief im Inneren bis auf die Knochen verängstigt gewesen war. Sie rollte sich auf den Rücken und starrte an die hohe Decke.

      Blakes unvorhergesehener Eingriff in ihr Leben hinterließ einen bitteren Nachgeschmack in ihrem Mund. Was hatte er vor? Er verhielt sich, als würde er sie mögen. Konnte das sein? Der kleine elektrische Schlag, den sie vorhin zwischen ihnen gespürt hatte, kribbelte noch immer auf ihrer Haut. Wie er ihr ein aufreizendes Lächeln zugeworfen hatte, als er sie bat, ihm zu vertrauen. Die letzte Person, der sie vertraut hatte, war Mason gewesen, und es war ja offensichtlich, wohin sie das geführt hatte. Zu Herzschmerz, einer Scheidung und mitten rein in ein Riesenchaos.

      Sie knipste die Lampe aus, lief ans Fenster und schob die Metalljalousie gerade weit genug zur Seite, um nach draußen spähen zu können.

      Blakes Auto stand am Ende der Einfahrt geparkt. Sie wusste nicht, ob sie sich sicher fühlen sollte oder nicht.

      Kapitel 7

      Blake öffnete erst ein Auge und kniff dann beide zusammen, während die Sonne den Horizont berührte und sich über den Morgenhimmel ausbreitete. Er streckte sich und schlug dabei beide Knie am unteren Rand des Lenkrads an.

      »Scheiße.«

      Er hatte den begrenzten Raum seines Schlafquartiers vergessen. Was für eine Auswahl hatte er schon gehabt, wenn wegen der Feierlichkeiten des vierten Julis sämtliche Motels in Florence ausgebucht waren? Da waren entweder das Auto oder der Strand gewesen. Er hatte sich ganz einfach für das Auto entschieden, da er so eine bessere Sicht auf das Haus haben würde, für den Fall, dass Whitney Besuch von einem weiteren Eindringling bekommen sollte.

      Er rieb sich die Knie und wünschte sich jetzt, dass er stattdessen einen Minivan gemietet hätte. Das verdammte Ding wäre gemütlicher gewesen als dieser beengte Raum.

      Oh, wie er jetzt einen Kaffee vertragen könnte. Sein Mund und seine Lippen fühlten sich an wie zerknülltes Schmirgelpapier. Er fuhr mit einer Hand durch sein Haar, stieg aus und atmete die salzige Luft ein. Das blaue Wasser des Ozeans rann über den Sand. Kreisende Seemöwen kreischten, während sie darauf warteten, dass ihr Frühstück an Land kroch. Wenn Whitney noch nicht wach war, würde sie es bald sein.

      Aus dem Augenwinkel bemerkte er ein Fahrzeug in der Ferne. Blake schlüpfte hinter einen großen, stacheligen Busch und wartete. Nathan könnte so früh noch niemanden geschickt haben. Oder doch?

      Der Fahrer parkte die goldfarbene, viertürige Limousine vor der Garage neben Whitneys Geländewagen. Ein schlanker Mann in einer schwarzen Hose, einem braunen, kurzärmeligen Hemd und einem Florida-Marlins-Basecap stieg aus dem Auto aus. Er sah nicht aus, als würde er eine Bedrohung darstellen. Ein Freund? Vielleicht ihr fester Freund? Blake hoffte nicht. Was zur Hölle dachte er sich da?

      Der Mann klingelte und spähte dann durch das Fenster links neben dem Eingang.

      Blake wartete und beobachtete weiter.

      Als der Mann einen Blick hinter sich warf und seine Hand auf den Türknauf legte, standen Blake sämtliche Nackenhaare zu Berge. Er stürmte hinter dem Busch hervor wie ein Star-Linebacker und manövrierte ihn zu Boden. Der arme Kerl wusste nicht, wie ihm geschah.

      Die Haustür öffnete sich.

      »Was machst du da?«, fragte Whitney.

      Blake sah auf. Mit den Händen auf den Hüften stand sie in einem langen, weißen Bademantel da, ihr Haar war feucht. Das Sonnenlicht verlieh ihrem Gesicht ein engelsgleiches, verführerisches Strahlen.

      »Gehen Sie verdammt noch mal runter von mir, Sie verrückter Scheißkerl«, keuchte der Mann, der unter ihm feststeckte.

      »George? Bist du das? Was in Gottes Namen geht hier vor sich?«

      »Du kennst ihn?« Blake rollte sich von dem Mann herunter und schnappte nach Luft.

      »Ja. Das ist Georges Raines, mein Chefredakteur und verdammt guter Freund.« Whitney zog den Gürtel ihres Bademantels fester.

      Er kam sich ziemlich dumm vor. Blake half George auf die Beine und reichte ihm sein Basecap. »Ich dachte, Sie würden versuchen, in das Haus einzusteigen. Tut mir leid.«

      George schnappte das Cap aus Blakes Hand und setzte es wieder auf.

      Whitney trat vor die Tür. Der Wind wehte ihren Bademantel gerade weit genug auf, um Blake einen flüchtigen Blick auf ihren schimmernden Oberschenkel zu gewähren. Ihr Blick traf seinen und sie zog ihren Bademantel zu.

      »George, du solltest doch in Florida sein?«

      »Ich hab mir Sorgen um dich gemacht.« George musterte Blake von oben bis unten. »Aber es sieht so aus, als hättest du mit He-Man hier alles unter Kontrolle.«

      Whitney lächelte George an. »Das ist Blake Neely. Er ist wie ein Hund, der nicht weiß, wann Schluss ist.«

      Blake lächelte grimmig und klopfte weiter Sand von seiner Hose. »Ich dachte, nach letzter Nacht …«

      George riss die Augen auf. »Was ist denn letzte Nacht passiert?«

      Whitney schüttelte den Kopf. »Nichts, George. Nichts. Wenn ihr zwei jetzt genug gespielt habt, wie wär’s mit Kaffee?«

      Blake meldete sich zu Wort. »Ich hätte liebend gern welchen.«

      Interessant. Nun, da Whitneys Redakteur mit im Spiel war, würde er vielleicht erfahren, wo das Band war.

      ***

      Während George das Strandhaus erkundete wie ein Kind im Sommerurlaub, drehte Whitney sich zu Blake um.

      Ihre Blicke kreuzten sich. »Was hast du dir dabei gedacht, George einfach so anzugreifen?«

      Blake grinste sie flüchtig an. »Sorry, der Kerl hat sich merkwürdig aufgeführt. Durchs Fenster gespäht, Türknäufe ausprobiert. Wegen solchen Zeugs könnte er im Knast landen.«

      Noch immer genervt, hob sie ihr Kinn und kniff die Augen zusammen. »Was ist mit dir? Sitzt die ganze Nacht draußen im Auto, beobachtest das Haus. Deswegen könntest du im Knast landen. Allmählich fange ich an zu denken, du stalkst mich.«

      Während sie sprach, kam er langsam auf sie zu, trat näher, bis sie sich direkt gegenüberstanden, ihr Rücken an die Wand gedrückt. Für einen Moment stockte ihr der Atem. Seine Finger zeichneten ihre Wange nach, stoppten an ihrem Kiefer, verharrten dann am Kragen ihres Bademantels. »Wieso sollte ich dich stalken? Deine Einfahrt war eben dort.«

      Die Tiefe seiner Stimme ließ ihren Puls rasen. Noch nie hatte sie eine solche leidenschaftliche, körperliche Anziehung gespürt. Wieso erlaubte sie ihm, ihr das anzutun? Der Mann war genauso ihr Feind wie sein Boss.

      Sie holte Luft. »Na gut, dann stalkst du mich eben nicht, aber wenn du denkst, ich bräuchte jemanden, der mich beschützt, irrst du dich.«

      »Hey, das bestreite ich gar nicht. Ich habe aus erster Hand gesehen, was du draufhast. Ich habe im Auto geschlafen, weil alle Motels in der Stadt ausgebucht waren.« Blake trat zurück und musterte sie für eine gefühlte Ewigkeit von oben bis unten.

      »Du erwartest, dass ich glaube …«

      »Es stimmt. Nirgends ein Zimmer frei.« George war wieder von seiner Ein-Mann-Tour aufgetaucht und wischte mit dem Handrücken über seine Stirn. »Schätze, ich schlafe


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